Katzen jagen nachts
annehmen.«
»Aber könnten Sie denn die Besitzverhältnisse irgendwie ändern?«
»Ist das nicht sonnenklar?« sagte Bertha. »Ein Mörder kann niemals die Erbschaft seines Opfers antreten, ob nun ein Testament vorliegt oder nicht. Und jetzt setz deine Schreibmaschine in Gang, damit wir einen betriebsamen Eindruck machen, und ich werde mir da drinnen eine große Scheibe von dem schönen Kuchen abschneiden.«
Bertha straffte die Schultern, hob das Kinn, und das gewohnte Selbstvertrauen kehrte in ihr Gesicht zurück. »Ich weiß, was Donald tun würde, Elsie. Er würde uns den Auftrag verschaffen — auf Beteiligungsbasis. Dann würde er mit Hilfe des Beweisstückes, das ich gefunden habe, Everett Belder des Mordes überführen, das Vermögen Mrs. Goldring zu Füßen legen und seinen Anteil einstreichen. Stell dir vor, Elsie, vielleicht schinden wir zehn Prozent raus. Wenn das Vermögen fünfundsiebzigtausend Dollar ausmacht, gibt das... Also... Na, jedenfalls höre ich es schon in unserer Kasse klimpern.«
Elsie nickte. »Ja, für Donald wäre es ein Festessen. Obendrein würde er dafür sorgen, daß Sellers ihm ewig dankbar sein müßte.«
Berthas Augen glitzerten entschlossen. »Und genauso mache ich es auch.«
Elsie schien nicht ganz überzeugt.
»Ich werde euch allen mal zeigen, was Verkaufstechnik ist«, meinte Bertha. »Ich werde diese Frau nach allen Regeln der Psychologie so lange bearbeiten, bis sie mir den Auftrag auf Beteiligungsbasis gibt und mich nicht mit einem lächerlichen Tagegeld abspeist. Taktvoll, aber entschlossen. Bertha hat auch eine diplomatische Ader, das wirst du schon sehen.«
Sie griff sich wahllos ein paar Briefe von Elsies Schreibtisch, zog eine wichtige Miene, räusperte sich, betrat ihr Zimmer und klappte die Tür hinter sich zu. Dann lächelte sie die Besucherinnen aufmunternd an.
Sie ließ sich schwungvoll auf dem protestierenden Drehstuhl nieder, schob die Papiere auf dem Schreibtisch beiseite und legte die Briefe aus der Hand.
»Ich weiß, daß Wort bei einem so schwerwiegenden Verlust kaum Trost bringen können. Trotzdem möchte ich Ihnen mein tiefempfundenes Beileid aussprechen.«
»Vielen Dank«, sagte Mrs. Goldring tonlos.
Carlotta nahm den unterbrochenen Gesprächsfaden wieder auf. »Es ist etwas Schreckliches geschehen, Mrs. Cool. Mutter ist am Ende ihrer Kräfte. Nach Mabels so plötzlichem tragischem Tod ist es fast zuviel für ihre Nerven...
»Ach, meine Liebe, was liegt schon an mir«, sagte Mrs. Goldring schwach.
Carlotta fuhr ungerührt fort: »Zunächst möchte ich Sie fragen, Mrs. Cool, ob es zutrifft, daß Everett Belder alle Verbindungen zu Ihnen abgebrochen hat. Sie arbeiten nicht mehr in seinem Auftrag und sind nicht mehr verpflichtet, Informationen an ihn weiterzugeben. Bin ich richtig informiert?«
»Völlig richtig«, sagte Bertha, grimmig. »Seiner Meinung nach habe ich den Auftrag verpatzt, und er hat mich abgeschoben. Na, ich hin nicht böse darüber.«
»Wir müssen natürlich sehr vorsichtig sein«, fuhr Carlotta fort. »Direkte Anschuldigungen können wir bei dem augenblicklichen Stand der Untersuchungen nicht machen. Aber wenn wir hier unter sechs Augen miteinander sprechen, darf ich wohl voraussetzen, daß wir uns verstehen.«
Bertha nickte.
»Wir wollen nichts riskieren«, sagte Carlotta eilig. »Sie verstehen schon... Everetts Sekretärin hat Sie wegen Verleumdung angezeigt.«
»Mir ging es nur um die Aufklärung des Falles«, schnaubte Bertha. »Und diese verdammte — ehrenwerte Dame rennt gleich zum Anwalt!«
»Ich kann Ihnen nachfühlen, wie Ihnen zumute war, Mrs. Cool. Sagten Sie ehrenwert?«
»Mein Anwalt meint, sie ist eine ehrenwerte junge Dame — jedenfalls bis nach der Verhandlung.«
»Also, ich finde«, sagte Carlotta energisch, »sie ist ein ganz durchtriebenes...«
Mrs. Goldring hustete.
»Na ja«, schloß Carlotta etwas lahm, »jedenfalls freue ich mich, daß sie nicht mehr Everetts Sekretärin ist. Sie hatte immer so eine penetrant vertrauliche, besitzergreifende Art. Als ob das Büro ihr gehörte.«
»Sie schien sich ihrer Attraktivität immer sehr bewußt zu sein.« Mrs. Goldring mimte glaubhaft die abgeklärte Frau jenseits von Gut und Böse. »Sie war aufreizend. Sexuell aufreizend in ihrer Art.«
»Mutter ist sehr angegriffen«, sagte Carlotta. »Lassen Sie mich sprechen.«
Bertha sah Carlotta an.
Es war erstaunlich, wie das Mädchen sich in dieser Krise plötzlich in den Vordergrund geschoben hatte,
Weitere Kostenlose Bücher