Katie Chandler 02 - Alles ausser Hex-ok-neu
Rolle spielte.
Ich behielt mein Abenteuer das ganze Wochenende für mich und dachte auch mehr über meine plötzliche Beliebtheit bei den Männern und Idris’ Verhalten nach als über die möglichen Gründe für den seltsamen Angriff auf uns. Die Folge war, dass ich ein oder zwei Sekunden nachdenken musste, als Owen mich am Montagmorgen mit einem besorgten: »Alles in Ordnung?« begrüßte.
»Äh, o ja, ja, mir geht’s gut. Ich schätze, Sam hat Ihnen davon erzählt. Ich bin nicht sicher, ob es irgendwas Ernstes war. Sie haben ziemlich schnell aufgegeben.«
»Wenn sie so reagieren, müssen Sie auf einer ganz heißen Spur sein.«
Ich überlegte, ihm zu erzählen, dass ich meine Immunität verloren hatte. Wenn ich auf der Straße von Leuten angegriffen werden konnte, die ich nicht sah, war es wohl besser, wenn die Leute, die auf mich aufpassten, Bescheid wussten. Eigentlich war es ja auch seltsam, dass es noch niemandem aufgefallen war. Die Leute aus der magischen Welt machten sich häufig darüber lustig, was normalen Leuten alles entging, weil sie nur das sahen, was sie zu sehen erwarteten. Aber die Erfahrung lehrte, dass es Leuten aus der magischen Welt auch nicht anders erging. Ich hatte nicht mal besonders viel lügen müssen, und sie glaubten immer noch, dass ich Illusionen durchschauen konnte, einfach weil sie es von mir erwarteten.
Bevor ich erneut angegriffen wurde, musste ich es jemandem sagen. Aber noch nicht jetzt. Ich musste erst darüber nachdenken. Ich wollte einen Kompromiss oder eine Lösung anbieten können, wenn ich die Bombe platzen ließ. Ich musste zumindest irgendeine Ahnung haben, was ich als Nächstes tun würde, und im Augenblick hatte ich die noch nicht.
»Wissen Sie noch, wie ich Sie gefragt habe, ob Sie mir helfen, ein Geschenk für meine Pflegeeltern zu finden?«, unterbrach er meine ängstlichen Grübeleien.
»Ja, natürlich.« Ich war erleichtert, über etwas anderes nachdenken zu können.
»Ich wollte fragen, ob Sie vielleicht heute Abend Zeit hätten. Dann könnten wir durch ein paar Läden im Viertel ziehen und vielleicht zusammen zu Abend essen.«
»Sicher. Klingt toll«, sagte ich. Das würde mir auch die Gelegenheit geben, in entspannter Atmosphäre über mein kleines Problem zu reden.
»Wollen wir uns nach der Arbeit in der Lobby treffen? Ich rufe Sie an, wenn ich später komme.«
»Ja, in Ordnung.«
Er nickte mir geschäftsmäßig zu. »Also dann. Bis zum Feierabend.«
Ich hatte an dem Abend erst ein paar Minuten gewartet, als er außer Atem die Treppe herunterkam.
Seine Krawatte hing schief, und er trug den Mantel noch überm Arm. »Tut mir leid, dass ich zu spät bin«, sagte er, als er neben mir stand und hektisch seinen Mantel anzog.
»Kein Problem, ich bin noch gar nicht lange da«, erwiderte ich, während ich ihm half, einen der Ärmel zu entwirren. »Haben Sie denn irgendwas Bestimmtes anvisiert?«
»Ich hatte gehofft, dass Sie mir da helfen können«, sagte er, während wir zusammen das Gebäude verlie
ßen. »Ich hab noch nie viele Geschenke gekauft, also weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll zu suchen.«
»Vielleicht erzählen Sie mir erst mal, was für ein Geschenk Ihnen denn so vorschwebt.«
Er sah mich völlig entsetzt an. »Ich hab nicht die leiseste Idee.«
»Was haben Sie ihnen denn sonst so geschenkt?«
»Eine Zeit lang habe ich immer Präsentkörbe aus einem Katalog bestellt. Als sie dann meinten, ich brauchte ihnen nichts zu schenken, hab ich angefangen, für Einrichtungen zu spenden, die sie gut finden.
Aber dieses Jahr möchte ich ihnen gern etwas Persönlicheres schenken.«
»Aber Sie wissen schon, dass die Tatsache, dass ich eine Frau bin, mich noch nicht zur Shopping-Expertin macht, oder? Vielleicht hätte ich ein Treffen zwischen Ihnen und meiner Freundin Gemma arrangieren sollen.«
»Tut mir leid. Ich schätze, das war eine blöde Idee.«
»Nein, ich helfe Ihnen gern. Aber erwarten Sie keine Wunder von mir. Warum erzählen Sie mir nicht ein bisschen was über sie? Vielleicht hilft uns das, eine Entscheidung zu treffen.«
Wir betraten die U-Bahn-Station, wo wir vor dem kalten Wind sicher waren, der draußen blies. »Nun, sie sind ziemlich alt, mindestens so um die achtzig.
Sehr traditionsbewusst, sehr gebildet, ziemlich eigenständig. Gloria ist elegant – ich hab sie noch nie anders als perfekt gekleidet gesehen, selbst am frühen Morgen nicht. James ist der Typ ewiger Student.
Trotz seines Alters liest er noch ohne
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