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Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
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Methodologie. Sogar Velázquez war auf diesem Auge blind. Kannst du dir vorstellen, dass er mit seinem ganzen technischen Rüstzeug und obwohl er mehrere Jahre in Italien verbracht hatte, die Grundgesetze der Perspektive nie wirklich beherrschte? Du selbst hast, wie du eben gesagt hast, eine juristische Ausbildung, aber anstatt wie ein Jurist zu handeln, auf die erwiesenen Tatsachen und die Glaubwürdigkeit der Zeugnisse achtend, denkst und handelst du wie ein Dichter. Heute ist es Mode zu sagen, die Dichtung sei eine Form der Erkenntnis, aber damit bin ich nicht einverstanden, wenigstens nicht in solchen Fragen. Im Gegenteil, ich glaube, wir müssen die Logik allem voranstellen, wenn wir uns nicht ins Chaos stürzen wollen. Wir müssen in einer Welt gegenläufiger Interessen zusammenleben, und das Zusammenleben gründet auf der kollektiven Einhaltung expliziter und für alle gleicher Regeln.»
    Er machte eine Pause und fügte, um den lehrerhaften Ton seiner Worte auszugleichen, lächelnd hinzu: «Ich fürchte, mit solchen Ideen könnte ich nie zu eurer Partei gehören.»
    «So viel verlange ich auch nicht von dir», antwortete Guillermo del Valle. «Ich bin nur gekommen, um dich um etwas Konkretes zu bitten. Warum gerade dich?, wirst du fragen. Ganz einfach: weil du Ausländer bist, eben angekommen und nur kurz hier, und das befreit dich von jeglicher Beziehung zum Motiv meiner Beunruhigung. Du hast keine Kontakte zur Falange noch zu anderen politischen Bewegungen. Und gleichzeitig halte ich dich für intelligent, aufrichtig und einen guten Menschen, und zudem meine ich zwischen José Antonio und dir einen Strom vom Sympathie und diese undefinierbare Harmonie wahrgenommen zu haben, die die Freundschaft zwischen Menschen unterschiedlicher, ja gegensätzlicher Gedanken und Temperamente zementiert.»
    «Kommen wir zur Sache. Was soll ich also tun?»
    «Sprich mit ihm. Ohne mich zu erwähnen, klar. Warne ihn. Der Chef ist sehr scharfsinnig und wird den Ernst der Lage sogleich erfassen.»
    «Oder mir Rizinus verabreichen lassen», sagte der Engländer. «Deine Intuitionen über meine Beziehung zu José Antonio sind so willkürlich wie deine Intuitionen zu allem anderen. Die politische Situation ist äußerst kompliziert; es ist überhaupt nichts Besonderes, wenn sich unter denen, die über Spaniens Zukunft zu entscheiden haben, Besorgnis und Zweifel breitmachen. Wenn sich in all die Verwirrung auch noch ein Ausländer einmischt und Ängste und Verdächtigungen sät, wird mich José Antonio nicht ernst nehmen oder dann für verrückt halten. Oder für einen Agent provocateur. Trotzdem», fügte er hinzu, als er auf dem kindlichen Gesicht seines Gesprächspartners die Enttäuschung sah, «werde ich versuchen, mit ihm zu reden, wenn sich eine günstige Gelegenheit ergibt. Mehr kann ich dir nicht versprechen.»
    Diese verschwommene Erklärung genügte, um die Züge des impulsiven Falangisten wieder aufzuhellen – er sprang vom Stuhl und drückte dem Engländer kräftig die Hand. «Ich wusste doch, dass ich auf dich zählen kann!», rief er. «Danke! Im Namen der Spanischen Falange und in meinem eigenen Namen, danke, Kamerad, und Gott behüte dich!»
    Anthony versuchte, den Gefühlserguss einzudämmen. Da er nicht die Absicht hatte, irgendetwas von dem Versprochenen zu unternehmen, und davon ausging, dass er das Land bald verlassen würde, legte sich die aufrichtige Dankbarkeit des jungen Mannes schwer auf sein Gewissen. Guillermo sah, dass es Zeit war, das Gespräch zu beenden, und in der von den Falangisten übernommenen militärischen Nüchternheit, die er im Gespräch seinem poetischen Temperament untergeordnet hatte, sagte er: «Ich halte dich nicht weiter auf. Nur noch eine letzte Bitte: Sag meinen Eltern nichts von dem, was ich dir erzählt habe. Auf Wiedersehen.»
    Sowie er gegangen war, stürzte Anthony zum Schrank. Beinahe erstickt vom Sauerstoffmangel, lag die Toñina leblos zwischen den Kleidern. Er nahm sie auf die Arme, legte sie aufs Bett, öffnete sperrangelweit das Fenster und verpasste ihr kräftige Ohrfeigen, bis ihm ein kaum hörbares Keuchen zeigte, dass das arme Kind noch in der Welt der Lebenden weilte. Erleichtert deckte er sie zu, zog den Mantel an und setzte sich zum Warten auf den Stuhl, wo der feurige Falangist versucht hatte, ihn in eine weitere Intrige zu verwickeln, wirklich oder eingebildet, aber ebenfalls wichtig für die Zukunft der Nation. Anthony war nach Madrid gekommen, um ein Bild zu

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