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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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an, die sie mit fünfzehn bereits überragte. „Ich habe die Äbtissin in St-Cyr kennengelernt, und sie trug mir auf, Euch das zu sagen...“ Elisa flüsterte ihrer Mutter die Nachricht ins Ohr.
Noch während sie zuhörte, wurde das Gesicht dieser hoheitsvollen Frau aschgrau. Ihre Lippen begannen zu zittern; sie wich einen Schritt zurück und legte haltsuchend die Hand auf Napoleons Arm.
„Mutter, was ist?“ rief er, nahm ihre Hand und sah sie bestürzt an.
„Madame“, beschwor Mireille sie, „sagen Sie, was diese Nachricht für uns bedeutet. Meine Zukunft - mein Leben hängen davon ab. Ich bin auf dem Weg nach Algerien und nur hier, weil ich durch Zufall Ihre Kinder getroffen habe. Diese Nachricht kann vielleicht...“ Aber Mireille konnte nicht weitersprechen. Wieder überkam sie der Brechreiz, der sie auf der ganzen Schiffsreise gequält hatte. Letizia nahm ihre Hand, und Napoleon trat rasch an ihre Seite und stützte sie, damit sie nicht fiel.
„Entschuldigen Sie“, stieß Mireille mühsam hervor, während kalter Schweiß auf ihre Stirn trat, „ich fürchte, ich muß mich hinlegen - ich kann nicht länger stehen.“
Letizia schien über die Ablenkung eher erleichtert zu sein. Sie legte Mireille behutsam die Hand auf die Stirn und fühlte ihren Puls. Dann befahl sie den beiden kleinen Kindern mit beinahe militärischer Strenge, ihr zu folgen, und wies Napoleon an, Mireille den steilen Hügel zu ihrem Wagen hinaufzutragen. Dort angekommen, hatte Letizia ihre Haltung soweit wiedergefunden, daß sie auf die Nachricht zurückkam.
„Mademoiselle“, sagte sie leise und vergewisserte sich mit einem vorsichtigen Blick, daß sie nicht belauscht wurden, „ich rechne mit dieser Nachricht seit dreißig Jahren, aber nun traf sie mich doch unvorbereitet.
Ich habe meinen Kindern zu ihrem eigenen Schutz zwar gesagt, daß ich Ihre Äbtissin erst seit zehn Jahren kenne, aber in Wirklichkeil kannten wir uns schon, als ich noch ein Mädchen etwa in Elisas Alter war. Meine Mutter war die engste Vertraute von Madame de Roque. Ich werde alle Ihre Fragen beantworten. Aber wir müssen zuerst Kontakt zu Ihrer Äbtissin aufnehmen, um herauszufinden, welche Rolle Sie in ihren Plänen spielen.“
„So lange kann ich nicht warten!“ rief Mireille stöhnend. „Ich muß nach Algerien!“
„Wie auch immer“, erklärte Letizia, stieg auf den Wagen, bedeutete ihren Kindern, sich ebenfalls zu setzen, und griff nach der Peitsche. „Sie sind ohnehin nicht in der Lage zu reisen. Und wenn Sie es versuchen, gefährden Sie vielleicht andere noch mehr als sich selbst, denn Sie verstehen das Spiel nicht, das Sie spielen, und Sie kennen den Einsatz nicht.“
„Ich komme aus Montglane“, erwiderte Mireille heftig, „ich habe die Figuren in meiner Hand gehalten.“ Letizia fuhr herum und starrte sie an. Napoleon und Elisa hörten mit angehaltenem Atem zu.
„Sie wissen nichts!“ rief Letizia erregt, „Elissa von Karthago setzte sich ebenfalls über die Warnungen hinweg. Sie starb im Feuer - als Opfer auf einem Scheiterhaufen wie der legendäre Vogel, auf den die Phönizier ihre Abstammung zurückführen.“
„Aber Mutter“, widersprach Elisa und half Maria-Carolina, auf den Wagen zu klettern, „wie es heißt, hat sie den Scheiterhaufen selbst bestiegen, als Äneas sie verließ.“
„Vielleicht“, sagte Letizia rätselhaft. „Vielleicht hatte sie aber auch einen anderen Grund.“
„Der Phönix!“ flüsterte Mireille und bemerkte kaum, wie Elisa und Carolina sich neben sie setzten. Napoleon saß neben seiner Mutter auf dem Kutschbock. „Und erhob sich Königin Elissa auch aus der Asche - wie der legendäre Wüstenvogel?“
„Nein“, rief Elisa, „denn Äneas sah ihren Schatten später im Hades.“
Letizia richtete ihre blauen Augen immer noch unverwandt auf Mireille, als denke sie über etwas nach. Als sie schließlich sprach, lief Mireille ein Schauer über den Rücken.
„Aber jetzt ist sie zurückgekehrt - wie die Figuren des Montglane-Schachspiels, Und wir haben allen Grund zu zittern, denn das ist das Ende, das prophezeit worden ist.“
Sie drehte sich um, knallte leicht mit der Peitsche, und das Pferd setzte sich langsam in Bewegung.
Das kleine, einstöckige, weiß gestrichene Haus von Letizia Buonaparte stand in einer schmalen Straße in den Hügeln über Ajaccio. Zwei Olivenbäume wuchsen vor dem Haus, und trotz des Nebels summten Bienen um die dichten, spätblühenden Rosmarinbüsche, die die Haustür halb

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