Katzen, Killer und Kakteen
Aufeinem anderen war Cassie an einen Pfahl gebunden und gerade im Begriff, verbrannt zu werden. Das Holz reichte ihr bis zu den Hüften. Zumindest sind ihre Beine bedeckt, dachte Penelope. Das letzte Photo zeigte Cassie, wie sie über einem Mann in einem Zaubererkostüm gebeugt stand und ihm das Schwert an den Hals hielt. Anscheinend war der Zauberer der Schurke, und die Amazonenprinzessin hatte gesiegt.
»Ich hoffe, wir haben noch was Popcorn übrig, Mikey. Das wird bestimmt ein richtiger Heuler. Ich kann es kaum abwarten, ihn Laney zu zeigen. Sie kann dann Zauberer und Amazone spielen. Wally, der Zauberer. Was für ein Anblick.«
Penelope lachte und lachte, bis Mycroft zu ihr herüberkam, um besorgt seine Schnauze an ihrer Wange zu reiben.
»Mir geht es gut, Mikey«, sagte sie und hielt sich die Seite, obwohl sie immer noch fast vor Lachen erstickte. »Also wirklich.«
Mycroft war sich gar nicht so sicher, daß es seiner Freundin und Mentorin wirklich gutging. Deshalb folgte er ihr zum Stall, was er sowieso getan hätte, und blieb ihr dicht auf den Fersen.
Chardonnay schnaubte, blähte die Nüstern und aß ihre Pfefferminzbonbons. Als Penelope Chars Essen zubereitete, ließ sie Mycroft, der wie der Osterhase persönlich aussah, im Stich, um mit den Kaninchen zu spielen, die sich am Rand des Lichtkegels versammelt hatten und auf ihre Portion warteten.
Die jüngeren Kaninchen beobachteten Mycroft, wie er sich langsam und verstohlen anpirschte und dann einen plötzlichen Vorstoß unternahm. Die kleinen Kaninchen, die dem Kater die ganze Zeit schon zugesehen hatten, sprangen einfach senkrecht in die Luft, schlugen einen Haken und landeten hinter Mycroft auf dem Boden. Dieses Spiel erfreute alle Beteiligten.
Big Mike war der geborene Jäger, und er konnte sie natürlich fangen, wenn er wollte, aber er vermied das, seit er einmal ein Kaninchen zu Penelope nach Hause getrieben hatte. Seine Trophäe vorzuzeigen war ja noch ganz in Ordnung gewesen, denn Penelope schien mit seinem Können bei der Jagd zufrieden zu sein. Aber dann hatte ihn das Kaninchen ins Herz geschlossen und war ihm nicht mehr von der Seite gewichen. Es hatte ihn beim Essen belästigt und alle Leber-Crunchies weggefressen, und als Mycroft angewidert ins Bett gestürmt war, war es ihm gefolgt, hatte sich an ihn gekuschelt, glücklich mit der Nase gezuckt und das ganze Bett für sich eingenommen. Am nächsten Morgen hatte Mycroft das Kaninchen gleich als erstes aus dem Haus gejagt und ihm deutlich zu verstehen gegeben, daß es sich in Zukunft mit Karotten und Salat begnügen mußte.
Penelope gab Chardonnay ihr Futter und widmete sich dann den Kaninchen. Sie versuchte stets, den Wildkaninchen Karotten und Salat zu bringen, aber das hatte sie die Nacht zuvor bei all der Aufregung vergessen. Heute nacht wollte sie ihr Versäumnis wiedergutmachen und hatte eine Extraportion mitgebracht, die sie nun gleichmäßig auf dem Rasenstück um den Rasensprenger herum verteilte. Die Wildkaninchen rannten vor ihr weg und hüpften dann scheu ins Licht zurück, um an den Delikatessen zu knabbern.
Mycroft wollte nun sein eigenes Abendessen und führte Penelope ungeduldig den mondbeschienenen Pfad zum Haus hinauf.
Nachdem sie zu Abend gegessen und das Geschirr gespült hatten, das Popcorn fertig war und sie den Film in den Videorecorder geschoben hatten, kletterte Mycroft in seine Wanne – auch bekannt unter der Bezeichnung »Penelopes Schoß« – und nahm ein langes und gemütliches Bad. Dabei ignorierte er Die Amazonenprinzessin und das Schwert der Verdammnis völlig. Arme Stormy. Mycroft war wirklich ein ziemlich strenger Kritiker.
Der Film war ein wenig verwirrend. Cassie spielte Prinzessin Leogfrith, die den Auftrag hatte, ein gestohlenes Schwert zurückzuholen, das magische Kräfte besaß. Kaum hatte Prinzessin Leogfrith das Schwert in der Hand, mähte sie gleich ganze Armeen von unfähigen Söldnern nieder, die im Dienst des Zauberers standen.
In den Händen des Zauberers diente das Schwert scheinbar nur dazu, die sowieso schon knappe Bekleidung der Amazonentruppe von Prinzessin Leogfrith zu entfernen. Offensichtlich war die Prinzessin die einzige Amazone, die während der Handlung nicht ihre Brüste entblößte. Und das, obwohl sie die meiste Zeit damit verbrachte, sich in irgendwelche Flüsse zu stürzen, um dann wieder aufzutauchen und dramatisch stehenzubleiben, während die Kamera das Amulett in Großaufnahme zeigte, das sie um den Hals trug. Da das
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