Katzendaemmerung
ihnen gesehen habe?«
»Ja … ich weiß, es klingt völlig verrückt … aber … sie hat Joy getötet … ohne jeden Zweifel.«
»Seltsam«, murmelte der Sheriff, »aber war der Name ihrer Freundin nicht Linda oder Lindsay?«
Ich zuckte schmerzhaft zusammen. Verdammt! , fluchte ich innerlich. Friedlanders ach so schwaches Gedächtnis hatte meinen ersten groben Schnitzer bereits bloßgelegt. »Ja, Sie haben recht, ihr Name ist Lindsay. Mia ist nur ein … eine Art Kosename.«
»Hhmmh, meinetwegen … Was macht Sie denn so sicher, dass Ihre Freundin ein Verbrechen begangen hat? Was für Beweise haben Sie?«
Ich zögerte. In meiner Hektik hatte ich ganz vergessen, mir eine plausible Geschichte auszudenken. Meine Gedanken überschlugen sich. Was durfte ich preisgeben? Auf welche Weise musste ich die Fakten verdrehen, um noch halbwegs glaubwürdig zu erscheinen? Ich durfte mir keinen weiteren Fehler mehr erlauben.
»Hören Sie gut zu, junger Mann«, schnaufte Friedlander am anderen Ende, »meine Geduld kennt Grenzen. Sie holen mich hier am frühen Morgen unter der Dusche hervor, erzählen mir eine abstruse Geschichte von Mord und Totschlag und nun sind Sie nicht einmal dazu in der Lage, Ihren verrückten Verdacht auch zu begründen. Schlafen Sie ihren Rausch aus und rufen Sie mich bloß nicht wieder an!«
»Halt! Warten Sie!«, schrie ich. »Ich bin nicht betrunken oder was immer Sie glauben. Es … es ist nur schwierig, die Sache zu erklären.« Mit einem Mal war die Geschichte in meinem Kopf. Ich wusste nur nicht, ob sie auch wasserdicht war; für eine entsprechende Überprüfung fehlte mir aber leider die Zeit.
»Sie erinnern sich ja an die vielen Katzenskulpturen«, begann ich. »Natascha, meine frühere Freundin, hatte sie von zahlreichen archäologischen Grabungen aus Ägypten mitgebracht. Heute Nacht habe ich nun die Tür zu einem geheimen Zimmer entdeckt. Kerzen brannten dort. Es war eine Art Schrein. Ein Altar für die Katzengöttin Bastet. Ich nehme an, dass Natascha diesen Tempel schon vor Jahren eingerichtet hat; bislang hatte ich davon jedoch keine Ahnung. Die Kerzen und andere Dinge bewiesen mir, dass Mia – ich meine Lindsay – den geheimen Schrein schon seit Langem kennen muss. Der alte Kult hat sie offenbar fasziniert. Ich weiß nicht warum … aber ohne dass ich es ahnte, ist sie zu einer Götzendienerin geworden. Lindsay huldigt Bastet und Sachmet. Sie … sie muss sich immer stärker mit den Katzen- und Löwenwesen identifiziert haben … und dabei ihren Verstand verloren haben. Lindsay ist wahnsinnig geworden. Sie … sie tötet für ihre Götter, verstehen Sie? Sie bringt Menschenopfer dar.«
»Wollen Sie damit tatsächlich behaupten, Miss McMillian sei im Namen einer ägyptischen Gottheit getötet worden? Von ihrer kleinen Freundin?« Die Stimme des Sheriffs klang äußerst skeptisch.
»Sie müssen mir einfach glauben«, stöhnte ich verzweifelt. »Ich drehe noch durch in dieser Wohnung, begreifen Sie das? Irgendjemand muss Lindsay aufhalten. Wenn Sie es nicht tun, dann werde ich eben …«
»Nun mal ganz ruhig, Trait«, mischte sich Friedlander ein. »Sie werden erst einmal gar nichts tun. Wo genau befindet sich ihre Freundin jetzt?«
»Ich weiß es nicht genau«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich glaube aber, dass sie gerade dabei ist, ein weiteres Mädchen zu töten.«
»Waaaas?«, dröhnte es in meinem Ohr. »Was haben Sie da eben gesagt? Mädchen? Welches Mädchen?«
In groben Zügen erzählte ich ihm von Rosalie und ihrem plötzlichen Verschwinden. Über die Rolle, die ich bei der Sache gespielt hatte, verlor ich natürlich kein Wort. Dafür aber verwandelte ich das einzige kleine Indiz in den blutgetränkten Boden eines Schlachtfeldes.
»Blut … Blut …«, wiederholte ich immer wieder. »Das ganze Bett … überall ist Rosalies Blut.«
Endlich schien der Sheriff seine Zweifel überwunden zu haben. »Okay, okay«, bemerkte er hörbar angespannt. »Sie werden jetzt genau das tun, was ich Ihnen sage, Mr. Trait … Thomas, okay?«
»Ja, okay.«
»Gut … dann versuchen Sie erst einmal kräftig durchzuatmen, um wieder klar denken zu können. Okay?«
»Ich … ich versuch’s.«
»Also, Thomas, wenn ich die Menge Blut bedenke, von der Sie mir erzählt haben, so dürfte für diese Rosalie kaum mehr eine Chance bestehen. Ich weiß, es klingt schlimm, aber davon müssen wir leider ausgehen. Haben Sie wirklich nicht die geringste Ahnung, wohin Ihre Freundin mit Rosalie
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