Katrin mit der großen Klappe
Schule...“
„Wo denkst du hin!“ rief Olga
dazwischen.
Katrin ließ sich nicht
unterbrechen. „...noch eure Eltern!“fuhr sie fort. „Sonst komme ich in Teufels
Küche. Kann ich mich auf euch verlassen?“
„Ja!“ riefen alle vier
gleichzeitig im Chor.
„Großes Ehrenwort“, sagte
Leonore und hielt Katrin die offene Hand hin.
„Das genügt mir nicht“, sagte
Katrin. „Ihr müßt schwören...“
„Aber wie?“
„Sprecht mir nach: Wenn ich
über das, was Katrin mir anvertraut hat, zu einer Menschenseele ein Wörtchen
sage, so will ich bis zum, Ende des Schuljahres lauter Sechser schreiben und
sitzenbleiben!“
„Au weia! Lieber nicht!“ rief
Ruth.
Die anderen lachten, aber sie
wiederholten den Schwur. Sie waren fest überzeugt, daß ihnen nichts leichter
fallen würde, als den Mund zu halten.
Aber wie hatten sie sich da
überschätzt! Es war wirklich ein Glück, daß der Schwur, den sie abgelegt
hatten, nicht ernst zu nehmen war, denn schon beim Mittagessen zu Hause
verplapperten sich alle vier, wenige Tage später wußte es die ganze Klasse, und
Katrin wurde der Mittelpunkt allgemeiner Bewunderung.
Katrin genoß es, wenn auch mit
einigermaßen gemischten Gefühlen. Sie hatte nichts Unrechtes darin gesehen, ein
bißchen anzugeben, und zu der Erzählung über ihren nur in ihrer Phantasie
existierenden Schauspielervater hatten die anderen sie ja geradezu gezwungen.
Aber so ein Aufsehen hatte sie damit bestimmt nicht erzielen wollen.
Den Eltern zu Hause wurde das
dauernde Gerede über Katrin und ihren berühmten Vater bald zuviel.
„Bist du denn sicher, Rutchen,
daß das überhaupt stimmt?“ fragte Frau Kleiber eines Tages, als Ruth ihr nach
dem Abendessen beim Aufräumen in der Küche half.
„Warum denn nicht?“ rief Ruth
ganz empört.
„Also weißt du, das Ganze kommt
mir eben ein bißchen komisch vor. Wenn Katrin wirklich das Kind von so einem
tollen Vater wäre“, gab die Mutter zu bedenken, „würde sie dann ausgerechnet
mit euch in die Schule gehen?“
Ruth rieb sich mit dem
Zeigefinger über den Nasenrücken. „Irgendwo“, sagte sie, „müssen doch auch die
Kinder berühmter Leute zur Schule gehen, oder etwa nicht? Es kommt nur sehr
selten vor, weil es eben wenig richtig berühmte Leute gibt.“
„Ja, das schon, aber ich kann
mir nicht denken...“
„Du solltest bloß mal das Haus
am Heckenrosenweg sehen, wo sie wohnt, Mutti! Heckenrosenweg 17! Toll, sage ich
dir! Mit einem riesigen Swimmingpool, und einen Lassie haben sie auch. Katrin
sagt, der hat schon mal zusammen mit ihrem Vater gefilmt.“
„Das kann ja alles sein,
Ruthchen...“
„Das kann nicht nur, das ist!
Warum willst du mir denn nicht glauben, Mutti? Zu dir in den Friseursalon
kommen doch auch manchmal bekannte Leute, Schauspielerinnen oder so...“
Frau Kleiber sah ihre Tochter
nachdenklich an. „Lade doch einmal diese Katrin zu uns ein! Am besten an einem
Montag, wenn wir den Friseursalon geschlossen haben. Ich möchte sie zu gerne
kennenlernen.“
„Aber du kennst sie doch schon!
Sie hat mich einmal abgeholt, im Sommer, weißt du nicht mehr? Sie hat schwarzes
schönes Haar, schwarze Augen und ist ziemlich mager.“
„Ja, vielleicht habe ich sie
wirklich schon einmal gesehen, aber da wußte ich ja noch nicht, daß sie so eine
Berühmtheit ist!“
Frau Kleiber steckte die
Teller, die Ruth ihr gab, in die Geschirrspülmaschine.
„Gut, ich werde sehen, daß sie
mal kommt“, erklärte Ruth sich bereit. „Aber du darfst ihr keine Fragen
stellen, Mutti, das versprich mir! Du darfst dir überhaupt nicht anmerken
lassen, daß du irgend etwas weißt. Wir haben ihr nämlich schwören müssen,
niemandem etwas zu verraten. Versprich es mir, Mutti, bitte!“ Und natürlich
versprach Frau Kleiber es, und Frau Helwig, Frau Heinze und Frau Müller taten
es auch. Da Mütter besser schweigen können als Töchter, hielten sie auch ihr
Wort, und wenn Katrin wirklich auftauchte, stellten sie nur so allgemeine
Fragen, daß Katrin sie — fast — ohne zu lügen beantworten konnte. Aber ein
bißchen beeinflußt waren sie doch durch die Schwärmerei der Mädchen, und so
waren sie alle besonders nett zu Katrin.
Katrin war oft bei ihren
Freundinnen in diesen Tagen und Wochen, und wenn sie auch nach wie vor jede
richtige Einladung ausschlug, so konnte sie doch nicht verhindern, daß man ihr
Limonade und Plätzchen, Obst und Süßigkeiten vorsetzte, wenn sie kam, und sie
noch auf mancherlei Art verwöhnte. Dabei
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