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Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Katherine Neville - Das Montglane-Spiel

Titel: Katherine Neville - Das Montglane-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Malaxis
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Geheimnis, in das ich noch nicht eingeweiht war.
„Und Musik“, fuhr Bach fort, „kann, mit erstaunlichen Ergebnissen, wie ich hinzufügen möchte, in Mathematik verwandelt werden. Der Baumeister des Universums hat es so angelegt. Musik besitzt die Kraft, ein Universum zu erschaffen oder eine Kultur zu zerstören. Wenn Sie mir nicht glauben, dann rate ich Ihnen, die Bibel zu lesen.“
Euler schwieg. „Ja“, sagte er schließlich, „es gibt in der Bibel auch noch andere Baumeister, deren Geschichten sehr aufschlußreich sind, nicht wahr?“
„Mein Freund“, sagte Bach und sah mich lächelnd an, „wie gesagt: Wer sucht, der wird finden. Wer den inneren Aufbau der Musik versteht, wird die Macht des MontglaneSchachspiels verstehen, denn das eine ist auch das andere.“
    David hatte der Geschichte aufmerksam zugehört. Inzwischen näherten sie sich dem schmiedeeisernen Tor seines Hofs. Er sah Philidor kopfschüttelnd an.
    „Aber was soll das alles bedeuten?“ fragte er. „Was haben Musik und Mathematik mit dem Montglane-Schachspiel zu tun? Was hat all das mit Macht zu tun - sei es nun auf der Erde oder im Himmel? Ihre Geschichte bestätigt nur meine Auffassung, daß dieses legendäre Schachspiel etwas für Mystiker und Narren ist. Es fällt mir schwer, solche Bezeichnungen mit Euler in Verbindung zu bringen, aber Ihre Geschichte weist darauf hin, daß auch er diesen Phantasien zum Opfer gefallen ist.“
    Philidor blieb unter dem dunklen Kastanienbaum stehen, dessen untere Äste weit über das Tor und in Davids Hof ragten. „Ich habe mich seit vielen Jahren mit diesem Thema beschäftigt“, flüsterte der Komponist. „Schließlich entschloß ich mich, die Bibel zu lesen, wie Euler und Bach mir nahegelegt hatten, obwohl ich mich nie für Bibelauslegung interessiert hatte. Bach starb ein paar Jahre nach unserer Begegnung, und Euler reiste nach Rußland. Ich sollte also die beiden Männer nicht wiedersehen, um mit ihnen darüber zu sprechen, was ich herausgefunden hatte.“
    „Und das wäre?“ fragte David, zog den Schlüssel aus der Tasche und schloß das Tor auf. „Die beiden hatten mir geraten, mich mit den Baumeistern zu beschäftigen. Und das tat ich auch. In der Bibel werden nur zwei wichtige Baumeister erwähnt. Der eine ist der Baumeister des Universums, das heißt, Gott. Der andere ist der Baumeister des Turms zu Babel. Das Wort 'Bab-EI' bedeutet, wie ich herausgefunden habe ‚Gottes Tor’. Die Babylonier waren ein sehr stolzes Volk. Sie schufen die erste große Kultur. Ihre hängenden Gärten waren den schönsten Werken der Natur ebenbürtig. Und sie wollten einen Turm bauen, der bis in den Himmel, bis zur Sonne reichte. Ich zweifelte nicht daran, daß Bach und Euler darauf anspielten.
    „Der Baumeister“, fuhr Philidor fort, als sie durch das Tor traten, „hieß Nimrod und war der größte Baumeister seiner Zeit. Er baute einen so hohen Turm, wie ihn noch kein Mensch gesehen hatte. Aber der Turm wurde nie vollendet. Wissen Sie warum?“
    „Soweit ich weiß, hat Gott ihn zerstört“, erwiderte David.
„Aber wie hat Er ihn zerstört?“ fragte Philidor. „Er schleuderte keine Blitze, Er strafte die Menschen nicht mit einer Flut oder einer Seuche, wie Er es sonst tat! Ich werde es Ihnen sagen, wie Gott Nimrods Werk vernichtet hat. Gott ließ die Arbeiter, die bis dahin nur eine Sprache gekannt hatten, plötzlich viele Sprachen sprechen. Er zerstörte die Sprache. Er zerstörte das Wort!“
Die beiden Männer gingen über den Hof. David sah plötzlich einen Diener aus dem Haus rennen. „Was soll ich daraus schließen?“ fragte er mit einem zynischen Lächeln. „Zerstört Gott auf diese Weise eine Kultur? Läßt Er die Menschen verstummen? Wird Er unsere Sprache verwirren? Wenn es so ist, müssen wir Franzosen uns keine Sorgen machen. Wir lieben unsere Sprache und schätzen sie höher als Gold!“
„Wenn Ihre Schützlinge wirklich aus dem Kloster von Montglane kommen, werden sie vielleicht in der Lage sein, mir bei der Lösung des Rätsels zu helfen“, erwiderte Philidor, „denn ich glaube, diese Macht - die Macht der Musik in der Sprache, der Mathematik in der Musik, das Geheimnis des Wortes, mit dem Gott die Welt erschuf und Babylon vernichtete - ist das Geheimnis, das sich im Montglane-Schachspiel verbirgt.“
Davids Diener stand inzwischen atemlos und aufgeregt in respektvoller Entfernung.
„Was gibt es, Pierre?“ fragte David überrascht.
„Die jungen Damen“, begann Pierre

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