Katie außer Rand und Band - wie eine Hundedame unser Herz eroberte
Katie zu ihren Füßen saß und jeden Handgriff verfolgte.
Naia tat alles, um Pearls Lebensqualität zu verbessern. Die Älteste war als Invalidin aus dem Krankenhaus heimgekehrt, doch dank Naias Pflege und Zuspruch erholte sie sich rasch. »Bald konnte Pearl wieder ohne Hilfe laufen, auf die Toilette gehen, sich duschen und anziehen«, sagte Naia. »Ich ließ zwar die Tür zu ihrem Schlafzimmer immer einen Spalt offen, um sie im Auge zu behalten, aber es ging ihr gut.«
Da sich Naia rund um die Uhr um Pearl kümmerte, konnte ich die Beziehung zu Pearl wie gewohnt pflegen. Wir waren füreinander, was wir immer gewesen waren: Gesprächspartner, Vertraute und nachbarschaftliche Kampfgenossen. Für alles andere war Naia zuständig. Pearl konnte nicht mehr putzen, einkaufen, waschen oder allein zum Arzt, zur Bank oder zur Reinigung gehen; doch ich glaube, insgeheim genoss sie den Luxus, jemanden zu haben, der ihr all das abnahm.
Pearls Rehabilitationsprogramm bestand zum Teil darin, ihre Garderobe und Wäsche zu erneuern. »Granny trägt uralte, zerschlissene Kleider«, berichtete Naia. »Alles ist zerlöchert, auch die Wäsche.« Ich reichte Naia eine Kreditkarte und sagte ihr, sie sollten zum Einkaufen losziehen. Und schon ging’s ab zu Pearls Lieblingsgeschäft, Loehmann’s . »Dort kann man immer ein Schnäppchen machen«, schwärmte Pearl.
»Als ich in diesem Laden einmal eine bunt geblümte Bluse betrachtete, meinte Granny: ›Hier ist zu viel los!‹«, erinnerte sich Naia. »Ich verstand sie nicht, doch ich wollte mir mit meinem schlechten Englisch keine Blöße geben. Aber sie sagte immer wieder: ›Es ist viel los.‹ Schließlich fragte ich: ›Was ist das denn – los?‹ Sie erklärte es mir, und wir lachten noch tagelang darüber.«
Rund um die Uhr plapperten die beiden wie zwei Teenager. Als ich einmal in Pearls Schlafzimmer kam, war es in einen Schönheitssalon verwandelt worden. Pearl lag auf dem Bett, und Naia manikürte und schminkte sie. Granny freute sich riesig über den knallpinkfarbenen Nagellack und das Gefühl, verhätschelt und umsorgt zu werden. Katie saß auf dem Bett und sah aufmerksam zu, als Pearls Haare gelockt und geföhnt wurden. In diesen Dingen kannte sich mein Hund ja bestens aus.
»Dieses Mädchen ist einzigartig!«, ließ Pearl all ihre älteren Freundinnen wissen. So manche war richtig neidisch auf Pearls neuesten »Fund«.
Pearl war nicht die Einzige, die Naia mit ihrem Charme verführte. Einmal ging ich kurz vor dem Schlafengehen zu Pearl, um Katie abzuholen. Und wo steckte mein Hund? Auf Naias Schoß. Völlig gebannt lauschte Katie einem Schlummerlied, das Naia für sie sang – auf Georgisch. Was für ein Anblick! Bald legte sie den Kopf auf Naias Knie und schlief ein, während Naia sie wie ein Baby streichelte.
Katie war entzückt von Naia und folgte ihr auf Schritt und Tritt. Sie war in sie ebenso hoffnungslos verliebt wie in Ramon.
Als ob Pearl und ich Katie nicht schon genügend Aufmerksamkeit schenkten, leistete Naia nun zusätzliche Arbeit und pflegte auch Katie – sie fütterte sie, reinigte ihre Schüsselchen, verabreichte ihr Vitamine und Medizin, kochte ihr kleine Zwischenmahlzeiten und wischte auf, wenn meinem vierzehnjährigen Hund ein Missgeschick passiert war.
»Ich liebe Hunde, mach dir keine Sorgen, das ist nicht weiter schlimm«, versicherte Naia mir. Ihr war klar, wie therapeutisch Katie für Pearl war. »Katie ist Pearls Baby«, vermutete sie, klug wie sie war. »Aber eigentlich ist sie eher eine Königin.«
Als sich Naia etwa ein halbes Jahr lang intensiv um unseren Haushalt gekümmert hatte, sah ich, dass sie anfing, unter den Strapazen – und unter Heimweh – zu leiden. Sie vermisste ihre Familie, die in Georgien lebte.
Ich machte mir Sorgen um sie, und Granny ging es genauso. »Dieses Mädchen arbeitet zu viel«, sagte Pearl. Da ich derselben Meinung war, schlug ich Naia vor, die Wochenenden freizunehmen. Als Wochenendaushilfe stellten wir eine ihrer georgischen Freundinnen ein.
Wenn Naia am Sonntagabend wiederkam, sprang ihr Katie in die Arme und rannte im Kreis um sie herum, bevor sie zu einer der Wohnzimmervitrinen lief und sich still wie eine Statue davorsetzte und die Dose anstarrte, in der Naia Hundekuchen aufbewahrte.
Und so saßen wir nun wie früher um Pearls Esstisch, auch wenn die Mitglieder unseres kleinen Kreises sich geändert hatten. Johns und Ryans Plätze wurden nun von Naia und Lee eingenommen, die beinahe jeden Tag
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