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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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zurück, nachdem sie die Menschen in der Wüste getötet hatte. Da sagte Re zu dieser Göttin: ›Sei willkommen, Sachmet!‹ Die Göttin antwortete: ›Bei deinem Leben; ich bin mächtig unter den Menschen gewesen, das freut mein Herz.‹ Nacht für Nacht watete Sachmet nun im Blute derer, die sie niedergemetzelt hatte. – Da fürchtete Re, dass Sachmet am nächsten Tage die Menschen ganz vernichten würde und sprach: ›Rufe mir doch schnell eilende Boten, die wie ein Schatten laufen und selbst den Wind überholen.‹ Augenblicklich brachte man ihm solche Boten, und die Majestät dieses Gottes sagte zu ihnen: ›Eilt nach Elephantine und bringt mir sehr viel Mandragora.‹ Dieses Mandragora – auch als Alraune bekannt – übergab der Gott dem mit der Flechte zu Heliopolis, und dieser Gott mahlte es. Als dies geschehen war, mischte Re das Mandragora mit etwas Menschenblut von denen, die Sachmet geschlagen hatte. Währenddessen hatten Dienerinnen aus On fleißig Bier aus Gerste hergestellt, in welches Re diese Mixtur schüttete. Man machte siebentausend Krüge Bier und die Majestät des Königs Re kam mit diesen Göttern, um dieses Bier zu besehen. – Als der Morgen anbrach, wo diese Göttin die Menschen töten wollte, sagte er: ›Ich werde die Menschen vor ihr schützen … tragt es doch zu dem Orte, wo sie die Menschen töten will.‹ – Das tat man und goss das Bier dort aus, bis die Felder vier Spannen hoch überflutet waren. Am Morgen zog Sachmet aus und fand es überflutet; da spiegelte sich ihr Gesicht schön darin. Da trank sie davon, und es schmeckte ihr. Und betrunken kehrte sie heim und erkannte die Menschen nicht.
     
    Seit dieser Zeit feierten die Menschen jedes Jahr das ›Fest der Besänftigung Sachmets‹; ein exzessives Bacchanal, welches am Erscheinungstag des Sirius begangen wurde. Nur ein Zufall? Nein, denn auch das ›Fest der Eröffnung Bastets‹ fällt in denselben Zeitraum. Vom Neumond des griechischen Monats Payni an versammelten sich wahre Völkerscharen in Bubastis, um Bastet fünf Tage lang zu huldigen.
    Drei Feste, die zufällig alle am Neujahrstag gefeiert wurden? Wohl kaum. Doch wo liegt der Zusammenhang? Mittlerweile weiß ich, dass nicht nur ›Repit‹ und ›Nesert‹ Beinamen der Sachmet sind, sondern auch ›Werethekau‹! In einem anderen Text stieß ich auf ein weiteres Indiz: Dort wird Bastet als ›Herrin der Sothis‹ bezeichnet. ›Sothis‹ ist aber nichts anderes als die ägyptische Bezeichnung für den Hundsstern.
    Der 19. Juli scheint also überdeutlich mit Bastet und Sachmet verknüpft zu sein; welche Rollen aber spielen dabei Attiya, Amr Karim und die Bubasiten? In sieben Tagen werde ich es wohl wissen …
     
    Blatchfords Neugier wurde allerdings auf eine harte Probe gestellt. Attiya und ihre koptische Gemeinde weigerte sich ganz offensichtlich, die alten Bräuche und Riten publik zu machen. Am Tag vor Damiyats Weihe eröffnete ›die hohe Frau der Bubasiten‹ ihrem Mann ein höchst erstaunliches Gesetz. Als Julius Blatchford davon erfuhr, erreichte sein ohnehin schon labiler Gemütszustand endgültig den Siedepunkt. Seine Wut spiegelt sich auch deutlich im Schriftbild wider; die exakten, schon kaligrafisch anmutenden Zeilen werden plötzlich von aggressiven, heftig geführten Strichen unterbrochen. Vieles ist nur schwer zu entziffern. An einigen Stellen wurde die Feder so stark aufgesetzt, dass sie das Papier durchstieß. Die Sprache des Textes spricht für sich:
     
    18. Juli: Diese Verrückten! Wer gibt ihnen eigentlich das Recht, uns derart abfällig zu behandeln? Diese verbohrten Fanatiker! Vier Wochen, einen ganzen Monat, habe ich länger in dieser heißen braun-grünen Einöde ausgeharrt, nur wegen Damiyats Weihe. Und jetzt das! Ich kann es einfach nicht glauben, aber mein Onkel und ich dürfen nicht an der Zeremonie teilnehmen. Nicht einmal er, als ihr leiblicher Vater! Attiya hat es ihrem Mann erst in der vergangenen Nacht erzählt. Nach den strengen Gesetzen ihres Ordens dürfen bei jenem Ritus angeblich neben Mutter und Tochter nur zwei weitere Priester im Allerheiligsten zugegen sein. Selbst die Bubasiten müssen währenddessen in der Vorhalle bleiben. Uns Europäern ist aber sogar generell der Zutritt zum Tempel verboten. Diese Heimlichkeiten belegen doch überdeutlich, dass es sich bei den Bubasiten um keine christlichen Kopten handeln kann. Man stelle sich das nur einmal vor: Eine anglikanische Firmung, bei der die Gemeinde ausgeschlossen wird!

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