Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
befand sie für würdig, sie freundlich zu beschnüffeln. Sie hatte vor keinem Angst, je größer der Hund, desto besser gefiel er ihr.
Furchtlos lief Katie auf solche Hunde zu, die oft fast dreimal so viel wogen wie sie, beschnüffelte sie, schleckte sie ab oder schlug ihnen spielerisch die Pfote auf die Schnauze.
Als Barney, die Dogge eines Nachbarn, sie eines Tages in unserer Eingangshalle mit seiner riesigen Pfote umhaute, machte sie sich überhaupt nichts daraus. Sie drehte sich auf den Bauch, stand wieder auf und schleckte ihm die Nase ab. Dann marschierte sie zum Aufzug, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen.
Da Katie keine Geschwister oder regelmäßige Spielgefährten hatte, gehörte ihre wahre Leidenschaft den Menschen. Allerdings spielte auch hier die Größe und das Alter eine Rolle.
Kleinere Kinder mochte sie nicht und ging ihnen nach Möglichkeit aus dem Weg, weil sie sich unvorhersehbar verhielten. Wenn sie auch nur versuchten, sie zu streicheln, nahm sie verärgert Reißaus. Wollten Kinder aber nicht aufgeben und versuchten, sie an den Ohren oder am Schwanz zu ziehen, fing sie an zu knurren oder zu bellen. Und schließlich heulte sie laut auf, als wollte sie sagen: Aua, Dad! Die tun mir weh. Ich habe Angst. Können mich diese Gören denn nicht in Ruhe lassen? Wimmernd versuchte sie dann, entweder die Flucht nach vorn anzutreten oder sich hinter mir zu verstecken.
Doch im Umgang mit Erwachsenen war Katie eine wahre Expertin, ob in meinem Wohnzimmer, in der Lobby oder draußen auf der Esplanade. Sie erkannte nicht nur die unterschiedlichen Charaktere, die ihr begegneten, sondern reagierte auch noch unterschiedlich auf jeden Einzelnen.
So stellte sie zum Beispiel rasch fest, dass Arthur Probleme mit den Beinen hatte, und sprang nie an ihm hoch. Sie wusste, bei ihm war ihr rechtmäßiger Platz sein grauer Velourssessel und die Ottomane, und wenn er Zeitung las, legte sie ihren Kopf auf seinen Fuß.
Außerdem wusste sie, dass sie Freda nicht anspringen durfte, unsere zarte Nachbarin, die uns gegenüber wohnte. Freda war eine pensionierte Familienrichterin, die aufgrund einer Kinderlähmung zeit ihres Lebens orthopädische Schuhe tragen musste.
»Hallo, Katie, wie geht es dir heute?«, fragte Freda eher förmlich, wenn wir uns auf dem Gang trafen. Katie setzte sich respektvoll vor die Richterin und hob nur eine Pfote zur Begrüßung.
»Sie hat ausgezeichnete Manieren«, meinte Freda dann immer lachend. »Viel bessere als manche Leute, die vor meine Richterbank getreten sind.«
Im Grunde liebte Katie mehr oder weniger jeden, der über siebzig Jahre alt war. Je älter, desto besser. Ich glaube, sie fühlte sich bei solchen Menschen sicher. Neben Pearl, Arthur und Freda zog es sie immer wieder zu ihrer »Stamm-Meute«, einer Gruppe von Leuten zwischen siebzig und neunzig, die in unserem Viertel lebten.
Im Frühling, Sommer und im Frühherbst begaben sich Pearl und Arthur jeden Abend nach dem Essen auf die Esplanade, um dort den Sonnenuntergang zu betrachten, während ich meist auf meinem Fahrrad eine kleine Runde am Fluss drehte und den spektakulären Anblick genoss. Das funkelnde rot-orangefarbene Licht färbte das Wasser und die Freiheitsstatue, während die Sonne langsam unterging.
»Beeilt euch, ich will nichts verpassen«, rief Arthur und schnürte sich seine Turnschuhe, während Katie an den Schnürsenkeln zerrte.
»Hör auf, Mädchen, wir müssen los!« Und schon sprang Katie zur Tür, jetzt konnte sie es kaum noch erwarten, angeleint zu werden und zu dem abendlichen Ritual aufzubrechen.
Pearl und Arthur steuerten ihre Lieblingsbank an, mit Blick auf den Hafen, während Katie hinter ihnen lief und nach Stammgästen Ausschau hielt. Dazu gehörten der lebhafte, gewitzte Georgie mit seiner rauen Raucherstimme; die schwerhörige, ziemlich steife und unnahbare Millionärin Sally; die große, sportliche ehemalige Leiterin einer privaten Mädchenschule, Ruth, die jeden Morgen in unserem Pool ihre Runden drehte; Sylvia, eine zierliche Collegeprofessorin in hohen Stöckelschuhen, die immer im Flüsterton sprach; der korpulente, ausgelassene ehemalige Geschäftsmann Brody; die schüchterne, schlanke Gloria, die gerne Chanelkleider trug und immer in eine Wolke Tiffany-Parfum gehüllt war; und die Älteste, die neunzigjährige Georgia im Rollstuhl, begleitet von ihrer munteren, liebevollen Tochter Anita.
Wenn Katie den Rollstuhl in der Ferne entdeckte, sprang sie aus Pearls Armen und rannte zu
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