Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
bereute ich es. Was war bloß in mich gefahren? Ich wusste, dass die Firewall nur alle paar Minuten geöffnet wurde, um einkommende und ausgehende E-Mails durchzulassen. Also gab es noch immer die Möglichkeit, in der IT-Abteilung anzurufen und sie zu bitten, meine Mail zu vernichten. Doch damit hätte ich auch zugeben müssen, dass ich auf ein Jobangebot geantwortet hatte. Ich war mir sicher, die Jungs aus der Technik würden mich nicht verraten. Sie hätten bestimmt Verständnis für mich, da sie der undankbaren Mimi täglich bei dem ein oder anderen Computerproblem zur Hand gehen mussten. Je länger ich zögerte, desto schlechter wurden meine Chancen, einen Rückzieher zu machen.
Aber ich konnte mich nicht dazu aufraffen, diesen Anruf zu tätigen. Mal abgesehen von der Sache mit der Sexsklaverei konnte doch eigentlich nichts Schlimmeres passieren, als dass Rodney mich vielleicht in Ruhe ließ, wenn ich mich mit ihm traf und ihm eine Abfuhr erteilte. Außerdem war es immerhin auch noch möglich, dass sein Angebot hielt, was es versprach. Doch richtig gute Dinge hatten normalerweise irgendeinen Haken, das war mir auch klar.
Ich zwang mich, mich auf meine Arbeit zu konzentrieren, statt über diesen Job nachzudenken. Doch jedes Mal, wenn ich den Ton hörte, der das Eintreffen neuer Nachrichten anzeigte, wechselte ich schnell in mein Mail-Programm. Es gab reichlich Anfragen von Leuten, die dringend einen Termin bei Mimi haben wollten oder sich danach erkundigten, ob sie schon einen Blick in die Unterlagen geworfen habe, die sie in der letzten Woche mit dem Hinweis, es sei dringend, angefordert hatte.
Vielleicht meinte Rodney es doch nicht ernst. Das Ganze war einfach nur ein Spiel, das er mit naiven jungen Frauen in der U-Bahn trieb. Zusätzlich zu dem, was auch immer er tat, damit die Frauen ihn derart anschmachteten, gefiel es ihm, so zu tun, als hätte er Macht über ihr Leben. Doch das beantwortete noch immer nicht die Frage, woher er wusste, wer ich war und wie man mich finden konnte, um mir ein Jobangebot zu schicken. Ich hätte wirklich nicht antworten sollen.
Dann machte es Pling, und Rodneys Antwort landete in meinem E-Mail-Eingang. Ich brauchte zwei Versuche, um sie zu öffnen, da meine Hände so stark zitterten, dass ich die Maus nicht ruhig halten konnte. »Ich freue mich, dass Sie sich entschlossen haben, uns in Ruhe anzuhören, Katie«, stand da. »Heute um halb sechs in dem Coffee Shop nahe Broadway Ecke Rector Street. Sie werden es nicht bereuen.«
Ich trug den Termin in meinen Kalender ein, schrieb zurück, dass ich ihn zur vereinbarten Zeit am vereinbarten Ort treffen würde, und löschte die Mail dann. Aus schierer Paranoia wechselte ich in meinen Ausgangsordner und löschte sowohl meine erste Antwort als auch meine Bestätigung. Ich wusste zwar, Mimi besaß nicht annähernd so viel Computerkenntnisse, dass sie von der Existenz eines Ausgangsordners auch nur etwas ahnte, aber ich wollte es nicht drauf ankommen lassen. Ich wollte meinen nächsten Job erst ganz sicher in der Tasche haben, bevor ich diesen hier aufgab, sei es willentlich oder aus anderen Gründen.
Nach ihrem Ausbruch vom frühen Nachmittag blieb Mimi den restlichen Tag über seltsam ruhig. Das machte mich jedoch noch nervöser, denn es konnte nur die Ruhe vor dem Sturm sein. Wahrscheinlich saß sie in ihrem Büro und brütete darüber, wie sie mich in die Pfanne hauen konnte, ohne selbst schlecht dazustehen. Ich hielt die Finger die meiste Zeit des Tages gekreuzt und hoffte, dass sie nicht auf ihre »Ach, bevor du gehst«-Nummer verfallen und um fünf vor fünf noch irgendetwas auf meinen Schreibtisch knallen würde.
Um halb fünf spazierte ich unauffällig auf die Damentoilette, um meine Frisur und mein Make-up aufzupeppen. Ich war nicht ganz so angezogen, wie ich es mir für ein Vorstellungsgespräch gewünscht hätte, aber es klang ohnehin nicht so, als stünde mir ein konventionelles Vorstellungsgespräch bevor. Es war schließlich nicht so, als hätte ich Rod darum gebeten, mich einzustellen. Im Gegenteil sollte er mir erklären, warum ich ihn überhaupt anhören sollte. Also war er derjenige, der sich entsprechend anziehen musste.
Als ich Mimi einen Anruf durchstellte, von dem ich wusste, dass er sie eine Weile in Anspruch nehmen würde, druckte ich meinen Lebenslauf aus. Dann rannte ich zum Drucker, um ihn im selben Moment, als das Gerät ihn ausspuckte, an mich zu nehmen. Exakt in der Sekunde, als Mimi auflegte, ließ
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