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KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition)

Titel: KATZ oder Lügen haben schlanke Beine (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Zipfel
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Hintergrund die Berge, grün und grau und groß, mit ihren gleißend hellen Gipfeln, auf denen der vergangene Winter dem kommenden Sommer hier und da noch mal seine eiskalte Zunge herausstreckte.
    Angelehnt an die Motorhaube meines Volvos stand ich am Straßenrand hoch über dem See, aß eine weiche Semmel mit lauwarmem Leberkäse und wäre glatt bereit gewesen, für diesen Anblick Eintrittsgeld zu zahlen. Was aber gar nicht nötig war, denn bis auf Weiteres durfte man das alles ganz umsonst betrachten. Das rührte mich.
    Mit dem letzten Bissen im Hals, der sich standhaft weigerte, den Rest der Reise in den Magen anzutreten, setzte ich mich wieder hinters Steuer und machte mich auf den Weg zu Jüjüs Sanatorium. In der Innentasche meines Sakkos knisterte noch immer meine noch nicht beglichene Rechnung, ein starkes Argument, nicht zu sehr herumzutrödeln.
    Vor der Klinik stellte ich meinen Wagen neben Jüjüs Porsche ab. Ich stieg aus und ging einmal um das knallrote Flachmobil herum. »Carrera« stand hinten drauf. Erinnerte mich an meine Kinderzeit, als ich auch noch so schönes Spielzeug hatte.
    Ich spähte durch die Seitenscheibe. Auf dem Beifahrersitz lag ein Aktenkoffer, groß genug, um Wichtigkeit zu demonstrieren, und klein genug, um unpraktisch zu sein. Und dann auch noch aus braunem Krokodilleder! Ich hatte zwar im Allgemeinen und überhaupt für Krokodile nicht viel übrig, ganz im Gegenteil. Trotzdem hatten sie es nicht verdient, zu solch albernen Aktenköfferchen verarbeitet zu werden. Wenn man es genau nahm, eigentlich auch ein Fall für ELVIS. Vielleicht wartete der Reptilienkoffer aber auch mit dieser stoischen, in Jahrmillionen gereiften Echsengeduld darauf, dass jemand an das feuerrote Wasserloch, das sich »Carrera« nannte, trat, würde dann nicht einmal mit einem seiner Schnappverschlüsse blinzeln, bis das Opfer in seine Reichweite geriete, um dann plötzlich hervorzuschnellen, es zu packen, mit blitzschnellen Drehungen um die eigene Achse in die Tiefe des Fahrgastraums zu zerren und dann portionsweise zu verschlingen. Geschähe dem Eindringling recht und wäre mit einem täuschend echten Imitat aus Kunstleder nicht passiert.
    Auf dem Aktenkoffer stand der Humidor aus Jüjüs Büro. Das gab mir zu denken: Wenn ein Mann seine Zigarren samt Humidor in Sicherheit bringt, dann ist etwas im Busch! Das ist eine Erfahrung aus dem Schatzkästchen meiner Privaterkenntnisse, auf die Verlass ist, auch wenn sie noch keinen Eingang in die Kriminalpsychologie gefunden haben. Das ist aber mit den meisten meiner Erkenntnisse so und schert mich auch nicht weiter.
    Im Fußraum auf der Beifahrerseite stand ein Paar brauner Schuhe, farblich passend zum Aktenköfferchen und – aus Krokodilleder! Vielleicht warteten sie genau wie die Aktentasche darauf ... na, ja, jedenfalls sah das verdammt nach baldigem Aufbruch aus, deshalb eilte ich unverzüglich auf den Eingang zu.
    Hinter dem Empfangstresen saß Honigmelönchen. Das freute mich. Nachdem sie mich beim Chef telefonisch angemeldet hatte, pinselte sie mir die Ohren aus mit sirupsüßem Nektar und trug dann, auf dem Weg zu Jüjüs Büro, ihre strammen Melönchen aufs Aparteste neben mir her. Wenn’s nach mir gegangen wäre, hätte ich jetzt ohne Weiteres einen kleinen Umweg akzeptiert. Vielleicht ein Mal rund um den Starnberger See oder so. Aber sie bevorzugte den direkten Weg. Schade!
    Dr. Hans-Jürgen Lappé saß hinter seinem Schreibtisch, der mir noch aufgeräumter vorkam als bei meinen letzten Besuchen, dem offiziellen wie dem inoffiziellen. Genau genommen war er eigentlich nicht aufgeräumter, sondern leerer – kein Computer, kein Papier, kein Stift, keinerlei Unterlagen, keine Büroutensilien, nichts. Und auch Jüjü selbst kam mir verändert vor: nervöser, fahriger, abwesender, irgendwie bedeutend älter und längst nicht so souverän wie letztes Mal. Er deutete mit einer müden Handbewegung auf einen der Besucherstühle vor ihm, und ich nahm Platz. Heute also kein gemütlicher Plausch in der Sitzecke. Na ja, war nicht so schlimm, denn das Einzige, was mich an dieser Sitzecke reizte, lag jetzt sowieso auf dem Beifahrersitz seines Porsches.
    »Sie haben Glück, dass Sie mich noch erwischen, Herr Katz. Ich bin gerade auf dem Sprung zu einem wichtigen Kongress. Jede Menge Arbeit, jede Menge Vorbereitung. Deshalb habe ich auch nicht viel Zeit. Ich wäre Ihnen also dankbar, wenn wir gleich zur Sache kommen könnten.«
    »Selbstverständlich! Ich wollte Ihnen

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