Katrin Sandmann 04 - Blutsonne
ihr wissen wollte.«
»Und jetzt ist sie tot.«
Simons’ Augen blinzelten nervös. Doch er hatte sich schnell wieder gefangen. »Ja und? Wollen Sie das etwa auch meinem Bruder anhängen?«
»Im Augenblick möchten wir nur mit ihm sprechen.« Rita Schmitt, die bisher schweigend am Kühlschrank gelehnt hatte, trat vor. Sie tauschte einen kurzen Blick mit Halverstett , der kaum merklich nickte, dann ergänzte sie: »Ihr Bruder kannte nämlich nicht nur Carina Lennard , sondern auch den Polizisten, der am Schillerplatz aufgeknüpft wurde, Karl Binder. Er hat den Fall bearbeitet, als Carina Lennard vor einem Jahr Anzeige erstattete. Und Bertram Kassnitz , das erste Opfer, war der Sachbearbeiter bei der Bank, bei der Ihr Bruder seine Konten hatte. Er war derjenige, der ihm den Geldhahn zugedreht hat. Seine Frau Elisabeth arbeitete als Erzieherin in dem Kindergarten, den seine Tochter Jule besucht. Ich denke, Sie verstehen jetzt, warum wir Ihren Bruder dringend sprechen müssen.«
Simons wandte den Blick von Rita ab und sah aus dem Fenster. »Sie wissen genau, dass das gar nichts beweist«, belehrte er sie trotzig.
»Haben Sie gewusst, dass Ihr Bruder all diese Menschen kannte?« Halverstett stand auf.
»Lassen Sie mich in Ruhe«, murmelte Simons. »Ich kann Ihnen nicht weiterhelfen.«
»Wenn Sie wissen, wo er ist, und Sie es uns nicht sagen, könnten weitere Menschen zu Tode kommen.« Rita Schmitt sah zu Halverstett , der zuckte mit den Achseln und wechselte das Thema.
»Wir brauchen ein Foto Ihres Bruders, und zwar ein möglichst aktuelles.«
Simons erhob sich schwerfällig. »Ganz wie Sie meinen.«
Sie folgten ihm ins Wohnzimmer, wo er sich an einigen Schubladen zu schaffen machte. Schließlich zog er einen Umschlag hervor, blätterte den Stapel Aufnahmen durch, der sich darin befand, und reichte Rita eine. »Hier. Ist schon vier oder fünf Jahre alt. Was Neueres habe ich nicht.«
Rita warf einen Blick auf das Bild, auf dem ein unrasierter, braungebrannter Mann mit einem blonden Zopf zu sehen war. »Trägt er die Haare immer noch so lang?«
Simons schüttelte den Kopf.
Sie steckte das Bild ein.
»Falls Ihr Bruder auftaucht oder Sie etwas von ihm hören«, sagte der Kommissar, »dann erwarte ich, dass Sie uns das mitteilen.« Er marschierte ohne ein weiteres Wort aus dem Zimmer. Rita Schmitt zögerte, dann folgte sie ihrem Kollegen. An der Tür hielt sie abrupt inne und drehte sich noch einmal um. »Was haben Sie eigentlich für eine Schuhgröße?«
Simons hielt ihr den Fuß hin. »Dreiundvierzig. Sie können gern nachsehen.« Rita beugte sich vor und entzifferte die Nummer, die auf der Unterseite des Schuhs eingestanzt war. »Tragen Sie manchmal auch Turnschuhe?«
»Nur zum Sport.«
»Und Ihr Bruder?«
»Fragen Sie ihn doch selbst.«
Rita Schmitt verschränkte die Arme.
Simons zuckte die Schultern. »Ich weiß es nicht genau, ehrlich. Aber ich glaube, er hat kleinere Füße als ich.«
Rita Schmitt nickte und verließ die Küche. Halverstett wartete an der Wohnungstür.
»Hätten wir ihn nicht mit aufs Präsidium nehmen sollen?«, fragte sie ihn im Treppenhaus. »Der weiß doch was. Früher oder später hätte er bestimmt ausgepackt.«
»Nein. Wir lassen ihn observieren. Ich bin mir sicher, dass sein Bruder Kontakt zu ihm aufnimmt. Wenn das nicht sowieso schon längst geschehen ist. Er wird uns zu ihm führen.« Er zog die Haustür auf. »Und wir fahren jetzt zu Frau Sandmann. Ich habe das Gefühl, dass sie unserer etwas schnippischen Kollegin Ruth Wiechert nicht die ganze Geschichte erzählt hat.«
15
Katrin lehnte sich erschöpft zurück. »Ich kann wirklich nicht mehr, Frau Wiese. Drei Stück Kuchen sind das Äußerste, was ich schaffe.«
»Agathe, Kindchen, Sie sollen mich doch Agathe nennen.«
»Gut, Agathe. Ich bin satt.«
»Verstanden.« Die alte Frau schob den Kuchenteller beiseite und warf einen Blick auf die dritte Person im Raum. »Und, was sagst du, Elli? Habe ich dir zu viel versprochen? Flips ist wieder da, und das gesund und munter. Hab ich dir doch gleich gesagt, dass unsere Katrin das schafft.«
Elfriede Thürnissen grinste und zwinkerte Katrin zu. »Jetzt willst du also die Lorbeeren ernten?«, warf sie ihrer Freundin Agathe mit gespielter Empörung vor. »Wessen Idee war es denn, Frau Sandmann zu engagieren? Und wer hat sich geziert wie ’ne alte Jungfer auf dem Feuerwehrball? Wer hat gemeint, man könne der viel beschäftigten, jungen Frau so was nicht zumuten? Die hätte
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