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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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beeindrucken zu lassen, und unschuldig genug, um meine Klienten in die gefräßigen Mäuler der Buchprüferhaie zu treiben - kurz gesagt, sie sahen in mir alles, was sie von einer Frau erwarteten. Aber die Flitterwochen dauerten nicht lange.
    Ein paar Tage vor Weihnachten war ich gerade mit der Evaluation einer Betriebseinrichtung fertig geworden, damit ein großes Transportunternehmen noch vor Jahresende seine Computer-Hardware. einkaufen konnte. Da tauchte plötzlich Jock Upham, unser Seniorchef, in meinem Büro auf.
    Jock ist über sechzig, groß, schlank und gibt sich bewußt jugendlich. Er spielt viel Tennis, trägt schnittige Anzüge von Brooks Brothers und läßt sich die Haare tönen. Er geht nicht wie ein normaler Mensch, sondern hüpft immer auf den Fußballen, wie vor einem Aufschlag. Jock also hüpfte in mein Büro.
    „Velis“, sagte er in einem herzlichen und kumpelhaften Ton, „ich habe über Ihre Evaluation nachgedacht. Ich glaube, ich bin schließlich dahintergekommen, was daran nicht stimmt.“ Auf diese Art bedeutete mir Jock, es habe keinen Sinn, sich mit ihm zu streiten. Er hatte bereits das Für und Wider beider Seiten erwogen, und seine Seite - welche es auch immer sein mochte - hatte gewonnen.
„Ich bin so gut wie fertig, Sir. Unserem Klienten müssen die Unterlagen morgen vorliegen. Ich hoffe. Sie wünschen keine umfangreichen Änderungen.“
„Nichts Wesentliches“, beruhigte er mich und ließ mit einem freundlichen Lächeln die Bombe platzen. „Ich bin zu dem Schluß gekommen, daß für unseren Klienten Drucker wichtiger sind als Plattenspeicher. Ich möchte deshalb, daß Sie die entsprechenden Auswahlkriterien ändern.“
Das war ein Beispiel für "Bügeln", wie man das in Computerkreisen nennt. Und das ist illegal. Sechs Hardware-Hersteller hatten unserem Klienten vor einem Monat versiegelte Angebote eingereicht. Diese Angebote basierten auf den Auswahlkriterien, die wir, die unparteiischen Wirtschaftsprüfer, zusammengestellt hatten. Wir hatten erklärt, unser Klient benötige leistungsfähige Plattenspeicher, und einer der Hersteller hatte ein vorteilhaftes Angebot gemacht. Wenn wir jetzt, nach Vorlage der Angebote entschieden, Drucker seien wichtiger als Diskettenstationen, dann würde ein anderer Anbieter den Zuschlag bekommen. Ich konnte mir vorstellen, um wen es sich dabei handelte: Der Aufsichtsratsvorsitzende der betreffenden Firma hatte Jock gestern zum Essen eingeladen...
Eindeutig war dabei etwas Entscheidendes geschehen. Vielleicht ging es um ein künftiges Geschäft für unsere Firma, vielleicht aber auch um eine kleine Yacht oder einen Sportwagen für Jock. Was es auch sein mochte, ich wollte damit nichts zu tun haben.
„Tut mir leid, Sir“, erwiderte ich, „es ist zu spät, um die Auswahlkriterien ohne Zustimmung unseres Klienten zu ändern. Wir könnten anrufen und ihnen erklären, daß wir von den Anbietern eine Ergänzung des ursprünglichen Angebots fordern, aber das würde natürlich bedeuten, daß sie die Hardware erst im neuen Jahr bestellen können.“
„Das ist doch nicht nötig, Velis“, sagte Jock, „ich bin Seniorchef dieser Firma geworden, weil ich meiner Intuition vertraue. Ich habe oft im Interesse meiner Klienten gehandelt und ihnen im Handumdrehen Millionenverluste erspart. In den meisten Fällen haben sie es nicht einmal erfahren. Dieser Überlebensinstinkt hat unsere Firma Jahr um Jahr die Spitze der "Großen Acht" gebracht.“ Er lächelte mich unschuldig an.
Eher würde ein Kamel durch das bewußte Nadelöhr gehen, als daß Jock Upham etwas für einen Klienten tun und nicht darüber sprechen würde. Aber ich ging darauf nicht ein.
„Trotzdem, Sir, wir haben unserem Klienten gegenüber eine moralische Verantwortung, die versiegelten Angebote unparteiisch zu beurteilen. Schließlich sind wir Wirtschaftsprüfer.“
Jocks Lächeln verschwand, als habe er es verschluckt. „Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie meinen Vorschlag ablehnen?“
„Wenn es nur ein Vorschlag und kein Befehl ist, dann würde ich nicht darauf eingehen wollen.“
„Und wenn ich Ihnen sage, es ist ein Befehl?“ fragte Jock lauernd. „Als Seniorchef dieser Firma kann ich —“
„Dann, Sir, muß ich von diesem Projekt zurücktreten. Natürlich werde ich Kopien meiner Arbeitsunterlagen aufbewahren, falls später Fragen gestellt werden sollten.“ Jock wußte, was ich damit sagen wollte. Staatlich vereidigte Wirtschaftsprüfer werden ihrerseits nie geprüft. Fragen

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