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Kathedrale

Kathedrale

Titel: Kathedrale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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Chin’toka-System?
    Die Schritte erklangen nun aus nächster Nähe, seine Verfolger waren ihm dicht auf den Fersen. Nog setzte sich wieder in Bewegung, wie es ihm seine in unzähligen Äonen der Evolution geschulten Ferengi-Instinkte rieten.
    Dann hielt er inne. War die Flucht der richtige Weg, um Sacagaweas verstellte Weltlichkeit wieder geradezurücken? Abermals erklang die Stimme seines Onkels in seinem Verstand. Quark tat, was jeder vernünftige Ferengi tun würde: Er flehte ihn an, zu fliehen. Sonst nehmen sie dir dein Bein. Lauf, Nog. Lauf auf deinen zwei Beinen.
    Die Schritte der Jem’Hadar wurden immer lauter. Ein neuer Gedanke schoss durch Nogs Geist und ließ ihn erschaudern: War der Verlust seines Beines der einzige Weg, um im richtigen Universum »verwurzelt« zu bleiben, wie Shar es ausgedrückt hatte? War das der Preis dafür, Ezri, Dax und Dr. Bashir zu heilen? Nog war Ingenieur. Er wusste, dass die Natur im Grunde nicht anders funktionierte als die Ferengi-Wirtschaft: Sie wog Soll und Haben gegeneinander ab – und sie gab nie, ohne irgendwann auch ihren Preis einzufordern. Meist sogar mit Zinsen.
    Nog sah zu seinem linken Bein hinunter und dachte an abwesende Freunde.
    Dann lächelte er. So sei es.
    Sein Herz schlug so laut in seinen Ohren, dass es den Lärm der heranstürmenden Jem’Hadar fast übertönte. Nog drückte die Knie durch und hob den Phaser. »Entschuldige, Onkel«, sagte er, und in der abgestandenen Luft klang es fast schon hohl. »Aber mir scheint, dass die Zeit des Weglaufens vorbei ist. In mehrfacher Hinsicht.«
    Dann kamen die Jem’Hadar. Einer von ihnen tauchte hinter dem Vorsprung von vorhin auf, ein zweiter und ein dritter folgten ihm prompt. Nog schoss und schoss. Drei Mal. Fünf Mal. Und noch immer erschienen Jem’Hadar, tauchten zwischen den Felsen auf und eilten auf ihn zu, als hätte der Tod, den er unter ihnen verteilte, keine Bedeutung. Leichen fielen übereinander, und neue Soldaten sprangen über sie – schneller, als Nog sie erledigen konnte. Die Gegner kamen immer näher. Nur noch wenige Meter, und Nog würde ihren Atem auf der Haut spüren. Jeder Jem’Hadar hatte dasselbe Gesicht.
    Das des ersten, der gefallen war.
    Das Gesicht Taran’atars.
    Nog feuerte unablässig. Und sie kamen weiter, umzingelten ihn, drangen auf ihn ein. Ihre Brutalität und Wildheit überraschten ihn nicht, denn er hatte stets gewusst, dass Taran’atars Contenance nur Fassade gewesen war.
    Dann stellte der Phaser in seiner Hand den Dienst ein. Keine Energie mehr. Großartig.
    Verblüfft registrierte Nog, dass die Jem’Hadar plötzlich innehielten. Stille. Nur aus der Ferne drang Musik herüber.
    Ein in Schwarz gekleideter Soldat trat vor und blieb eine Armeslänge von Nog entfernt stehen. Die Kreatur war riesig. Nog fühlte sich, als bestünden seine Eingeweide aus vorgekochten Gree-Würmern. Um seine Angst zu bekämpfen, konzentrierte er sich auf die fernen Klänge. Hätte Captain Sisko vor über vier Jahren doch nur seine Anmeldung an der Sternenflottenakademie gefördert! Dann wüsste er jetzt, wie er sich verhalten sollte.
    Wirre, widersprüchliche Erinnerungen fluteten seinen Geist. Sisko hatte ihn gefördert. Und er hatte es auf die Akademie geschafft. Er war Kadett gewesen, Teil des Omega-Geschwaders, und hatte unter dem Enkel eines berühmten Commodore der Flotte gedient. Als er seinen Abschluss machte, hatte er schon mehr exotische Orte gesehen, als er zählen konnte – von Cardassia Prime bis zu Talos IV. Mehr als vielleicht jeder andere Ferengi.
    Auf einmal erkannte er die ätherischen Klänge, die über das karge Land wehten. Er hatte sie an Bord der Sagan gehört, kurz vor dem ersten Auftauchen des fremden Objekts. Die willkürlich, gewunden wirkenden Tonfolgen erinnerten ihn an die Irrealität seiner Umgebung und gaben ihm die Kraft, seinen Fluchtinstinkt zu besiegen. Sie zeigten ihm, dass die Uhr tickte und die interdimensionale »Entwurzelung«, die Sacagawea beschrieben hatte – und die er, Nog, an Bord der Defiant schon mehrfach antesten musste –, nicht mehr fern war.
    Nog wusste nicht, wie, aber er wich nicht zurück. Als er sprach, zitterte seine Stimme. »Na, los, Taran’atar. Bringen wir’s hinter uns.«
    Kurz nachdem sie die Kathedrale entdeckt hatten, riet Ezri ihm, mit Taran’atar ins Reine zu kommen. Nog fragte sich, ob er genau das soeben tat, absichtlich oder nicht. Vielleicht war das der Grund, aus dem die Kathedrale ihn in die Hölle von AR-558

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