Katrin Sandmann 04 - Blutsonne
Kollegen gemacht. Wir haben uns von dem Tag seiner Ermordung an nach hinten vorgearbeitet. Die betreffende Akte lag auf meinem Schreibtisch. Ich war gerade bis zum Mai vergangenen Jahres gekommen. Da war der Fall ›Carina Lennard ‹ noch nicht dabei. Binder hat im vergangenen Jahr Hunderte von Anzeigen bearbeitet, und wir waren einfach zu wenige Leute für die vielen Akten.«
»Dann hätten Sie Unterstürzung anfordern sollen.« Halverstett fixierte sie aufgebracht. Dann riss er sich zusammen. »Okay. Diesen Kerl sehen wir uns genauer an. Das könnte unser Mann sein. Wissen Sie, wo wir ihn finden?«
Ruth Wiechert nickte. »Er heißt Benedikt Simons und wohnt im Augenblick bei seinem Bruder. Bankstraße. Das ist in Derendorf . Brauchen wir das SEK?«
Halverstett zögerte kurz, dann schüttelte er den Kopf. »Nein. Ich denke, das wird nicht nötig sein.« Er wandte sich an Georg Müller, einen älteren Kollegen, der die Akte führte. »Wenn ich zurückkomme, möchte ich alle wichtigen Spuren auf meinem Schreibtisch haben. Die alte Akte von Binder über diesen Simons. Die Sache mit dem Geländewagen. Alles. Sorgst du dafür?«
Müller nickte. »Ist so gut wie erledigt.«
Halverstett marschierte aus dem Raum. Mirko Erlanger sah Daniel Steinmeier an. »Und wir dürfen uns jetzt diese miefigen Mietakten ansehen. Na toll.«
Ruth Wiechert, die dabei war, mit fahrigen Händen ihre Unterlagen zusammenzuschieben , blickte auf. »Denken Sie dran, der Mann heißt Benedikt Simons. Vielleicht stoßen Sie ja auf den Namen.«
»Ja. Aber vielleicht stoßen wir auch auf den Weihnachtsmann. Man weiß ja nie.« Erlanger schnappte sich die beiden Ordner und stürmte aus der Tür. Daniel Steinmeier stand auf. »Nehmen Sie’s nicht persönlich. Er meint es nicht so.« Dann verschwand auch er.
Ruth Wiechert blieb allein zurück. Einen Augenblick lang stand sie reglos vor ihrem Tisch. Nur ihre Finger zitterten. Halverstett musste sie für eine Idiotin halten. Dabei hätte sie ihm so gern gezeigt, wie viel sie drauf hatte. Viel mehr als diese alberne Möchtegerndetektivin, auf die er so große Stücke hielt. Im Grunde waren doch alle Männer gleich. Wenn eine Frau jung war und ein hübsches Gesicht hatte, konnte sie sich alles erlauben. Egal wie bescheuert es war. Aber eine wie sie, die nicht so attraktiv war, wurde einfach nicht wahrgenommen, da konnte sie so viel leisten, wie sie wollte. Doch wehe, sie machte einen Fehler. Das übersahen sie natürlich nicht.
Ruth griff nach den Papieren. Anstatt sich zu grämen, sollte sie froh sein, dass sie so glimpflich davongekommen war. Wenn sie die Aussage dieser Katrin Sandmann ernster genommen hätte, dann wäre Benedikt Simons bereits gestern verhaftet worden. Der Gedanke versetzte ihr einen Faustschlag in die Magengrube. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn er in der letzten Nacht erneut zugeschlagen hätte.
*
Die Tür schwang auf. »Kriminalpolizei. Wir suchen Benedikt Simons.«
Der Mann riss erstaunt die Augen auf. »Was ist los?« Er hob die Hände, als er die gezogenen Waffen sah.
Mehrere Beamte schoben sich an ihm vorbei in die Wohnung und durchsuchten alle Räume. Klaus Halverstett und Rita Schmitt blieben vor dem Mann stehen. »Sind Sie Benedikt Simons?«
»Ich heiße Marc Simons. Benedikt ist mein Bruder. Er ist nicht da. Ich weiß nicht, wo er steckt.«
»Können Sie das irgendwie beweisen?«
Der Mann zögerte. Dann deutete er mit dem Kopf auf eine Jacke, die an der Garderobe hing. »Da ist mein Führerschein drin.«
Rita Schmitt griff in die Tasche. Sie warf einen kurzen Blick auf das Foto, dann zeigte sie es Halverstett . Der nickte. »In Ordnung, Herr Simons. Sie können die Hände runternehmen . Wir müssen mit Ihnen reden.«
Simons führte sie in die Küche. Wortlos setzte er sich an den Tisch und verschränkte die Arme. Hauptkommissar Halverstett zog den Stuhl zu sich heran, auf dem Katrin eine Stunde zuvor gesessen hatte. »Und Sie wissen wirklich nicht, wo Ihr Bruder steckt?« Er fixierte sein Gegenüber skeptisch.
Simons schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung. Und ich weiß auch nicht, was der Zirkus hier soll.« Er blickte in Richtung der Beamten, die seine Wohnung nach Benedikt durchsucht hatten und jetzt im Begriff waren, sich unverrichteter Dinge wieder zu verziehen. »Ist es etwa wegen der alten Geschichte? Die Frau hat die Anzeige zurückgezogen. Sie war in Benedikt verknallt und wollte ihm eins auswischen, weil er nichts von
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