Katharina von Medici (German Edition)
verlieh ihnen Ausdruck, da er es für nötig hielt, sich den Guisen ergebener zu zeigen als diese großen Persönlichkeiten, zumal er ja tiefer stand als sie.
»Ein großes Unglück ist es, daß das Haus Navarra, anstatt dem Glauben seiner Väter abzuschwören, nicht den Geiste der Rache und des Aufruhrs abschwört, den ihm der Kronfeldherr von Bourbon einflößte. Die Reibereien der Armagnacs und Burgunder werden wir wieder aufleben sehen.«
»Nein,« sagte Groslot, »denn in dem Kardinal von Lothringen steckt etwas vom Geiste Ludwigs des Elften.«
»Und auch in der Königin Katharina«, antwortete Robertet
In diesem Momente durchquerte Madame Dayelle, die Lieblingskammerfrau der Königin Maria Stuart, den Saal und ging nach der Königin Zimmer. Das Kommen der Kammerfrau verursachte einige Bewegung.
»Wir werden bald hineingehen«, sagte Frau von Fiesco.
»Ich glaube es nicht«, antwortete Frau von Guise; »Ihre Majestäten werden ausgehen, denn man beabsichtigt einen großen Staatsrat abzuhalten.«
Die Dayelle glitt in das königliche Zimmer, nachdem sie an der Türe gekratzt hatte. Das war eine von Katharina von Medici erfundene Form des Respektes, die am Hofe von Frankreich zur Anwendung kam.
»Was für Wetter haben wir, meine liebe Dayelle?« fragte die Königin Maria, ihr weißes und frisches Gesicht außerhalb des Bettes zeigend, indem sie die Vorhänge teilte.
»Ach, Madame...«
»Was hast du, meine Dayelle? man möchte meinen, dir folgten die Häscher auf den Fersen.«
»Oh, Madame, schläft der König noch?«
»Ja.«
»Wir werden das Schloß verlassen, und der Herr Kardinal hat mich gebeten, es Euch zu sagen, damit Ihr den König dahinbringt, daß er seine Einwilligung dazu gibt.«
»Weißt du, warum, meine gute Dayelle?«
»Die Reformierten wollen Euch entführen.« »Ach, will mir diese neue Religion denn keine Ruhe lassen? Heute nacht hab ich geträumt, ich säße im Gefängnis, ich, die ich die Kronen der drei schönsten Königreiche der Welt vereinigen soll.«
»Es ist ja auch nur ein Traum, Madame.«
»Entführen?... das wäre ja recht hübsch; doch wenn es der Religion wegen und von Ketzern geschieht, ist es etwas Gräßliches.«
Die Königin sprang aus dem Bette und setzte sich in einen großen, mit rotem Sammet bezogenen Sessel vor den Kamin, nachdem Dayelle ihr einen schwarzsamtenen Schlafrock gereicht hatte, den sie mit einer Seidenschnur in der Taille leicht zusammenraffte. Dayelle zündete das Feuer an, denn Maimorgen an der Loire Ufer sind ziemlich frisch.
»Meine Oheime haben diese Nachrichten also während der Nacht erhalten?« fragte die Königin Dayelle, mit der sie sehr vertraulich umsprang.
»Seit heute früh promenieren die Herren von Guise auf der Terrasse, um von niemandem gehört zu werden, und haben dort Boten empfangen, die in aller Hast aus verschiedenen Gegenden des Königreiches, wo die Reformierten sich rühren, herbeigeeilt sind. Die Frau Königin-Mutter war auch dort mit ihren italienischen Herren und hoffte, um Rat gefragt zu werden, hat aber an dieser kleinen Beratung nicht teilgenommen.«
»Sie muß wütend sein.«
»Um so mehr, als sie noch Zorn von gestern herunterzuschlucken hatte«, antwortete Dayelle. »Sie sei, heißt es, nicht froh gewesen, als sie Eure Majestät in Ihrer Robe aus gezwirntem Gold mit dem hübschen lohfarbenen Kreppschleier erscheinen sah...« »Laß uns allein, meine gute Dayelle; der König wacht auf. Niemand belästige uns, selbst die kleinen Entrées fallen fort. Es handelt sich um Staatsgeschäfte, und meine Ohme werden uns nicht stören.«
»Nun, meine liebe Marie, hast du das Bett denn schon verlassen? Ist es heller Tag?« sagte der erwachende junge König.
»Während wir schlafen, mein liebes Herz, wachen die Bösen und wollen uns zwingen diese schöne Besitzung zu verlassen.«
»Was redest du da von bösen Leuten, mein Liebchen? Haben wir gestern abend nicht das hübscheste Fest von der Welt gehabt. Waren das nicht lateinische Worte, die jene Herren in unser liebes Französisch umgegossen haben?«
»Ach,« sagte Maria, »diese Sprache ist sehr geschmackvoll, und Rabelais hat sie bereits in helles Licht gesetzt.«
»Du bist eine Gelehrte, und ich bin recht ärgerlich, dich nicht in Versen feiern zu können; wenn ich nicht König wäre, würde ich meinem Bruder Meister Amyot wieder wegnehmen; der macht ihn so gelehrt...«
»Beneidet Euren Bruder doch um nichts; der macht Gedichte, zeigt sie mir und bittet mich, ihm
Weitere Kostenlose Bücher