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Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Katzenbach: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Katzenbach: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Isabel Morf
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haben nichts mehr von ihr gehört seitdem.«
    »Worum ging
es bei dem Streit?«
    Stefan schaltete
sich ein. »Es ging um Luzia. Sie wollte, dass wir sie in ein Heim geben.«
    »Und sie
meinte, dass ich ihr diese Krankheit vererbt habe«, fügte Nadine bei. Sie sagte
es müde, ohne Empörung, ohne Zorn.
    »Darauf
habe ich sie gebeten zu gehen«, ergänzte Stefan. »Es kann nicht sein, dass sie gestern
einen Überraschungsbesuch machen wollte. So waren die Verhältnisse nicht.«
    Elmer beschrieb
die alte Frau Attinger so, wie sie es von Frau Kösch gehört hatte.
    »Ja, so
sieht sie aus«, sagte Stefan. »Aber ich kann es mir nicht vorstellen, dass sie hergekommen
ist.«
    »Weiß sie
schon von dem Unglück?«, fragte Zita Elmer. Sie brachte es nicht über sich, das
Wort ›Tötungsdelikt‹ in den Mund zu nehmen.
    »Ich werde
sie heute anrufen«, sagte Attinger.
    Streiff
ließ sich ihre Adresse geben. Dann verließen sie die unglückliche Familie.
     
    »Was steht heute Nachmittag an?«,
fragte Elmer.
    »Sprich
du nochmals mit der Sozialarbeiterin von Lieselotte Bär«, sagte Streiff. »Die Frau
muss doch irgendwo sein. Vielleicht hat Heiniger doch noch eine Idee. Und sonst
wende dich an die Heimatgemeinde der Frau. Die werden dir die Adresse der Verwandten
geben. Vielleicht hat diese Tante eine Idee, wo sich ihre Nichte aufhalten könnte.
Ich habe mich beim Kinderarzt von Attingers angemeldet. Ich will etwas mehr wissen
über diese Krankheit, oder was es ist, und darüber, was die Mutter für einen Eindruck
auf den Arzt gemacht hat. Kurz vor fünf treffen wir uns zur Medienkonferenz.« Es
war nicht üblich, vor Abschluss eines Falls eine Medienkonferenz durchzuführen.
Aber auf die dürre Pressemitteilung hin, ein toter Säugling sei in einem Bach in
Zürich-Nord gefunden worden und die Polizei suche Zeugen, war die Pressestelle von
Anfragen überflutet worden. Ein getötetes Baby – das versprach süffige Geschichten
und Schlagzeilen. Deshalb war beschlossen worden, eine Medienorientierung durchzuführen
und einige Informationen herauszugeben.
    »Wollen
wir sagen, dass das Baby unter dieser Anomalie gelitten hat?«, fragte Zita.
    »Keinesfalls.
Wenn wir es tun, sind die Zeitungen morgen voll mit irgendwelchen Monsterzeichnungen.
Das widert mich jetzt schon an.«
    »Ja«, stimmte
Elmer zu. »Nötig wäre es nur, wenn das Kind vermisst wäre.«
    Streiff
nickte. »Mal schauen, was wir ihnen zum Fraß vorwerfen müssen.«
    Streiff
schätzte die Medien nicht besonders. Es war ihm zwar durchaus bewusst, dass es nützlich
wäre, sich mit ihnen gutzustellen, und es gab auch einige Journalisten, die er akzeptierte,
weil sie sachlich berichteten, auf reißerische Übertreibungen und mediale Hetzjagden
verzichteten. Aber die wurden immer seltener. Die Gratiszeitungen lebten von fetten
Schlagzeilen, hochgekochten Sensationen und unscharfen Fotos, und die anderen Zeitungen
mussten nachziehen, um nicht unterzugehen. Streiff war bei den Medienleuten zwar
respektiert, aber nicht sonderlich beliebt. Er wusste vor einer Medienkonferenz
genau, wie viel er sagen würde, und es gelang auch dem findigsten Pressevertreter
mit den geschicktesten Fragen nicht, mehr aus ihm herauszuholen. Auf dumme Fragen
antwortete er mit beißendem Sarkasmus, was ihm den Ruf eingetragen hatte, arrogant
zu sein. Es gab auch ein, zwei Journalisten, die er prinzipiell nie grüßte.
    Das allerdings
hatte einen besonderen Grund, den zu verbergen Streiff alles getan hätte. Es war
ihm weit lieber, arrogant zu erscheinen. Beat Streiff litt nämlich unter einer zum
Glück nur milden Form von Prosopagnosie. Da hieß, er konnte sich manche Gesichter
nicht merken. Auch wenn er sie mehrmals gesehen hatte, waren sie ihm das nächste
Mal wieder völlig unbekannt. Diese Schwäche war sein sorgsam gehütetes Geheimnis.
Er trickste sich durch, indem er sich Gang, Bewegungen, Stimme und Kleidungsstil
der Leute einprägte. Einzig Valerie hatte er sich vor zwei Jahren anvertraut, weil
ihm damals beinahe ein Mörder entschlüpft war, da er den Mann nicht wiedererkannt
hatte. Damals hatte ihm Valerie mit einer zufälligen Bemerkung auf die Sprünge geholfen.
Es war eine Zeit gewesen, in der ihre Beziehung in einer Krise gesteckt hatte, und
sein Geständnis hatte dazu beigetragen, das Vertrauen und die Nähe zwischen ihnen
wiederherzustellen. Aber wenn die Medienleute erfahren hätten, dass in Streiffs
Hirn eine kleine Schaltstelle nur ungenügend funktionierte, hätten sie ihn

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