Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
ihren großen Auftritt hin.
Wie Ed McMahon, wenn er Johnny Carson vorstellt, verkündete ich dann: »Hiiiiiier kommt Granny!« Und sie rauschte herein, mit Katie an ihrer Seite, und strahlte, wenn alle applaudierten.
»Ich habe die süßeste Begleitung von euch allen«, meinte sie einmal lachend und deutete auf Katie. Sie setzte sich hin, hob meinen Hund auf ihren Schoß und nahm meine Gäste mit einem kritischen und manchmal auch etwas mokanten Blick aufs Korn.
Im Oktober 1997 plante ich eine Party zu Grannys Fünfundachtzigstem. Ich wollte ein Mittagessen für dreißig Personen veranstalten, mit allem Drum und Dran – Luftballons, Blumen, Tischkarten, einem ausgeliehenen zehn Meter langen Tisch mit Tanzsaalstühlen und einer Schokoladentorte von einer meiner Lieblingsbäckereien, dem Cupcake Café , das sich auf naturgetreue Blumen aus Buttercreme spezialisiert hatte.
»Bitte mach dir keine solche Mühe!«, meinte Granny und wehrte sich gegen meine Pläne, weil sie die Ausgaben völlig unnötig fand. Pearl nahm stets den Bus, kaum je ein Taxi. In ihrem Kühlschrank stapelten sich die Reste, und sie ging nur selten zum Essen; eigentlich nur dann, wenn sie Lust auf die köstliche Pastrami hatte, die der Delikatessenladen auf der Second Avenue im East Village anbot. Abgesehen davon war sie sehr häuslich.
»Anita, ich versuche die ganze Zeit, Glenn zu sagen, dass er nicht so extravagant sein soll, aber er ärgert sich nur darüber«, berichtete sie meiner Mutter, mit der sie inzwischen eng befreundet war.
»Nun ja«, erwiderte meine Mutter, »du kannst ihn nicht ändern. Schon als Kind hat er den Tisch für meine Partys geschmückt – lass ihm einfach seinen Willen.«
Also fügte sie sich. Am Tag der Party wurde Katie hübsch gemacht wie bei jeder Party.
»Was soll ich ihr anziehen?«, fragte ich Granny. Zwei schillernde Outfits standen zur Auswahl, beide stammten von Katies Model-Jobs: ein buntes, mit Pailletten besetztes Teil mit einem gelben Satinkragen, und ein schwarzes Satin-Taft-Mäntelchen mit Rüschen um den Schwanz, bestickt mit lilafarbenen und gelben Blumen.
»Sie sind beide ziemlich protzig«, meinte Granny lachend. »Aber für den Nachmittag ist das Taftteil besser.«
Katie verstand, dass wir an einer Party arbeiteten, und hatte kein Problem, in ihr Kostüm zu steigen. Sie schob ein Bein nach dem anderen durch die vorgesehenen Löcher und hielt still, während ich den Klettverschluss am Rücken schloss.
Und schon flitzte sie los, den Flur hinab zu meiner Wohnung, ins Wohnzimmer und ans Fenster. Sie drehte sich im Kreis und ließ sich schließlich auf dem grün-beigen Sessel nieder, um ihr Königreich von oben zu überblicken. Dann posierte sie für Fotos mit Pearl, bis es ihr langweilig wurde. Das war daran zu erkennen, dass sie den Kopf auf das dicke Kissen legte, auf den Boden starrte und sich die Ohren kratzte.
»Mein kleines Baby sieht so hübsch aus!«, rief Granny, die sich an diesem Tag mit einem schönen Leinenkleid ebenfalls in Schale geworfen hatte.
Und so kam es, dass Granny und Katie die Partymädchen unserer Familie waren, und die Partysaison mit diesem besonderen, unvergesslichen Geburtstag ihren Höhepunkt erreichte.
Schließlich sprang Katie vom Sessel und rannte wieder quer durch den Flur in Pearls Wohnung, wobei ihr Schwanz hoch aus den schwarzen Satinrüschen herausragte. Ryan und John holten Pearl und Katie ab, und schon flitzte Katie wieder in meine Wohnung, gefolgt von ihren Lieblingsmenschen. Es ging sehr turbulent zu.
Pearl hielt Hof inmitten der elfenbein-goldfarbenen Luftballons, Geburtstagshüte und Servietten, die mit Elefanten und Tigern bedruckt waren. Und obwohl sie sich so dagegen gewehrt hatte, freute sie sich nun doch sehr über die Aufmerksamkeit.
Als die dreißig Zentimeter hohe Schokoladentorte serviert wurde, versammelten sich Ryan und ein paar Gäste aus der Nachbarschaft rasch um Granny, um ihr beim Ausblasen der Kerzen zu helfen. Katie schob sich ebenfalls ins Bild.
Pearl zog Ryan an sich. »Du bist mein Junge.«
»Alles Gute zum Geburtstag, Älteste.«
Und wie lautete Pearls Kommentar im Anschluss?
»Ich hatte noch nie eine Geburtstagsparty. Mach so etwas nicht noch einmal!«
16
Der sprechende Bilderrahmen
E nde der Neunzigerjahre, nach fünf Jahren Selbsthilfegruppen, Therapie und Krankengymnastik, war mein Rücken – und meine Depression – vollkommen ausgeheilt, und ich konnte mich wieder dem Schreiben zuwenden. Statt eines mit
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