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Katrin Sandmann 04 - Blutsonne

Katrin Sandmann 04 - Blutsonne

Titel: Katrin Sandmann 04 - Blutsonne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Klewe
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würde er mir helfen, dabei war ich nur seinetwegen überhaupt in dieser beschissenen Lage!« Seine Worte waren schwer zu verstehen, kaum mehr als ein Flüstern, gedämpft durch die Hände, die er nicht vom Gesicht nahm. »Ich habe die ganze Zeit gedacht, dass diese Frau mir eins auswischen wollte. Doch in Wahrheit hat Marc –« Er stockte.
    Katrin setzte sich auf die Couch und legte ihre Hand auf sein Knie. Die Wärme war aus ihrem Magen gewichen, stattdessen pochte es in ihren Schläfen, und ein stechender Schmerz lähmte ihren Nacken, als sie daran dachte, wie sie mit Marc in seinem Wohnzimmer gesessen und Sekt getrunken hatte. Wie naiv sie gewesen war! »Er hat uns alle getäuscht«, sagte sie. »Doch das ist jetzt vorbei. Wir müssen mit der Polizei reden.«
    Benedikt nahm die Hände vom Gesicht. Seine Augen waren feucht. »Er ist verschwunden.«
    Katrin nickte, was ihr ein erneutes Stechen in den Nacken jagte. »Umso wichtiger, dass die Polizei so schnell wie möglich erfährt, dass sie nach dem Falschen fahndet.«
    Benedikt seufzte. »Ich weiß nicht, ob ich das kann. Er ist mein Bruder.«
    »Er hat fünf Menschen getötet.«
    Benedikt zuckte zusammen und starrte Katrin an. »Fünf?«
    »Gestern hat die Polizei einen Mann exhumieren lassen, der schon vor drei Wochen starb. Es sieht so aus, als sei der Marcs erstes Opfer gewesen.«
    Benedikt stöhnte auf. »Oh, mein Gott.«
    »Begreifen Sie jetzt? Wir müssen schnell handeln. Er könnte jederzeit wieder zuschlagen.«
    Benedikt nickte bedächtig, doch er rührte sich nicht.
    Katrin fasste mit der Hand an ihren schmerzenden Nacken. Ihr Magen bäumte sich gegen den Alkohol auf, und etwas Watteähnliches machte sich in ihrem Kopf breit. Am liebsten hätte sie sich auf der Stelle schlafen gelegt.
    Benedikt sah sie fragend an. »Alles in Ordnung?«
    »Nur ein steifer Nacken. Stress, nehme ich an.«
    »Lassen Sie mal sehen.« Er stand auf. »Legen Sie sich hin, auf den Bauch.«
    Katrin zögerte. Bilder schwammen in ihrem Kopf herum, doch sie waren unscharf. Silkes tränenverschmiertes Gesicht. Annika Lennard mit der zerschlissenen Feenpuppe im Arm. Der tote Karl Binder am Schillerplatz mit der lila verfärbten Zunge im Mundwinkel. Die Bilder drehten sich. Sie spürte, wie sie sanft auf das Sofa gedrückt wurde. Hände streiften ihr die Jacke von den Schultern, glitten unter ihren Pullover, strichen über ihren schmerzenden Nacken. Dann wurde es dunkel.

17

     
    »Eins, zwei, drei, vier. Siehst du? Ich weiß genau, welche Karten zusammengehören. Ist ja auch babyleicht. Willst du mitspielen?« Jule Simons sah Halverstett mit großen Augen an. Doch bevor der antworten konnte, schaltete sich ihre Mutter ein. » Julchen , gehst du bitte rauf in dein Zimmer, ja? Wir spielen nachher noch was zusammen, aber jetzt muss die Mama sich mit diesen Leuten unterhalten, das ist ganz wichtig.«
    »Ich will aber hierbleiben . Außerdem habe ich das Spiel noch nicht fertig.«
    »Du gehst jetzt bitte in dein Zimmer.«
    »Nein.«
    »Sofort!« Natalie Simons’ Stimme klang schrill. Nur mühsam behielt sie die Beherrschung.
    »Ihre Eltern sind nicht zu Hause?«, fragte Rita Schmitt.
    »Sie sind auf einer Feier. Der siebzigste Geburtstag von einem Freund. Irgendwo bei Stuttgart. Sie wollten eigentlich nicht hinfahren. Aber ich habe nicht zugelassen, dass sie meinetwegen zu Hause bleiben. Morgen Nachmittag kommen sie wieder.« Sie wandte sich erneut ihrer Tochter zu. »Und du gehst jetzt hoch.«
    »Ich will aber nicht.«
    Energisch packte Natalie Simons Jules Arm und zog sie vom Stuhl. Das Kind kreischte laut auf. »Au, Mami, du tust mir weh.« Jule strampelte und schrie, als ihre Mutter sie aus dem Zimmer trug.
    Halverstett warf Rita einen Blick zu, die sich auf den frei gewordenen Stuhl setzte und nickte. »Die ist mit den Nerven am Ende.«
    »Kein Wunder.« Halverstett blieb stehen und musterte die Blumenbeete vor dem Fenster. Er versuchte, sich vorzustellen, wie es sich anfühlen musste, wenn das eigene Heim zum Gefängnis wurde. Zur Falle. Ob Natalie Simons überhaupt noch aus dem Haus ging?
    Oben krachte laut eine Tür. Jule schrie immer noch wie am Spieß. Dazwischen hörte man Natalie Simons hysterisch brüllen. Rita sprang auf. »Soll ich mal nachsehen?«
    Doch Halverstett hielt sie zurück. »Das macht sie nur noch nervöser. Warten wir lieber.«
    Es dauerte fast zehn Minuten, bis die junge Frau zurück ins Wohnzimmer kam. Ihre Haare waren zerzaust, und ihr Kopf war hochrot.

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