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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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hat man es in der Provinz nirgendwo leicht, wissen Sie.«
    »Das kann ich mir vorstellen, in New York, Paris oder London hätten Sie’s wahrscheinlich einfacher«, sagte ich. Und dachte: ›Das kann ich mir vorstellen, ich habe so manchen Jünger von Stil und gutem Geschmack schon die Straßen fegen und Taxi fahren sehen‹.
    Harry fühlte sich geschmeichelt, dass ich ihn mir ohne Wimpernzucken in New York, Paris oder London vorstellen konnte. Dafür erntete ich einen warmen, dankbaren Blick. Und ein Kussmündchen, diesmal ganz ohne Puster.
    »Sie sind aber auch nicht von hier, sonst hätte ich Sie bestimmt schon mal gesehen.«
    »Ich komme aus München.«
    »Ach, das ist ja interessant. Jaaa, München ... da habe ich meine Lehre gemacht.«
    Harry spreizte die Finger beider Hände wie ein Pianist kurz vor dem beherzten Griff des ersten Akkords, langte schließlich, derart gelockert und bereit zur Tat, nach Kamm und Schere und – legte los. Man konnte sagen, was man wollte, aber er arbeitete nicht nur »nass«, sondern auch schnell und gezielt, nassforsch quasi.
    »Und was hat Sie von München hierher in unser schönes Rosenheim verschlagen?«, fragte er so nebenbei, wie es seine Neugier zuließ.
    »Bin beruflich hier. Journalist. Ich recherchiere für eine Personality-Geschichte über eine ehemalige Pruttingerin – Maria Bunzenbichler. Ehrlich gesagt hatte ich gehofft, hier bei Ihnen vielleicht ein paar Hintergrundinfos über sie zu bekommen. Aber Sie kennen sie wahrscheinlich gar nicht, was? Nein, bestimmt nicht, dazu sind Sie viel zu jung.«
    »Nicht ganz so jung, wie ich aussehe. Habe mich eben gut gehalten, ha, ha, ha! Allerdings kenne ich Maria Bunzenbichler leider wirklich nicht. Jedenfalls nicht persönlich.«
    »Hmm. Aber bei Ihnen geht doch bestimmt ganz Rosenheim ein und aus – vielleicht hätten Sie einen kleinen Tipp, an wen ich mich wenden könnte? Würde mir sehr helfen.«
    Harry grinste mein Ebenbild im Spiegel verschmitzt an.
    »Freilich! Wir Figaros haben immer gute Ratschläge parat, wenn man uns danach fragt. Manchmal sogar, obwohl man uns nicht danach fragt, ha, ha! Aber im Ernst: Ich habe sogar gleich zwei gute Tipps für Sie. Erstens sollten Sie mal mit Hubert Haunerdinger sprechen. Der ›Hubsi‹ ist schon seit ewigen Zeiten Lokalredakteur vom Rosenheimer Tagblatt. Was Hubsi nicht weiß, das ist auch nicht passiert. Sein Büro finden Sie schräg gegenüber auf der anderen Straßenseite, gar nicht zu verfehlen. Ja, und zweitens habe ich da jemanden für Sie, der die Bunzenbichlers sehr gut gekannt hat – meine Großmutter. Ich kann sie gerne mal anrufen, wenn Sie möchten, sie wohnt hier im Haus, direkt über dem Salon.«
    »Das wäre wirklich ungeheuer nett von Ihnen!«
    »Mach’ ich doch gerne. Augenblickchen bitte!«
    Harry legte Kamm und Schere beiseite, nestelte sein Handy aus der engen Hosentasche, wählte mit flinken Friseurfingerchen eine Nummer und säuselte ins Telefon: »Hallo Omilein, mei, könntest du so lieb sein und für ein Momentchen zu mir herunterkommen? Hier ist ein Kunde, der hätte gerne eine Auskunft von dir! Ja? Ach, das ist aber ganz lieb von dir! Bis gleiheich!«
    Harry beendete das Gespräch mit einem energischen Druck des abgespreizten kleinen Fingers auf die kleine, kleine Taste seines Handys und nahm die Arbeit an meinem Schädel wieder auf.
    »München ...«, seufzte er, »... war wirklich eine schöne Zeit. Wissen Sie, ich bin ja eigentlich nur wegen Omilein zurück nach Rosenheim gekommen.«
    »Ach.«
    »Das war vor vier Jahren, als mein Großvater starb ...«
    »Ach.«
    »... nach seinem Tod stellte sich heraus, dass er gar nichts für seine Altersvorsorge getan hatte. Das heißt, er hatte schon etwas getan, aber nach und nach alles wieder auflösen müssen. Der Laden hier lief nämlich nicht mehr besonders gut, aber das hatte er sich wohl nicht eingestehen wollen.«
    »Ach.«
    »Na ja, wie das halt so ist mit den alten Herren. Auf jeden Fall habe ich mich für Omilein verantwortlich gefühlt. Schließlich bin ich bei ihr aufgewachsen, seit meine Eltern tot sind. Ziemlich früh gestorben, als ich noch klein war, wissen Sie. Damals hatte ich niemanden außer ihr und meinen Opa. Und jetzt hat sie niemanden mehr außer mir. Deshalb kann ich sie doch nicht einfach im Stich lassen mit ihrer mickrigen Rente. Ganz schön sentimental und altmodisch für die heutige Zeit, gelt?«
    »Gar nicht. Ich find’s eher ganz schön großartig.«
    Harry strahlte.
    »So bin

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