Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Katzenkrieg

Katzenkrieg

Titel: Katzenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Mendoza
Vom Netzwerk:
schnell wie möglich zum Abschluss zu bringen. Erst wenn er den Plänen seiner Feinde nicht mehr im Weg stünde, würden sie ihn in Ruhe lassen.
    Mit diesem vagen Trost beendete er seine Mahlzeit und machte sich auf den Heimweg. Nach rechts und links blickend, ging er schnellen Schrittes durch die belebten Straßen; ab und zu wandte er sich brüsk um, um rechtzeitig einem hinterhältigen Angriff zu begegnen. Er war sich durchaus bewusst, wie lächerlich er sich benahm, da er ja keine Ahnung hatte, wie ein möglicher Angreifer aussähe. In seiner überreizten Phantasie hatte er beschlossen, der Mörder gleiche George Raft, und jetzt versuchte er, unter den Passanten das Gesicht des Schauspielers und die adrette Erscheinung seiner Figuren auszumachen. Diese Verrücktheit lenkte ihn von der Angst ab, und mit dem Drang, sich im Hotel endlich zu waschen, zu rasieren und umzuziehen, ging er weiter – wenn er schon tragisch sterben musste, dann wenigstens in vorzeigbarer Form.
    Als er an den reichen Auslagen eines Lebensmittelgeschäfts vorbeikam, trat er ein und kaufte die verschiedensten Esswaren, da er sich nach dem Dunkelwerden nicht mehr auf die Straße begeben, sondern sich in seinem Zimmer einschließen und der Verfolgung trotzen wollte. In einer Bäckerei kaufte er Brot und in einer Taverne Wein. So ausgestattet, gelangte er unbehindert zum Hotel.
    Wie üblich bedachte ihn der Empfangschef mit einem vorwurfsvollen Blick, aufgrund seiner jämmerlichen Erscheinung ausnahmsweise gerechtfertigt. Doch in diesem Augenblick ließ den Engländer die Meinung des Nächsten kalt. Er grüßte frostig und streckte die Hand aus, um den Zimmerschlüssel entgegenzunehmen. Der Empfangschef gab ihn ihm und deutete gleichzeitig mit dem Blick auf einen Punkt hinter Anthony. Der drehte sich mit einem unterdrückten Schrei um. Doch was er sah, war kein Grund zur Beunruhigung.
    Auf einem Stuhl in der Eingangshalle schlief ein zerlumptes Mädchen. Anthony fragte den Empfangschef, was denn die Kleine mit ihm zu tun habe. «Das müssen Sie wissen», entgegnete der andere. «Sie ist gestern Nachmittag gekommen und hat nach Ihnen gefragt und sich dann nicht mehr weggerührt. Ich wollte eigentlich die Polizei rufen, aber dann dachte ich, mit denen haben Sie schon genug zu tun, so dass ich nicht noch Öl ins Feuer gießen wollte.»
    Anthony kauerte vor dem Mädchen nieder, um sein Gesicht zu sehen, und erkannte zu seiner großen Überraschung die Toñina. Als hätte sie im Traum seine Reaktion gespürt, schlug sie die Augen auf und schaute ihn dankbar an, und er schoss auf wie von der Tarantel gestochen. «Was machst du denn hier?»
    Lächelnd rieb sich die Toñina die Augen. «Higinio Zamora ist zu mir gekommen und hat gesagt, ich soll in dieses Hotel gehen, du wüsstest schon, warum. Er hat gesagt, wenn du nicht da bist, soll ich warten, bis du zurückkommst. Ich bin seit gestern da. Ich hab schon gedacht, du bist in dein Land zurückgefahren.»
    «Higinio Zamora hat dir gesagt, du sollst herkommen?», fragte Anthony. «Und hat er auch gesagt, wozu?»
    «Er hat gesagt, du nimmst mich mit nach England.»
    Bei diesen Worten deutete sie unter den Stuhl, wo Anthony konsterniert ein bunt verschlungenes Bündel erblickte.
    «Hör zu, Toñina», er versuchte, ruhig zu bleiben und sich in einfachen, klaren Worten auszudrücken, «ich weiß auch nicht, was dir Higinio Zamora alles erzählt hat, aber egal, es ist vollkommen aus der Luft gegriffen. Wir haben zwar gestern auf sein Drängen zusammen zu Mittag gegessen. Er war sehr erregt. Während des Essens hat er viel Unsinn verzapft, und ich wollte ihm nicht widersprechen, um seinen Zustand nicht noch schlimmer zu machen. Danach habe ich das Gespräch wegen wichtigerer Ereignisse vergessen. Im Übrigen war es gar nicht nötig, ein mögliches Missverständnis auszuräumen. Wenn Higinio Zamora aus meiner Zurückhaltung falsche Schlüsse gezogen hat, ist es sein Problem, nicht meins. Du verstehst mich doch, nicht wahr?»
    Die Toñina nickte. Beruhigt ging Anthony auf die Treppe zu. Auf der ersten Stufe drehte er sich um, um zu sehen, ob sie das Hotel verlassen hatte, und sah sie mitsamt ihrem Bündel dicht hinter sich. Entweder hatte sie bei der Erklärung nicht zugehört oder diese nicht begriffen, oder sie hatte sie zwar begriffen, aber nicht die Absicht, sie auf sich zu beziehen. Anthony sah, dass er energisch und eindeutig sein musste: Die einzige Lösung bestand darin, das Mädchen am Schopf zu

Weitere Kostenlose Bücher