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Katzendaemmerung

Katzendaemmerung

Titel: Katzendaemmerung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Gordon Wolf
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Schmalgliedrige Finger legten sich auf meine Schultern und schüttelten mich. »Machen Sie ihre Augen auf, verdammt!«
    Ich dachte nicht daran; schon einmal hatte ich in diese grinsende, einäugige Fratze des Todes blicken müssen. Ich bezweifelte, ob ich eine Wiederholung verkraften würde.
    »Thomas! Heeeh Thomas!« Das Rütteln nahm an Stärke zu. »Wachen Sie doch endlich auf!«
    Aufwachen? Was meinte das Ding nur mit ›aufwachen‹? Ich grübelte noch über den Sinn der Worte nach, als mich plötzlich eine harte Ohrfeige traf.
    Es war nicht der Schmerz, eher die Überraschung, die mir den Atem raubte. Das Ding hatte gewonnen. Voller Verwirrung, Wut und Schrecken schrie ich auf … und öffnete die Augen.
    Der Bus und die Trümmerlandschaft waren verschwunden; stattdessen erkannte ich in einem schmalen Lichtstreifen vor mir die vagen Umrisse meines Büros. Ein Traum , dachte ich erleichtert. Es war wieder nur einer von diesen verrückten Träumen. Mit zittriger Hand wischte ich mir den unangenehm kühlen Schweiß von der Stirn. Wie lange noch? , fragte ich mich. Wie lange würde ich mich noch mit diesem nächtlichen Spuk herumschlagen müssen? Etwa für immer? Ein zynisches Lächeln umspielte meine Lippen. Oder würde der Wahnsinn zuvor gnädigerweise meinen Geist abstumpfen lassen? Wart’s doch einfach nur ab , dachte ich, meine rosige Zukunft wird es sicher bald zeigen.
    Ich wollte mich gerade seufzend auf die Couch zurücksinken lassen, als eine Frauengestalt im fahlen Gelb des Lichtbandes auftauchte. Ihre Haut schimmerte wie poliertes Mahagoni. Ich dachte nur an Flucht, aber meine Beine verweigerten mir den Gehorsam. Selbst meine Zunge schien wie gelähmt – die alte Angst hielt mich wieder in ihren Klauen.
    Als sich die Frau zu mir herunterbeugte, sah ich, dass sie bis auf ein kleines v-förmig geschnittenes Höschen unbekleidet war. Ich resignierte. Im Grunde machte es keinen Unterschied, ob ich schlief oder wachte. Das grässliche ›Joy-Ding‹ schien mir einfach überallhin zu folgen. Langes, dunkles Haar fiel auf meine Brust. »Sie … müssen mir helfen, Thomas.«
    Das Ding war mir nun wieder so nahe, dass ich seinen Atem spürte. Das Gesicht blieb aber auch weiterhin nur eine schattenhafte Maske.
    Ich ließ mich von der flehentlichen Stimme nicht verwirren. Während ich meinen Kopf immer schmerzhafter in den Nacken bog, suchte mein rechter Arm verzweifelt nach dem Deckenfluter, der hinter der Couch stand. Nur zu gerne hätte ich den Anblick dieses Zombies vermieden, vielleicht aber konnte das Licht den Spuk vertreiben. In meiner Situation musste ich jede noch so winzige Chance nutzen.
    Zwei Hände legten sich leicht auf meine Brust. »Thomas, was ist mit Ihnen. Warum sagen Sie nichts?«
    Endlich fanden meine Finger den Drehschalter.
    Als die Halogenlampe aufflammte, löste sich das ›Joy-Ding‹ tatsächlich auf … und verwandelte sich dafür in eine andere Gestalt.
    »Rosalie?!«, krächzte ich schrill. Ich wusste nicht, ob ich eher bestürzt oder erleichtert über ihr plötzliches Auftauchen sein sollte. Noch bevor ich aber meine eingerosteten Stimmbänder weiter einsetzen konnte, presste mir mein nächtlicher Besucher die Hand auf den Mund.
    »Um Himmels willen, schreien Sie doch nicht so laut. Natürlich bin ich es. Wen haben Sie denn erwartet? Dracula?« Trotz des Wisperns meinte ich, eine starke Anspannung aus ihren Worten heraushören zu können. Als ich stöhnend versuchte, meinen Mund zu öffnen, gaben mich ihre Finger nach kurzem Zögern frei. Die Hand blieb aber in unmittelbarer Nähe, um einen wiederholten Schrei meinerseits sofort ersticken zu können.
    »Machen Sie so etwas niemals wieder«, keuchte ich. »Sie haben mir eine Scheißangst eingejagt, wissen Sie das?« Da nun auch die Starre von mir abgefallen war, setzte ich mich auf und rückte, soweit es eben ging, zur Seite. Im hellen Licht der realen Welt wirkte Rosalies Nacktheit auf mich nicht minder beunruhigend, als ein blutiges Traum-Monster, wenn auch auf eine ganz andere Art.
    »Was haben Sie überhaupt hier verloren?«, fuhr ich sie an »Wissen Sie, wie spät es ist?« Ich warf einen kurzen Blick auf meine Uhr. »12 Minuten nach 3!«
    »Ich weiß, aber … aber ich brauche ihre Hilfe.«
    »Meine Hilfe? Nachts um halb vier? Ich hoffe nur, Sie haben dafür auch einen triftigen Grund; denn wenn nicht, werde ich auf der Stelle vergessen, jemals ein Gentleman gewesen zu sein.«
    »Es ist Mia«, stieß sie mühsam hervor. Mit

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