Katzen jagen nachts
nicht so, wie Sie sich das denken...«
»Wieso hat es dann so lange gedauert?«
Belder räusperte sich. »Eine frühere Bekannte, eine gewisse Dolly Cornish, hat mich besucht. Sie freute sich, mich wiederzusehen. Das beruhte ganz auf Gegenseitigkeit... Sie hatte sich meine Adresse aus dem Telefonbuch herausgesucht, und als ihr Weg sie in die Stadt führte, kam sie bei mir vorbei. Sie wußte ja nicht, daß ich noch verheiratet war.«
»Noch? Sie betonen das so...«
»Wir waren vor meiner Heirat ziemlich gut befreundet.«
»Da war sie von dem Wechsel Ihres Familienstandes sicher nicht begeistert.«
»Sie hat dann ein oder zwei Wochen danach selber geheiratet.«
»Aber trotzdem war sie über Ihre Heirat nicht begeistert?«
»Ich weiß nicht. Ich habe sie nicht danach gefragt.«
Sellers nahm die Zigarre aus dem Mund und sah Belder scharf an.
»Weichen Sie nicht aus!«
»Nein. Sie war nicht begeistert«, antwortete Belder widerwillig.
»Was wollte sie eigentlich hier?«
»Sie hat sich von ihrem Mann getrennt. Sie — sie wollte mich wiedersehen.«
»Und Sie haben sich natürlich die Gelegenheit nicht entgehen lassen?«
»Ich — ich habe mich auch über das Wiedersehen gefreut.«
»Haben Sie sich geküßt?«
»Ja.«
»Mehr als einmal?«
»Vielleicht. Aber das war auch alles. Ein Kuß und... Mein Gott, das ist doch kein Verbrechen. Man freut sich eben, alte Bekannte wiederzutreffen.«
»Haben Sie sich dann mit ihr verabredet?«
»Nein.«
»Haben Sie ihr gesagt, daß Sie noch verheiratet waren?«
»Ja.«
»Hat sie Ihnen ihre Adresse gegeben?«
»Ja.«
»Wo wohnt sie?«
» Locklear Apartments.«
»Sind Sie dort gewesen?«
»Nein.«
»Haben Sie bei ihr angerufen?«
»Nein.«
»Hatte sie Sie darum gebeten?«
»Nicht direkt. Sie hat mir nur gesagt, wo sie wohnt.«
»Wo hat sie gesessen?«
Belder machte ein verblüfftes Gesicht. »Wie bitte?«
»Als sie hier war, meine ich.«
»Ach so... Da drüben, wo jetzt Mrs. Cool sitzt.«
»Schauen Sie mal aus dem Fenster, Bertha, und sagen Sie mir, welche Fenster des gegenüberliegenden Hauses Sie sehen können.«
»Also, jetzt kapiere ich gar nichts mehr«, sagte Belder. »Was hat das mit unserem Fall zu tun?«
Sergeant Sellers erklärte mit ungewohnter Langmut: »Die Person, die den zweiten Brief geschrieben hat, muß gesehen haben, was sich bei Dollys Besuch hier im Büro abgespielt hat. Die Straße ist nicht sehr breit. Aus einem der gegenüberliegenden Fenster kann man direkt hier hineinsehen.«
Belder runzelte Die Stirn. Dann strahlte er auf. »Das ist eine glänzende Idee. Sie glauben also, die Person hat mich von gegenüber belauert?«
»Lassen wir doch diese Faxen«, sagte Bertha. »Die Lösung liegt näher. Nämlich hier im Büro.«
Sellers winkte ihr, den Mund zu halten. Dann änderte er seine Taktik.
»Zurück zu dem Brief. Wer aus Ihrem Bekanntenkreis kann von Dollys Besuch erfahren haben?«
»Niemand.«
»Wie steht’s mit Ihrer Sekretärin?«
»Sie glaubt, Dolly Cornish war geschäftlich bei mir.«
»Um welche Zeit kam sie?«
»So genau weiß ich das nicht mehr... Warten Sie mal... Ja, also, es muß schon am späteren Nachmittag gewesen sein.«
»Holen Sie Ihre Sekretärin her!« befahl Sellers.
Belder gehorchte.
Als Imogene Dearborne Sekunden später erschien, überfiel Sellers sie sofort mit der Frage: »Um welche Zeit ist Dolly Cornish am Montag hier gewesen?«
»Einen Moment bitte. Ich will mal in meinem Kalender nachschauen.«
»War sie denn angemeldet?«
»Nein.«
»Meinetwegen, schauen Sie nach.«
Imogene blätterte in dem dickleibigen Terminkalender. »Mrs. Cornish kam am Montag um zwei Uhr zwanzig. Sie blieb bis drei Uhr fünfzehn.«
»Kannten Sie die Frau?«
»Nein.«
»Wissen Sie, was sie wollte?«
»Nein. Mr. Belder sagte, ich sollte die Beratung nicht berechnen.«
Sellers legte den Kopf nach hinten. »Wie sah sie aus?«
»Blond, gute Figur, attraktiv, noch jung, aber sie wirkte etwas — wie soll ich sagen —, ja, fast intrigant. So der Typ: >Was ich will, bekomme ich auch<.«
»Jetzt werden Sie unfair, Miss Dearborne«, ließ sich Belder vernehmen.
»Sie halten sich da raus«, fertigte Sellers ihn ab. »Sie sagte, sie wollte Mr. Belder sprechen?«
»Ja.«
»Und Sie fragten, ob sie angemeldet sei?«
»Ja.«
»Daß Belder über mehr Zeit verfügt, als ihm lieb ist, dürfte kein Geheimnis sein«, sagte Sellers. »Die Vorzimmerschau ziehen Sie doch nur ab, um den spärlichen Besuchern zu
Weitere Kostenlose Bücher