Katie Chandler 01 - Hex and the City-ok-neu
ungefähr zehn Dollar, meine Dauerkarte für die U-Bahn und eine Kreditkarte mit einem lachhaft kleinen Kreditrahmen. Aber wenn er sie mir wegnähme, wäre das trotzdem schmerzhaft für mich. Ganz zu schweigen von all dem schönen Blut, das durch meinen Körper lief. Was, wenn der Typ keine Zeugen haben wollte? So lief es doch immer in diesen Filmen: Der Räuber bekam Panik und erschoss alle Leute in Sichtweite, damit ihn niemand identifizieren konnte. Oder wenn er uns alle als Geiseln nähme und sich diese Sache den ganzen Tag hinziehen würde?
Das eigentlich Unheimliche war jedoch, dass meine Mutter in einem Punkt Recht behielt. Sie hatte mich gewarnt, dass ich in der großen Stadt mit Sicherheit überfallen und ausgeraubt werden würde. Und jetzt war es so weit: Ich wurde ausgeraubt. Okay, praktisch gesehen war nicht ich diejenige, die ausgeraubt wurde, aber keine zwei Meter von mir entfernt stand ein Mann mit einer Waffe. Und ich konnte weder etwas tun noch weglaufen. Ich stand wie erstarrt da. Das Einzige, was ich wusste, war, dass ich nicht sterben wollte. Ich wollte wenigstens lange genug gelebt haben, bis das Leben, das im Augenblick meines Todes noch einmal vor meinen Augen vorbeizog, wenigstens einigermaßen interessant aussah.
Dann fiel mir wieder ein, dass ich nicht allein war. Ich war mit einem der mächtigsten Zauberer der Weltgeschichte hier. So ein rüpelhafter Teenie-Gangster, der es auf anderer Leute Geld abgesehen hatte, würde doch einen Merlin nicht übertrumpfen können. Bei diesem Gedanken ging es mir gleich etwas besser. Ich schaute zu Merlin hin, um zu sehen, was er tat, doch er wirkte nicht im Geringsten alarmiert, was mich erneut nervös machte. Aus all diesen Filmen, die er gesehen hatte, musste er doch wissen, dass Pistolen bei uns als Waffen verwendet wurden. Konnte man in den Vereinigten Staaten überhaupt einen Film produzieren, in dem keine Pistole vorkam? Dann fiel mir plötzlich auf, dass sich niemand gerührt hatte – weder die Kassiererin noch der Räuber noch sonst irgendjemand in dem Laden. Es war, als wäre die Zeit stehen geblieben, und Merlin und ich waren die Einzigen, die sich noch bewegten.
»Hübscher Trick«, sagte ich und atmete auf. »Und jetzt?«
»Sie rufen am besten die Polizei an, ich sorge unterdessen dafür, dass niemandem etwas geschieht.«
Ich ging zu dem Telefon neben der Kasse und wählte den Notruf. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich, wie Merlin dem Räuber die Pistole abnahm, die Patronen herausnahm und ihm die Pistole dann wieder in die Hand legte. Am anderen Ende der Leitung bat mich eine Automatenstimme darum, doch bitte einen Moment Geduld zu haben, wenn ich einen Notfall melden wollte. »Legen Sie den Hörer in die Hand der Kassiererin«, wies Merlin mich an, und ich tat es. »Jetzt sollten wir zusehen, dass wir hier wegkommen. Ich bin zwar offiziell in New York gemeldet, aber es ist wohl trotzdem besser, wenn ich nicht von der Polizei vernommen werde.«
Das leuchtete mir unmittelbar ein. Denn ich war nicht sicher, wie lange er in einem solchen Verhör seine Tarnung aufrechterhalten konnte. Sicher würde er früher oder später etwas sagen, wofür man ihn einsperrte und einer psychologischen Prüfung unterzog. Wir gingen zur Tür, doch bevor wir dort ankamen, nahm ich ihm die Camelot-DVD aus der Hand. »Die können Sie nicht mitnehmen, ohne sie zu bezahlen.«
»Ach ja, da haben Sie Recht. Ich werde nochmal herkommen müssen.«
Ich stellte die DVD in einen der umstehenden Ständer und beeilte mich dann, Merlin einzuholen, der mir die Tür aufhielt. Als die Tür sich hinter uns schloss, erwachte der Laden wieder zum Leben. Und mir war so, als hörte ich die Kassiererin sagen: »Wir werden gerade überfallen.«
»Wir sind in der Nähe der City Hall. Also müsste die Polizei bald hier sein«, sagte ich, mehr um mir selbst ein besseres Gefühl zu geben als um Merlin zu beruhigen. Dann schoss mir ein Gedanke durch den Kopf, und ich schnappte nach Luft: »Was, wenn sie Sicherheitskameras haben? Dann können sie sehen, dass wir da waren, die Situation manipuliert haben und gegangen sind, bevor die Polizei eintrat.«
»Keine Sorge, darum habe ich mich gekümmert. Auch die Kameras standen still.«
»Sie kennen Sicherheitskameras?«
»Ich weiß eine ganze Menge. In den ersten Monaten nach meiner Ankunft hier habe ich Ihre Welt sehr intensiv studiert. So, jetzt sollten wir aber etwas essen, finden Sie nicht?«
Merlin erspähte auf der anderen
Weitere Kostenlose Bücher