Kathedrale

als Subroutine getarnter Programmiererscherz aufgetan?
    »Ich bin mir nicht sicher. Während meines Kampfes erschien ein Mann. Ein Mensch. Er trug schwarz und hatte silberfarbenes Haar. Er bezeichnete mich als ‚Kumpel‘.«
    Quark grinste. »Oh, das ist bloß Vic. Er ist ein Entertainer aus Las Vegas.«
    »Eigenartig. Er sagte mir, der Lärm meines Schlachtenszenarios störe die Besucher einer angrenzenden Holosuite. Ich dachte eigentlich, das sei unmöglich.«
    »Ist es auch«, gab Quark kichernd zurück. »Sofern Sie nicht wieder spitze Gegenstände in den Mechanismus rammen, können selbst Sie nicht derartigen Lärm erzeugen.«
    Taran’atar sah so verwirrt aus, wie es sein ausdrucksloses Gesicht zuließ. »Und warum forderte mich dieser Vic dann auf, mein ‚Gebrüll ein Stück weit runterzufahren‘?«
    »Vermutlich findet er Sie interessant und denkt, Sie müssten eine Spur lockerer werden«, antwortete Quark.
    »Eine Spur … lockerer?«
    Er beugte sich vor und flüsterte verschwörerisch. »Ich schätze, Sie wirken auf Vic ein wenig angespannt.«
    »Dann irrt er sich«, widersprach Taran’atar ein wenig zu schnell. »Ich dachte, alle holografischen Figuren seien auf spezielle Programme beziehungsweise Holosuiten beschränkt.«
    »Diese nicht. Vics Programm läuft rund um die Uhr, und manchmal wechselt er in andere hinüber.«
    Taran’atars Miene schien noch steinerner als sonst zu werden, sofern das überhaupt möglich war. »Und weshalb ist dieser Vic immer aktiviert? Das erscheint mir ineffektiv und verschwenderisch.«
    »War auch nicht meine Idee«, wehrte Quark ab. »Beschweren Sie sich bei meinem Neffen.«
    Nun wirkte der Jem’Hadar regelrecht perplex. »Nog ist Ingenieur. Er weiß sicherlich, welch hohen Energieverbrauch Hologramme haben. Sie dauerhaft laufen zu lassen, kommt einer eklatanten Vergeudung der Stationsressourcen gleich.«
    Und ich mache doch noch einen Ferengi aus dir, mein Großer , dachte Quark. Laut sagte er: »Von den Kosten ganz zu schweigen. Aber da Vic Nog im vergangenen Jahr mehr oder weniger das Leben rettete, drücke ich ein Auge zu.«
    »Für wen? Nog oder Vic?«
    Darüber musste Quark nachdenken. »Ehrlich gesagt bin ich mir da nicht sicher.«
    »Wie kann ein Hologramm das Leben eines Mannes retten?«, wollte Taran’atar wissen.
    Nie zuvor war Quark ein derart neugieriger Jem’Hadar begegnet. Odo hatte ihm befohlen, zu lernen, was immer er während seines Aufenthalts inmitten der vielfältigen Bevölkerung Deep Space 9s lernen konnte. Entsprach er also nur dem seinem Volk genetisch eingetrichterten Gehorsam gegenüber den Gründern?
    »Vic scheint mehr als nur ein Hologramm zu sein«, sagte Quark erklärend. »Er weiß immer Rat, wenn jemand mit einem Problem zu ihm kommt. Da können Sie hier jeden fragen.«
    Taran’atar grunzte abfällig. »Ein Counselor.«
    »Nicht direkt. Er ist ein Lounge-Sänger.«
    »Ich fürchte, mit dieser Stilrichtung bin ich nicht vertraut. Lounges … Handeln seine Texte demnach von Aufenthaltsräumen?«
    Kein Wunder, dass ihr Kerle den Krieg verloren habt. »Er singt in einer Lounge, Tarannie, nicht über sie. In einem Szenario, das in der Vergangenheit der Erde angesiedelt ist.«
    »Wollen Sie damit andeuten, Vic sei lebendig ? Dass er das besitzt, was die Bajoraner Pagh und die Menschen Seele nennen?«
    Quark hatte nicht erwartet, dass diese Unterhaltung so schnell von klebrigsüßen Föderationsgetränken zu den Randbereichen der Quantenphilosophie abwandern würde. »Holla, holla! Ich schenke hier nur aus. Das Philosophieren überlasse ich den Leuten, die ihr Latinum bei mir lassen.«
    Was der Jem’Hadar als Nächstes sagte, schien seinem eigenen Wohl zu gelten. »Glauben Sie, ein holografisches Wesen kann über eine Seele verfügen?«
    Quark sah, wie verbissen sein Gast mit dem Konzept kämpfte und entschloss sich zu einer Ausnahme von seinen üblichen Konversationsroutinen. »Keine Ahnung. Haben Sie eine? Ich? Die Erfahrung hat mir jedenfalls gezeigt: Kann etwas nicht gekauft, verkauft oder gemietet werden, ist es meist nicht der Rede wert.«
    Taran’atar leerte seinen Humpen und wischte sich danach den halben Milchbart vom Mund. Dann stand er auf und stellte das leere Gefäß zu den anderen. Schon im Aufbruch hielt er plötzlich inne und fuhr nachdenklich mit dem Finger über die Theke. »Ich möchte Sie um zwei Dinge bitten, Quark.«
    Quark grinste. Hatte er endlich einen Draht zu dem humorlosen Jem’Hadar gefunden? »Raus