Katharina von Medici (German Edition)
dem Renéschen benachbarten Hauses zu gelangen, das der König vorgeblich zu inspizieren gedachte. Von seinen Gefährten begleitet, hub er an über die Dächer zu jagen, zum größten Entsetzen einiger durch diese falschen Diebe aufgeweckter Bürger, die ihnen etliche saftige Schimpfnamen an den Kopf warfen. Sie behorchten die Streitigkeiten und Vergnügungen jedweden Haushaltes oder begingen einige Einbrüche. Als die Italiener sahen, wie Tavannes und der König den Dächern des dem Renéschen benachbarten Hauses zustrebten, setzte sich der Marschall von Retz, sich für ermüdet ausgebend, nieder und sein Bruder blieb bei ihm.
Desto besser, dachte der König, der seine Spione gern zurückließ.
Tavannes machte sich über die beiden Florentiner lustig, die im tiefsten Schweigen allein blieben, und zwar an einem Orte, wo sie nur den Himmel über sich und Katzen als Zuhörer hatten. Auch benutzten die beiden Italiener diesen Umstand, sich ihre Gedanken mitzuteilen, die Ihnen die Ereignisse des Abends eingegeben hatten und denen sie an keinem anderen Orte der Welt würden Ausdruck verliehen haben.
»Albert,« sagte der Großmeister zum Marschall, »der König wird obsiegen über die Königin; schlechte Geschäfte machen wir für unser Glück, wenn wir uns noch länger an das Katharinas hängen. Falls wir zum Könige in dem Augenblicke übergehen, wo er Stützen wider seine Mutter und geschickte Männer, ihm zu dienen, sucht, werden wir nicht wie räudige Hunde verjagt werden, wenn die Königin-Mutter verbannt, eingesperrt oder getötet wird.«
»Mit solchen Ideen wirst du nicht weit kommen, Karl«, antwortete der Marschall dem Großmeister ernst. »Du wirst deinem Könige ins Grab folgen, und er hat nicht lange mehr zu leben, er hat sich durch seine Ausschweifungen ruiniert. Kosmus Ruggieri hat seinen Tod für's nächste Jahr vorausgesagt.«
»Der sterbende Keiler hat nur zu oft den Jäger getötet«, erklärte Karl von Gondi. »Jene Verschwörung des Herzogs von Alençon, des Königs von Navarra und des Prinzen von Condé, für die sich Mole und Coconnas ins Zeug legen, ist mehr gefährlich als nutzbringend. Erstens hat der König von Navarra, den die Königin-Mutter auf frischer Tat ertappen zu können hoffte, ihr mißtraut und hat sich nicht darauf eingelassen. Dann haben heute alle den Gedanken, die Krone dem Herzog von Alençon, der Calvinist wird, aufs Haupt zu setzen.«
»Budelone! Siehst du denn nicht, daß diese Verschwörung unserer Königin zu erfahren erlaubt, was die Hugenotten mit dem Herzoge von Alençon anzufangen gedenken und was der König mit den Hugenotten tun will? Denn der König schachert mit ihnen. Um ihn ein hölzernes Pferd reiten zu lassen, wird Katharina ihm aber morgen diese Verschwörung aufdecken, die seine Pläne neutralisieren muß.«
»Ach,« erklärte Karl von Gondi, »dadurch, daß sie unsere Pläne benutzte, ist sie stärker geworden als wir. Das ist gut.«
»Gut für den Herzog von Anjou, der lieber König von Frankreich als Polenkönig sein will und dem ich alles auseinandersetzen werde.«
»Du reisest, Albert?«
»Morgen. Hatte ich nicht den Auftrag, den König von Polen zu begleiten? Ich werd' ihn in Venedig einholen, wo Seine Herrlichkeit sich zu amüsieren belieben.«
»Du bist die Vorsicht selber.«
»Che bestia! Ich schwöre dir, nicht die geringste Gefahr besteht für uns, wenn wir hier am Hofe bleiben. Würd' ich fortgehen, wenn eine bestünde?
Verharren würde ich bei unserer guten Herrin.«
»Schön,« sagte der Großmeister; »sie ist aber imstande ihre Instrumente fortzuwerfen, wenn sie sie stumpf findet ...«
»O coglione! Willst ein Soldat sein und fürchtest dich vorm Tode? Jedes Metier hat seine Pflichten, und wir haben unsere dem Glück gegenüber. Wenn wir uns an die Könige heften, die der Quell jedweder zeitlichen Macht sind und unsere Häuser schützen, erhöhen und bereichern, muß man ihnen die Liebe weihen, welche des Märtyrers Herz für den Himmel entflammt. Man muß für ihre Sache zu leiden wissen. Wenn sie uns ihrem Throne aufopfern, können wir umkommen, denn wir sterben ebensowohl für uns selber als auch für sie; unsere Familien aber verderben nicht. Ecco!«
»Du hast recht, Albert, man hat dir das alte Herzogtum Retz verliehen.«
»Hör zu«, fuhr der Herzog von Retz fort. »Die Königin-Mutter verspricht sich viel von Ruggieris Geschicklichkeit, um sich mit ihrem Sohne wieder auszusöhnen. Als unser Schelm nicht mehr bei René
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