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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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beiden Händen versuchte er vergeblich, die spinnenartigen Krallen zu lockern. Unweit seiner zuckenden Füße entdeckte ich eine nutzlos gewordene Pistole am Boden.
    Achs grüne ausdruckslose Lippen waren das Einzige, was ich unter der hochgeschlagenen Kapuze erkennen konnte. Lediglich ihr bodenlanger goldschimmernder Umhang wies eine Besonderheit auf. Genau dort, wo sich ihr linker Busen unter dem Stoff abzeichnete, entdeckte ich zwei kleine, kreisrunde Löcher. Friedlander hatte sehr genau gezielt. Vergeblich, wie man sah. Wie hätte er auch ahnen können, dass er einem Spuk gegenüberstand?
     
    Es dauerte nur zwei Herzschläge, bis ich alle Einzelheiten in mich aufgenommen hatte. Und plötzlich überschlugen sich die Ereignisse.
    Achs Kopf zuckt; schwarze libellenumsäumte Augen fixieren mich. Friedlander röchelt. Achs Arm mit dem Sistrum schwingt nach hinten. Ich drücke mich von der Wand ab und laufe los. Grüne Lippen formen ein winziges Lächeln. Das Sistrum saust nach vorn.
    Ich mache einen ersten Schritt.
    »Lass’ ihn los!«, schreie ich.
    Ein zweiter Schritt.
    Mein Herz rast. Die grünen Lippen lachen.
    Ein dritter Schritt.
    Die Rassel trifft Friedlanders Stirn. Ein widerlich dumpfes Geräusch.
    Ich springe.
    Die Füße des Sheriffs zucken nicht mehr. Ein grüner Strich. Meine rechte Faust ballt sich. Friedlanders Körper sackt zu Boden.
    Mein Schlag wird abgefangen. Spitze gelbe Nägel bohren sich in mein Fleisch.
    Mein freier linker Arm wirbelt herum. Die Hand streift zufällig Achs Stirn.
    Ein Schrei. Von mir oder von ihr? Die Kapuze verrutscht. Über ihrem rechten Auge.
    Eine rote Schramme.
    Blut.
    Blut? Aber sie ist doch ein Geist. Ich zögere.
    Zu lange!
    Mein Körper wird gepackt und wie ein Bündel Wäsche durch den Korridor geschleudert …
     
    Krachend schlug ich zuerst gegen die Wand und dann auf den Boden. In meinem Inneren explodierte ein Feuerwerk aus Schmerzen. Obwohl ich tief einatmete, schienen sich meine Lungen kaum mit Luft füllen zu wollen. Zudem machte sich ein Stechen in der Brust bemerkbar. Je tiefer ich einatmete, umso stärker wurde es. Schnell wechselte ich zu einem flachen Hecheln über. Wie es aussah, hatten eine oder mehrere Rippen meinen Flug nicht gut vertragen.
    Mein Kopf dröhnte. Ich musste erst mehrmals blinzeln, bis ich wieder ein halbwegs klares Bild von meiner Umgebung hatte.
    Ach beugte sich gerade über Friedlander und zog den leblosen Körper an der Wand nach oben. Mit schief gelegtem Kopf betrachtete sie aufmerksam ihr Opfer. Als Waffen dienten ihr jetzt nur noch ihre gelb gefärbten Krallen.
    Mit dem messerscharfen Nagel ihres Zeigefingers fuhr sie nun beinahe sanft über Stirn, Wangen und Hals des Sheriffs. Wie ein verrückter Chirurg fügte sie Friedlander dabei unzählige kleine Schnitte zu, die sofort heftig zu bluten anfingen. Sie zerschnitt ihn bei lebendigem Leibe. Als ich sah, mit welchem Genuss sie sich immer wieder ihre Finger ableckte, drehte sich mir der Magen um.
    »Hör’ auf damit«, protestierte ich schwach. Selbst beim Sprechen peinigten mich winzige Nadelstiche. »Hör’ auf! Er hat nichts damit zu tun!« Ach warf mir nur einen hämischen Blick zu und fuhr dann ungerührt mit ihrer Behandlung fort. »Es ist genug«, murmelte ich vor mich hin. »Nicht auch noch Friedlander.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen drückte ich mich langsam in den Stand. Zu mehr war ich jedoch vorerst nicht fähig. Schwarze und leuchtend weiße Sterne tanzten vor meinen Augen. Meine zittrigen Knie konnten meinen Körper kaum aufrecht halten. Der Korridor schwankte wie ein Schiff bei Orkan. Als sich das heftige Rollen zu einem leichten Schlingern abgeschwächt hatte, wagte ich einen ersten Schritt. Ich hatte das Gefühl, als balancierte ich auf Stelzen, aber es gelang. Langsam schlurfend steuerte ich auf Ach zu. Die blutgierige Bestie nahm mich erst zur Kenntnis, als ich bis auf Armlänge an sie herangekommen war. Ein gefälliges Grinsen verzog ihre rot verschmierten Lippen. »Hast du noch immer nicht deine Lektion gelernt, du elender Narr?«
    Nur mit aller Kraft konnte ich mich dazu zwingen, meine Augen von Friedlanders entstelltem Antlitz abzuwenden. »Warum quälst du diesen Mann?«, fragte ich sie. »Er hat dir nichts getan.«
    »Nichts?«, empörte sich Ach. »Und was ist damit?« Bei diesen Worten zeigte ihr feucht glänzender Spinnenfinger auf die Einschusslöcher in ihrem Umhang. »Dieser unwürdige Sterbliche war gar so töricht zu glauben, er könne mich

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