Katrin Sandmann 04 - Blutsonne
»Aber mein Auto war dort. Genauer gesagt, es ist schon seit ein paar Wochen dort. Ich brauche es im Augenblick nicht, ich bin sowieso immer mit dem Firmenwagen unterwegs, und da habe ich den Landrover einem Freund geliehen.«
Katrin und Manfred beugten sich gleichzeitig vor. Alex’ Grinsen wurde breiter. »Und jetzt wollten Sie sicher wissen, wie der Freund heißt.«
Katrin nickte stumm.
»Ist ein alter Kumpel von mir, der ein bisschen in Schwierigkeiten steckt. Er heißt Benedikt Simons.«
Katrin krallte ihre Hand in Manfreds Bein. Also doch! Manfred schrie leise auf, doch Alex bekam von alledem nichts mit. Er war aufgestanden, um einen Zettel zu holen und etwas zu notieren. »Hier. Ich habe Ihnen die Telefonnummer aufgeschrieben. Wenn der Benedikt was gesehen hat, hilft er Ihnen bestimmt.« Er reichte Katrin den Zettel. Bevor sie gingen, zeigte Alex ihnen noch die graue Designerküche. »Echt, das ist so ein Unterschied gegenüber Düsseldorf«, erklärte er. »Da liegen Welten zwischen.«
Jetzt konnte Manfred sich das breite Grinsen nicht mehr verkneifen. An der Tür drehte er sich zu Alex um. »Letztens habe ich auch ’ne tolle Küche gesehen. Die war sogar noch eine Klasse besser als Ihre. Und wissen Sie, was das Erstaunliche daran war? Sie befand sich mitten in Düsseldorf, in einer ganz unscheinbaren Wohnung in Bilk . Ist das nicht unglaublich?«
Alex starrte ihn mit offenem Mund an. Bevor Manfred noch mehr sagen konnte, zerrte Katrin ihn schnell aus der Wohnung.
14
»Du musst sofort im Präsidium anrufen.« Manfred steuerte den Wagen auf die Autobahn.
»Ich kann das immer noch nicht glauben. Benedikt Simons ist so – so – ich kann es nicht erklären, aber ich traue ihm das einfach nicht zu.«
»Sei nicht so naiv, Katrin.« Manfred hupte einen Kleinwagen an, der mit neunzig Stundenkilometern auf der linken Spur entlangzockelte . »So was sieht man keinem an. Das müsstest du doch wissen.«
»Danke für den Hinweis!« Katrin verschränkte wütend die Arme. »Fehlt nur noch, dass du behauptest, ich sei selbst schuld, dass ich entführt worden bin.«
»So habe ich das nicht gemeint.« Der Kleinwagen räumte die linke Spur, und Manfred gab Gas. »Reg dich nicht so auf.«
»Ich rege mich nicht auf.« Katrin starrte aus dem Seitenfenster. Bäume und Schilder rasten an ihr vorbei. Bis Düsseldorf waren es achtunddreißig Kilometer.
Manfred ignorierte ihre letzte Bemerkung. »Also, rufst du jetzt an?«, drängte er.
»Sofort?«
»Natürlich sofort. Was dachtest du denn?«
»Mein Handy ist verschwunden, schon vergessen?«
»Nimm meins.«
»Von mir aus.« Katrin hob Manfreds Ledertasche auf ihren Schoß und kramte das Handy hervor. Immer noch wütend tippte sie die Nummer des Polizeipräsidiums in die Tasten. Kriminalhauptkommissar Halverstett war nicht zu sprechen, aber die Frau in der Telefonzentrale versprach ihr, sie mit einem anderen Mitarbeiter der MK Henker zu verbinden. Schließlich meldete sich eine Frauenstimme: »Ja, hier Wiechert?«
Katrin schnaubte genervt. Ausgerechnet. »Hier ist Katrin Sandmann. Wir haben gestern miteinander gesprochen.«
»Ach ja. Tag, Frau Sandmann. Was gibt es denn?« Ruth Wiechert hörte sich ebenfalls nicht sehr erfreut an. Katrin erzählte ihr von Benedikt Simons, von dem geliehenen Wagen, von Carinas Freundin Silke Scheidt und von der Anzeige wegen sexueller Nötigung. Ruth Wiechert war nicht überzeugt. »Aber die Anzeige wurde doch zurückgezogen. Und das schon vor einem Jahr, wie Sie sagen. Wieso sollte dieser Simons sich jetzt plötzlich an der Frau rächen wollen?«
»Er hat alles verloren. Musste den Massagesalon dichtmachen. Im Augenblick ist er arbeitslos und lebt bei seinem Bruder.«
»Ich weiß nicht, ob das als Motiv ausreicht. Und was sollten die anderen Opfer damit zu tun haben?«
»Karl Binder hat beim KK 12 gearbeitet. Da werden doch Sexualdelikte bearbeitet. Vermutlich hat er die Anzeige aufgenommen.« Katrin hatte das Gefühl, dass Ruth Wiechert ihr aus Prinzip nicht glauben wollte, egal was sie ihr sagte. »Was das ermordete Ehepaar damit zu tun hat, weiß ich auch nicht, aber da gibt es bestimmt einen Zusammenhang.«
»Also, Frau Sandmann, man hat mir von Ihnen erzählt. Sie halten sich offenbar für klüger als die Polizei.« Katrin schluckte. Daher wehte der Wind. Ruth Wiechert fuhr fort. »Ich halte gar nichts davon, wenn Amateure sich in unsere Arbeit einmischen. Sie haben diesen Wagen gesehen, und jetzt wollen Sie unbedingt,
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