Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
ebenfalls ordentlich zusammenfaltete und in meine Handtasche steckte. Ich warf meinen Apfelrest in eine Mülltonne und kehrte schweren Herzens ins Büro zurück. Mit jeder Lunchpause im Freien fiel es mir schwerer, mich zu überwinden, ins Büro zurückzugehen. Also hatte es noch andere Gründe, dass ich gewöhnlich an meinem Schreibtisch sitzen blieb.
Mimi hatte wohl niemanden gefunden, der mit ihr in die Mittagspause gehen wollte, denn sie war schon wieder da, als ich zurückkam. »Wo warst du?«, kreischte sie so laut, dass die gesamte Etage es hören konnte. Die Hunde im Battery Park legten winselnd ihre Pfoten über ihre Ohren.
»In der Mittagspause«, erwiderte ich so ruhig wie möglich. Wenn man pampig auf Mimi reagierte, eskalierte die Situation nur.
»Ich dachte, du hättest gesagt, du gehst nicht raus«, gab sie vorwurfsvoll zurück.
»Ich sagte, ich hab mir was zu essen mitgebracht. Ich hab es bloß mit nach draußen genommen und da gegessen.«
Inzwischen starrten die Leute zu uns hin oder lugten oben über die Trennwände ihrer Arbeitsplätze wie Präriehunde, die aus ihren Höhlen spähen. »Du musst mir Bescheid sagen, wenn du das Büro verlässt.«
»Aber du warst in der Mittagspause.« Ich runzelte die Stirn, damit es so aussah, als nähme ich das Problem ernst. Dann versuchte ich mit fester Stimme zu sprechen: »Muss ich denn um Erlaubnis fragen, wenn ich in die Mittagspause gehe? Von dieser Vorschrift war mir nichts bekannt.«
Darauf konnte sie nichts erwidern, nicht vor so vielen Zeugen. Sie würde mich niemals dafür maßregeln können, dass ich es wagte, in der Mittagspause das Büro zu verlassen, während sie selbst hier festhing. Leider war ihr klar, dass sie da machtlos war, und das hasste sie mehr als alles andere. »Ich brauchte den Entwurf der Pressemitteilung von der PR-Abteilung für das Meeting der Geschäftsführung«, giftete sie mich an. »Ich hab versucht, dich vom Konferenzraum oben anzurufen, damit du es mir bringst, aber du warst nicht an deinem Schreibtisch.«
»Ich hab den Entwurf heute Morgen in deinen Eingangskasten gelegt, sobald ich ihn von Leah erhalten hatte.«
Jetzt wurde sie richtig wütend. Die meisten Vorgesetzten wären froh gewesen zu hören, dass ihre Mitarbeiter kompetent sind, doch nicht Mimi. Fähige Mitarbeiter ließen sie nur selber schlecht aussehen und nahmen ihr die Möglichkeit, alles auf andere zu schieben. Sie musste ohne die Pressemitteilung bei diesem Meeting aufgetaucht sein und dann versucht haben, mir die Schuld dafür zu geben, indem sie behauptete, ich hätte sie ihr nicht gebracht. Sie hastete mit funkelnden, hervorquellenden Monstermimi-Augen zurück in ihr Büro, nahm die Pressemitteilung aus dem Eingangskasten und stolzierte in Richtung Aufzug davon. Ihre Körpersprache sagte: »Mit dir bin ich noch nicht fertig, Fräulein.«
Den Tränen nahe schlich ich in mein Kabuff zurück, sank auf meinen Schreibtischstuhl und schlüpfte wieder in meine Büroschuhe. Mimi machte mich furchtbar wütend, und da ich nichts dagegen tun konnte, entlud sich mein Frust in einem Schwall von Tränen. Aber dass sie glaubte, sie hätte mich zum Weinen gebracht, war das Letzte, was ich wollte. Also saß ich heftig blinzelnd an meinem Platz, um die Tränen zu vertreiben.
Meine Hände zitterten, als ich sie auf die Tastatur legte und eine Taste berührte, damit der Bildschirmschoner verschwand. Das Symbol, das mir den Eingang neuer E-Mails anzeigte, blinkte. Und ganz oben in meinem E-Mail-Eingang war eine Mail von Rodney Gwaltney. Ich öffnete sie. Wie üblich schrieb er, dass er mir eine großartige Chance bieten würde.
Ich wusste, es musste ein Trick sein, aber diesen Job hier ertrug ich nicht mehr lange. Also musste ich einen neuen finden oder mir mein Scheitern eingestehen und zurück nach Hause gehen. Vielleicht war ein nettes Mädchen aus Texas nicht für das Leben in der Großstadt geschaffen. Doch bevor ich aufgab, wollte ich es noch einmal versuchen. Ich würde alles daransetzen müssen, einen anderen Job zu finden.
Bevor ich ganz begriff, was ich da tat, hatte ich die Antwortfunktion aktiviert und schrieb: »Wann würden Sie mich denn gern treffen? Ich hab wenig Zeit, also müssten wir uns entweder in der Mittagspause oder nach der Arbeit verabreden.« Egal, was er mir anbieten wollte, es konnte nur besser sein als das hier. Und dann klickte ich auf »Senden«, bevor ich es mir anders überlegen konnte.
Sobald ich die Mail abgeschickt hatte,
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