Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katharina von Medici (German Edition)

Katharina von Medici (German Edition)

Titel: Katharina von Medici (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
Vom Netzwerk:
Hof voller Ordonnanzhauptmänner und Edelleute, die in Gruppen plauderten und deren prächtige Anzüge diesen Ort belebten, welchen die über seine noch neue Fassade verstreuten Wunder der Architektur bereits so glänzend machten.
    »Tritt da ein«, sagte Pardaillan zu Lecamus, indem er ihm ein Zeichen gab, ihm durch die holzgeschnitzte Türe des zweiten Stockwerks zu folgen. Pardaillan erkennend, öffnete sie ein Türhüter.
    Jedweder kann sich eine Vorstellung von Christophs Verwunderung machen, als er in diesen damals so weiten Saal der Wachen eintrat. Heute hat ihn militärische Genialität durch eine Zwischenwand in zwei Teile geteilt, um zwei Korporalschaftsstuben zu gewinnen. Tatsächlich nimmt er in der zweiten Etage beim König, wie in der ersten bei der Königin-Mutter ein Drittel der Fassade nach dem Hofe zu ein, denn er bekommt von zwei Fenstern zur rechten und zwei Fenstern zur linken Seite des Turmes Licht, in welchem sich die berühmte Treppe entfaltet. Der junge Hauptmann schritt nach der Zimmertür des Königs und der Königin, die in diesen weiten Saal führte und sagte zu einem der beiden diensthabenden Pagen, er solle Madame Dayelle, einer der Kammerfrauen der Königin, melden, daß der Kürschner mit seinen Schauben im Saale wäre.
    Auf eine Handbewegung Pardaillans hin stellte Christoph sich in der Nähe eines auf einem Schemel sitzenden Offizieres auf. Der saß in der Ecke bei einem Kamin, welcher so groß war wie seines Vaters Laden und sich an einem der Enden des riesigen Saales gegenüber einem absolut gleichen Kamin am anderen Ende befand. Während er immerfort mit diesem Leutenant schwätzte, gelang es ihm, diesen zu interessieren, indem er ihm die Nöte des Handels auseinandersetzte. Christoph schien so wahrhaft ein Kaufmann zu sein, daß der Offizier diese Meinung auch dem Hauptmann der Schottländerwache beibrachte, der vom Hofe her kam, um Christoph auszufragen, indem er ihn heimlich und mit aller Sorgfalt prüfte.
    Wie sehr Christoph Lecamus auch vorbereitet war, er konnte die kalte Wildheit der Interessen, in welche Chaudieu ihn unvermerkt verwickelt hatte, doch nicht begreifen. Für einen Beobachtenden, der das Geheimnis dieser Szene erkannt hätte, wie es der Historiker heute kennt, wäre Grund genug zum Zittern vorhanden gewesen angesichts dieses jungen Mannes, der Hoffnung zweier Familien, welcher sich zwischen diese beiden mächtigen und mitleidlosen Maschinen: Katharina und die Guisen gewagt hatte. Gibt's aber viele mutige Leute, welche die Spannweite der Gefahren ermessen? Nachdem Christoph gesehen hatte, auf welche Weise Stadt, Schloß und Hafen von Blois bewacht wurden, war er sich gewärtig, überall Fallen und Spione zu finden; entschlossen hatte er sich daher die Schwere seiner Sendung und sein geistiges Angespanntsein unter der scheinbaren Albernheit eines Nur-Kaufmanns zu verbergen. So hatte er sich eben vor des jungen Pardaillans, des Wachtoffiziers und des Hauptmanns Augen gezeigt.
    Die Aufregung, die in einem königlichen Schlosse die Leverstunde begleitet, hub an sich kundzutun. Die großen Herren, deren Pferde und Pagen oder Knappen im äußeren Schloßhofe zurückblieben – denn außer dem Könige und der Königin hatte niemand das Recht, den inneren Hof hoch zu Roß zu betreten –, stiegen in Gruppen die herrliche Treppe hinan und überschwemmten den großen Saal der Garden mit den beiden Kaminen. Heutzutage sind seine starken Balken bar ihres Schmuckes, und elende kleine rote Klinker ersetzen die erfindungsreichen Mosaiken der Dielen; die Gobelins der Krone aber verbargen damals die heute mit Kalk beworfenen starken Mauern, und um die Wette strahlten dort die Künste dieser in den Jahrbüchern der Menschheit einzig dastehenden Epoche.
    Reformierte wie Katholiken kamen ebensosehr, Neuigkeiten zu erfahren und die Gesichter zu prüfen, als um dem König den Hof zu machen. Franz' des Zweiten maßlose Liebe zu Maria Stuart, der sich weder die Guisen noch die Königin-Mutter widersetzten, und die politische Gefälligkeit, mit der Maria Stuart ihr entgegenkam, nahmen dem Könige jegliche Macht. Wiewohl er siebzehn Jahre alt war, kannte er vom Königtum nur die Vergnügungen und von der Ehe nur die Wollüste erster Leidenschaft. In Wirklichkeit machte jedweder der Königin Maria, ihrem Onkel, dem Kardinal von Lothringen, und dem Großmeister den Hof. Ein Hin und Her entfaltete sich vor Christoph, welcher die Ankunft jeder Persönlichkeit mit einer sehr natürlichen

Weitere Kostenlose Bücher