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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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Sachmet von dir erwartet? Ein blindwütig heranpreschender Stier ist für sie doch kein wirklicher Gegner. In diesem Zustand könnte sie dich nach Belieben wie eine willenlose Marionette im Takt ihrer ›Muleta‹ tanzen lassen.
    Entschlossen presste ich die Lippen zusammen. Nun gut , dachte ich. Die ersten beiden Runden gehen an dich, aber den Krieg hast du noch längst nicht gewonnen. Sei dir deiner Sache nur nicht zu sicher, verdammte Katze.
    Während ich die Tür wieder ins Schloss zog, brütete ich bereits über einer möglichen Taktik.
    Bastet besaß in erster Linie Macht über meine Gefühle. Sollte mein Kampf auch nur die geringste Aussicht auf Erfolg haben, so musste diese Schwachstelle wirksam gesichert werden. Mit Schaudern erinnerte ich mich daran, was Sachmet Joy angetan hatte. Das ganze Zimmer war mit dem Blut der Lektorin besudelt gewesen. Ich erinnerte mich an den Ekel und die Panik, die dieses Bild damals bei mir ausgelöst hatte. Und dennoch war es Bastet gelungen, mich zu verklären. Vor meinen Augen hatte sie sich von einem Monster in eine anbetungswürdige ›Mater dolorosa‹ verwandelt. Der Tatort eines schrecklichen Mordes hatte eine vollkommen andere Bedeutung erhalten; er war zur Leidensstation einer Heiligen geworden.
    Langsam schlenderte ich zurück in mein Büro. Noch immer konnte ich nicht ganz verstehen, wie schnell Bastet mich damals dazu gebracht hatte, den Tod eines Menschen als notwendiges Übel zu akzeptieren.
    Ich blieb stehen und betrachtete die verzerrte Grimasse eines grinsenden Dämons. Sein kahler, gehörnter Schädel, Teile seiner Schultern und Arme sowie ein unförmiges Pferdebein schienen sich allmählich aus dem Stein des Reliefs herauslösen zu wollen. Im weit geöffneten Mund der Kreatur ragten zwei überlange, spitze Schneidezähne fast herab bis zur Unterlippe.
    Vielleicht ging alles so einfach, weil du daran glauben wolltest , dachte ich missmutig. Der Gargoyle schien mir hämisch zuzustimmen.
    »Verdammt«, fluchte ich laut, »diesmal wirst du mich aber nicht bezirzen. Diesmal nicht!« Angewidert wandte ich meinen Blick von der Steintafel ab. Irgendwie musste ich mich vor Bastets hypnotischer Aura schützen. Doch wie? Ich konnte wohl schlecht mit geschlossenen Augen oder einem glänzenden Schild wie Perseus gegen Medusa an sie herantreten.
    In Gedanken versunken betrat ich das Arbeitszimmer. Vielleicht setzt du auch nur an der falschen Stelle an , überlegte ich. Mit großer Wahrscheinlichkeit gab es überhaupt keine Abwehr gegen die Suggestivkraft der göttlichen Katze. Dieses Risiko musste ich wohl in Kauf nehmen. Ich konnte allerdings dafür sorgen, dass ich nicht alleine über Sieg oder Niederlage entschied. Es musste eine Maschinerie in Bewegung gesetzt werden, die ganz eigenständig Jagd auf Sachmet machen würde. Einmal aktiviert, sollte sie sich jeglicher Kontrolle entziehen und unerbittlich ihr Ziel verfolgen.
    Ich musste nicht lange überlegen. Für diese Aufgabe gab es nur eine Lösung. Sofort eilte ich zum Schreibtisch und begann in Papierstapeln und Zettelkästen zu wühlen. Das augenscheinliche Chaos enthüllte sich – wie so oft – als gut strukturiert; innerhalb nur weniger Sekunden hatte ich das hellblaue Kärtchen gefunden.
    ›Abraham C. Friedlander‹, las ich. ›County Sheriff‹ – Riverside County-Police Department‹. Ich seufzte. Nur zu gerne hätte ich darauf verzichtet, einen Außenstehenden zwischen mich und Sachmet treten zu lassen. Trotz aller Gräuel erschien es mir falsch, wenn Mias Geheimnis an die breite Öffentlichkeit gezerrt würde. Zumindest der lieblichen Katze in ihr gestand ich ein Mindestmaß an Würde zu. Noch viel bedeutsamer aber war es, dass Sachmets blutigem Treiben endlich ein Ende gesetzt wurde.
    Mein eigener Wille war stark, stärker als jemals zuvor; dennoch konnte ich nicht mit Gewissheit sagen, ob er Sachmets Sirenenklängen gewachsen war. Wenn ich erneut versagte, würde Rosalie bald in Vergessenheit geraten. Und mit ihr jede, die nach ihr kommen würde.
    Diese Aussicht ließ mir keine andere Wahl. Ich musste die Polizei einschalten; somit war immerhin gewährleistet, dass Sachmet nicht mehr nur gegen einzelne Menschen, sondern von nun an gegen eine ganze Institution ankämpfen musste. Jeder Cop in Kalifornien würde Mias Foto kennen. Fernsehsender und Zeitungen würden vor ihr warnen. Ohne Zweifel verfügte die Löwengöttin über Fähigkeiten und Kräfte, die den Horizont eines Menschen bei Weitem

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