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Katrin Sandmann 01 - Schattenriss

Katrin Sandmann 01 - Schattenriss

Titel: Katrin Sandmann 01 - Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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liegen? Um das Polster zu schonen? War diese Frau Sandmann vielleicht krank?
    Früher hatten sie auch immer ein Handtuch im Wagen liegen gehabt. Für Tamara. Sie vertrug das Autofahren nicht. Jedes Mal musste sie sich übergeben. Selbst auf der kürzesten Strecke. Es war immer das Gleiche. Sie waren kaum losgefahren, da ertönte Tamaras Stimme von der Rückbank.
    „Mami, mir ist schlecht.“
    „Nur noch ein kurzes Stück. Wir sind gleich da.“
    Aber sie waren nie rechtzeitig da. Dieser widerwärtige Gestank hing wochenlang in den Polstern. Sie hatte sie geschrubbt, alles mit extra viel Putzmittel abgewischt und Duftspender im Wagen verteilt, aber er ging nie ganz weg, hing wie eine säuerliche Wolke in der Luft, stieg ihr in die Nase, wenn sie nur ans Auto dachte, und sorgte dafür, dass ihr selbst übel wurde, wenn sie irgendwohin fuhren.
    Abgesehen von dieser schrecklichen Kotzerei war sie immer sehr brav gewesen auf Autofahrten, hatte stumm und blass auf der Rückbank gesessen und krampfhaft aus dem Fenster gestarrt, weil ihr Vater ihr gesagt hatte, dass einem dann nicht übel wird.
    Sie war wirklich ein liebes Kind gewesen. Und so gut in der Schule. So folgsam, so intelligent, so freundlich. Die Lehrer hatten sie immer in den höchsten Tönen gelobt: Sie ist eine so angenehme Schülerin, passt immer gut auf, macht nie Ärger. Ich wünschte, alle Kinder wären wie Ihre Tochter, Frau Arnold.
    Sylvia hatte voller Stolz zugehört. Sie hatte Tamara ihr bestes Kleid für den Elternsprechtag angezogen, das weiße mit der Spitze. Auf dem Heimweg hatte sie ihr zur Belohnung ein dickes Eis gekauft. Schoko-Vanille. Tamaras Augen hatten dankbar und glücklich gestrahlt, als sie ihre kleinen Hände nach dem Hörnchen ausstreckte. Und dann war das Eis auf das gute Kleid getropft. Hässliche, braune Flecken auf reiner, weißer Baumwolle.
    Sylvias Hände krampften sich um den Fenstergriff. Sie lehnte die Stirn gegen die kühle Scheibe. Die Straße, die Autos, die Häuser gegenüber, alles verschwamm vor ihren Augen. Sie merkte erst, dass sie weinte, als die Tränen auf ihre nackten Füße tropften.

    Hauptkommissar Halverstett stellte den braunen Pappkarton auf dem Schreibtisch ab. Rita Schmitt stand auf und blickte neugierig hinein.
    „Die Sachen aus Tamaras Zimmer?“
    „Bis auf diesen komischen Gürtel. Der ist im Labor.“
    Er nahm einen durchsichtigen Plastikbeutel aus dem Karton und schüttete den Inhalt auf den Tisch. Ein paar zerknüllte Zettel, eine Coladose, Kaugummipapier und eine leere Füllerpatrone. Der Inhalt des Papierkorbs. Rita Schmitt griff nach einem Zettel und faltete ihn auseinander. Er zeigte die säuberliche Zeichnung eines Koordinatensystems mit einer kurvenförmigen Funktion. Darunter waren ein paar Formeln und Rechnungen, die jemand durchgestrichen hatte. Sie warf den Zettel zurück auf den Tisch.
    „Mathehausaufgaben.“
    Halverstett ließ sich schwer auf den Stuhl fallen und musterte den Haufen Müll auf seinem Schreibtisch. Er seufzte. Er hatte das Gefühl, etwas zu übersehen. Irgendetwas in dieser Familie stimmte nicht. Dieser Dieter Arnold schien aufrichtig entsetzt gewesen zu sein, als er ihn vorhin zu Tamaras Verletzungen befragt hatte. Vielleicht hatte er tatsächlich nichts damit zu tun. Trotzdem war Halverstett sich sicher, dass die Spur zu Tamaras Mörder bei ihr zu Hause zu finden war. Auf irgendeine Weise musste die Erklärung für das, was geschehen war, in dieser spießigen, erdrückend engen Mietwohnung liegen. Aber er wusste noch nicht wie.
    Die Mutter schien völlig am Boden zerstört zu sein. Man konnte kaum mit ihr reden. Es war, als lebe sie hinter einer schalldichten Wand aus Glas oder in einem mit Wasser gefüllten Becken, aus dem sie nur gelegentlich kurz auftauchte, um sofort wieder zu verschwinden. Vielleicht hätte er den Vater einfach nur noch härter rannehmen sollen. Er schien nicht besonders stabil zu sein. Zu feinsinnig, zu höflich. Vermutlich wäre er früher oder später zusammengebrochen. Aber sie hatten noch nicht genügend Hinweise, die eine solche Vorgehensweise rechtfertigten.
    Wenn sie Glück hatten, ergab die Untersuchung des Gürtels etwas. Er hatte das unbestimmte Gefühl, dass es damit etwas auf sich hatte. Als er sich am Dienstagmittag Tamaras Zimmer kurz angesehen hatte, war ihm der Gürtel an der Wand sofort aufgefallen. Ein ziemlich ungewöhnlicher Wandschmuck, aber er hatte sich nichts weiter dabei gedacht. Junge Leute dekorieren ihre Zimmer oft

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