Katharina von Medici (German Edition)
nicht, mit welchen Schwierigkeiten die später Ministerien gewordenen Staatssekretariate bei ihrer Einrichtung zu kämpfen hatten und welche Mühen es den Königen von Frankreich machte, sie zu schaffen. Zu jener Epoche war ein Staatssekretär wie Robertet einfach und ganz simpel ein Schreiber und ward kaum mit zu den Prinzen und Großen gerechnet, welche die Staatsgeschäfte entschieden. Es gab damals noch keine anderen ministeriellen Funktionen als die des Oberintendanten der Finanzen, des Kanzlers und des Großsiegelbewahrers.
Einen Platz in ihrem Staatsrat räumten die Könige durch Bestallungsschreiben denen ihrer Untertanen ein, deren Ansichten ihnen für die Leitung der öffentlichen Angelegenheiten nützlich erschienen. Zutritt zum Staatsrat gab man einem Präsidenten der Parlamentskammer, einem Bischof, einem titellosen Höfling. War der Untertan einmal zum Staatsrate zugelassen, so befestigte er seine Stellung dort, indem er sich mit Chargen der Krone bekleiden ließ, denen Befugnisse zugestanden wurden. Da gab es Statthalterschaften, den Degen des Kronfeldherrn, das Großmeistertum der Artillerie, den Marschallstab, den Generaloberstenposten eines Militärkorps, die Großadmiralschaft, das Generalkapitanat der Galeeren oder häufig auch eine Hofcharge wie die des Großmeisters des königlichen Hauses, welche damals der Herzog von Guise innehatte.
»Glaubt Ihr, der Herzog von Nemours heiratet Françoise?« fragte Frau von Guise des Herzogs von Orleans Lehrer.
»Ach, Madame,« antwortete der, »ich verstehe mich nur aufs Lateinische.«
Diese Antwort brachte alle zum Lachen, die in Hörweite standen.
In diesem Momente war die Verführung der Françoise von Rohan durch den Herzog von Nemours Gegenstand aller Unterhaltungen. Da der Herzog von Nemours aber Franz des Zweiten Vater und durch seine Mutter in doppelter Weise mit dem Hause Valois verknüpft war, betrachteten ihn die Guisen mehr als verführt denn als Verführer. Nichtsdestoweniger war der Einfluß des Hauses Rohan ein derartiger, daß nach Franz des Zweiten Regierung der Herzog von Nemours gezwungen wurde, Frankreich auf Grund des Prozesses zu verlassen, den die Rohans wider ihn anstrengten und der nur auf Einfluß der Guisen hin mit einem Vergleiche endigte. Seine Heirat mit der Herzogin von Guise nach Poltrots Mordtat vermag die Frage zu erklären, welche die Herzogin, an Amyot richtete, indem sie die Nebenbuhlerschaft enthüllte, welche zwischen Fräulein von Rohan und der Herzogin bestehen mußte.
»Aber schaut doch ein bißchen auf die Gruppe der Unzufriedenen da unten«, sagte der Graf von Grammont, indem er auf die Herren von Coligny, den Kardinal von Châtillon, Danville, Thoré, Moret und mehrere andere Edelleute wies, die verdächtigt wurden, mit der Reformation zu schaffen haben. Alle standen sie zwischen zwei Fenstern der anderen Kaminseite.
»Die Hugenotten rühren sich«, sagte Cypierre. »Wir wissen, daß Theodor von Beza in Nérac ist, um bei der Königin von Navarra durchzusetzen, daß sie sich für die Reformierten erklärt, indem sie öffentlich abschwört«, fügte er hinzu, den Bailli von Orleans dabei anschauend, der obendrein auch Kanzler der Königin von Navarra war und den Hof bespähte.
»Sie wird es tun!« antwortete der Bailli von Orleans trocken.
Diese Persönlichkeit, der orleanesische Jacques Cocur, das heißt ein großer Finanzmann, einer der reichsten Bürgerlichen dieser Zeit, hieß Groslot und besorgte Johanna d'Albrets Angelegenheiten am französischen Hofe.
»Glaubt Ihr es?« fragte der Kanzler von Frankreich den Kanzler von Navarra, indem er die Tragweite der Groslotschen Versicherung abwog.
»Wisset Ihr denn nicht,« entgegnete der reiche Orleanese, »daß die Königin von der Frau nur die Merkmale des Geschlechts besitzt? Voll beschäftigt ist sie mit männlichen Dingen, für große Angelegenheiten besitzt sie den weitschauenden Geist und großen Gegnerschaften gegenüber das unbesiegliche Herz.«
»Herr Kardinal«, sagte der Kanzler Olivier zu Herrn von Tournon, welcher Groslot zugehört hatte, »was deucht Euch von solchem Mute?«
»Gut tat die Königin von Navarra daran, einen Mann zu ihrem Kanzler auszuersehen, bei dem das Haus Lothringen Anleihen machen kann, und der dem König seine Wohnung anbietet, wenn von einer Reise nach Orleans die Rede ist«, antwortete der Kardinal.
Kanzler und Kardinal schauten sich daraufhin an, ohne es zu wagen, sich ihre Gedanken mitzuteilen; Robertet aber
Weitere Kostenlose Bücher