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Katharsia (German Edition)

Katharsia (German Edition)

Titel: Katharsia (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Magister
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mir bleiben“, sagte er und spürte, wie sich Nabils Pranke beruhigend auf seine Schulter legte.
    Kamlan musterte die drei Gefährten entgeistert und lachte dann meckernd.
    „Natürlich. Bitte, wenn der junge Herr es so wünscht.“
    Er ging voraus. Doktor Fasin, Sando, Gregor und Nabil stapften in ihren Schutzanzügen hinterdrein. Sie bestiegen einen Fahrstuhl und fuhren in die oberste Etage des Zentralgebäudes. Es herrschte ein ungutes Schweigen.
    Auf ein leises Klingen hin öffnete sich die Lifttür. Gleich gegenüber lag ein geräumiges Vorzimmer. Sie traten ein. Eine adrette Sekretärin sprang ihnen entgegen, schaute irritiert auf die Aufmachung der Besucher. Eilig riss sie einige Kleiderbügel aus einem Wandschrank.
    „Bitte, meine Herren, legen Sie doch die Schutzanzüge ab. Hier brauchen Sie sie nicht.“
    Während Kamlan in seinem Büro verschwand, pellten sich die Übrigen aus den glänzenden Hüllen. Die Sekretärin nahm sie mit spitzen Fingern entgegen und verstaute sie im Schrank. Erst als die Ordnung wieder hergestellt war, entspannte sich ihr Gesicht.
    „Der Chef erwartet Sie“, säuselte sie, mit einladender Bewegung die Tür zu seinem Büro öffnend.
    „Ja, kommen Sie nur herein und nehmen Sie Platz!“, hörten sie Kamlan von drinnen rufen.
    Ein so aufgeräumtes Büro wie das des Hadeschefs hatte Sando noch nie gesehen. Auf dem Schreibtisch gab es nichts, was auf Arbeit hinweisen würde: keinen Aktenordner, keinen Schreibstift, keine Computertastatur. Auf der blankgewienerten Fläche aus Edelholz befanden sich nur einige gerahmte Familienfotos und ein kleiner Stapel Briefe, die mit einem reich verzierten Dolch beschwert wurden.
    Sando stutzte, traute seinen Augen nicht. Beim Setzen beugte er sich wie zufällig weit über den Tisch, suchte nach der Gravur auf der Klinge. „Kilidsch Arslan“ las er. Kein Zweifel, es handelte sich um den Seldschukendolch!
    Sandos Gedanken kreiselten. War es möglich, dass derselbe Dolch, den er bei Battoni in New York entdeckt hatte, nun hier im Hades auftauchte? Nein, ausgeschlossen! Es musste eine zweite Kopie sein. Ebenfalls perfekt, soweit er das beurteilen konnte.
    Er spürte, wie ihn Gregor anstieß. Auch er war auf die historische Waffe aufmerksam geworden. „Ein schönes Stück!“, sagte er laut an Kamlans Adresse.
    „Wie bitte?“
    Kamlan wusste zunächst nicht, wovon Gregor sprach.
    „Ein schönes Stück, Ihr Briefbeschwerer“, wiederholte Gregor.
    „Nicht wahr?“ Kamlan schien angenehm berührt von diesem Lob und fühlte sich bemüßigt, Gregor seinerseits zu schmeicheln. „Ich sehe, du hast einen Blick für das Schöne.“
    „Darf ich fragen, woher es stammt?“, setzte Gregor nach.
    Sando hielt den Atem an. Hoffentlich war sein Gefährte jetzt nicht zu weit gegangen.
    Doch Kamlan antwortete prompt: „Nun ja, es ist der Erinnerung eines unserer Gefangenen entsprungen. Es muss ja auch mal zu etwas nütze sein, im Hades zu arbeiten, nicht wahr?“
    Sein meckerndes Lachen erfüllte den Raum.
    „Ich sehe es dir an der Nasenspitze an, Junge, du willst, dass ich dich dem Mann vorstelle. Aber das kannst du dir aus dem Kopf schlagen. Es reicht, wenn ich einen solchen Schatz besitze.“ Er erstickte fast an seiner Heiterkeit und Sando war heilfroh, dass Gregors Vorstoß so glimpflich abgelaufen war, Kamlan offenbar keinen Argwohn hegte. Hinter dem Schreibtisch auf einem bequemen Drehsessel aus Leder thronend, griff der Direktor nun nach einer Fernbedienung. Ein Fingerdruck und auf den Wänden, die sich als Bildschirmflächen entpuppten, erschienen korngelbe, mit Zypressen und Pinien geschmückte, hügelige Landschaften. Hätte Sando nicht gewusst, dass er sich im berüchtigten Hades befand, hätte er meinen können, auf einer Terrasse irgendwo in der Toskana zu sitzen.
    „Sie sehen, auch ich habe Sinn für das Schöne“, sagte Kamlan eitel. „In so einer Atmosphäre lässt es sich auch über schwierige Dinge munter plaudern.“
    Er ließ wieder sein meckerndes Lachen hören und sezierte dabei mit den Blicken Sando, Gregor und Nabil.
    „Es freut mich, Gäste bei mir begrüßen zu können, die dem Präsidenten so nahestehen. Und ich wäre dankbar, wenn Sie ihm ausrichten könnten, dass ich nichts unversucht lassen werde, seinen Wünschen und Forderungen zu entsprechen.“
    Weitschweifig erklärte er, dass er es nie an Loyalität gegenüber der Regierung hatte fehlen lassen, verwies auf die besonderen Schwierigkeiten und die große

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