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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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    Die Stunden vergingen, doch meine ganze Ausbeute bestand in brennenden Augen und einer wachsenden Frustration. Blatchfords meist sehr ausführliche Grabungs-Protokolle mochten durchaus ihre wissenschaftliche Berechtigung besitzen, für mich allerdings lasen sie sich so spannend wie das Telefonbuch von L.A. Auch mit noch so großer Energie konnte ich daraus keine versteckten Informationen gewinnen. Dennoch gab ich nicht auf. Mein Misserfolg spornte mich geradezu an. Wie ein überdrehter Bluthund, der hilflos kläffend in einem Bachbett herumlief, gierte auch ich danach, die Fährte wieder aufzunehmen.
    Doch nach welcher Fährte suchte ich überhaupt? Wollte ich etwa eine Bestätigung dafür, dass Mia auf irgendeine Weise mit Blatchfords Cousine verwandt war? Wohl kaum. Angesichts der Fülle von Indizien gab es da wohl keinen Zweifel. Ich hielt nach einer tieferen Wahrheit Ausschau. Wenn die kleine Damiyat und ihre Mutter Nataschas Vorfahren waren und nicht umsonst die Beinamen ›El-Werethekau‹ und ›Bint el-Werethekau‹ getragen hatten, dann musste doch auch schon in ihnen irgendwie der Geist von Bastet und Sachmet gelebt haben. Was ich in meiner Naivität nun zu finden hoffte, war eine Art allgemeingültiges Urteil über Attiya und Damiyat. Eine Bewertung, die ich dann auch auf Mia übertragen konnte. Blatchford sollte mir ganz einfach die Mühe einer Entscheidung abnehmen.
    Schwarz oder Weiß. Dämon oder Engel.
    Selbstverständlich bezog auch der junge Amerikaner keine eindeutige Stellung. Wie sollte er auch? Konnte man denn die Dämmerung bedenkenlos dem Tag oder der Nacht zuordnen? Und Bastet war ein Wesen der Dämmerung; zuweilen strahlende Sonne, doch dann wieder tiefste Finsternis. Die meiste Zeit über balancierte sie aber auf dem schmalen Pfad zwischen den Extremen.
    Es war grotesk und lächerlich zugleich. Für diese Erkenntnis hätte es nicht erst der Lektüre einer alten Ägypten-Expedition bedurft. Im Grunde bestätigte der Bericht lediglich meine Vermutungen. Mein eigenes Wissen.
    Wenn ich trotz allem beharrlich weiter las, so lag es daran, dass ich mich schlichtweg weigerte, dieses Wissen auch zu akzeptieren. Ich sah die Wunder um mich herum, und doch mangelte es mir an Glauben. Ähnlich wie Petrus hatte auch ich mich aufs Wasser hinaus gewagt, ganz im Vertrauen auf eine höhere Macht. Jetzt aber, da ich meiner wandelnden Führerin immer näher kam, musste ich feststellen, dass ich nicht einem, sondern zwei Wesen gefolgt war. Und diese neue Gestalt erfüllte mich mit Furcht. Wie schon zuvor den Jünger, so drohte auch mich diese Unsicherheit mit in die Tiefe zu reißen.
    Es war bereits früher Nachmittag, als es einem wohl vertrauten Geräusch endlich gelang, meine sinnlose Tätigkeit zu unterbrechen. Anfangs glaubte ich nur ein rostiges Scharnier zu hören, doch als ich genauer lauschte, gab es keinen Zweifel mehr. Es war das leise, aber beständige Miauen einer Katze.
    Überrascht zuckte ich zusammen. Schon seit Ewigkeiten schien ich diesen Laut nicht mehr vernommen zu haben. Ich stand auf und ging auf etwas unsicheren Beinen zum Fenster. Erst jetzt fiel mir auf, dass die Jalousie hochgezogen war. Seltsam. Ich konnte mich einfach nicht daran erinnern, wann ich zum letzten Mal dort hinausgesehen hatte. Außer in meinen Träumen.
    Das Miauen wurde eine Spur lauter. Langsam ließ ich meinen Blick über Mauerreste und Müllberge wandern, aber weder auf den mit Sonnenlicht gefleckten Backsteingipfeln, noch in den bereits stark verschatteten Tälern dazwischen war eine Spur von Leben auszumachen. Hatte ich mir alles nur eingebildet?
    Ein erneutes Miauen überzeugte mich vom Gegenteil. Sofort öffnete ich das Fenster und spähte hinaus. Und da war es. Das Tier saß direkt an der Hauswand auf dem schmalen gepflasterten Teil des Hinterhofes und schaute zu mir hinauf. Eine kleine schwarze Katze.
    »Na, wo drückt denn der Schuh?«, fragte ich sie. »Hunger oder Liebeskummer?«
    Die Streunerin legte den Kopf schief und musterte mich interessiert. Sie schien es aber nicht für nötig zu erachten, mir zu antworten. Nach einem letzten stummen Blick machte sie plötzlich kehrt und folgte mit eleganten Sprüngen einem unsichtbaren Pfad durch die Trümmer.
    Ich wollte mich schon kopfschüttelnd abwenden, als ich mit einem Mal erkannte, auf welchen Punkt das Tier zusteuerte. Der Traum , schoss es mir durch den Kopf. Schmerzhaft gruben sich meine Finger in den Fensterrahmen. Ich genoss das heiße

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