Kau Dich gesund
wohlversorgte Verdauungskanal versieht alle wichtigen Organe mit dem nötigen Material, um jedes Individuum in der für ihn von der Natur vorgesehenen Weise zu modellieren.
Dr. von Borosini geht noch einen Schritt weiter:
»Und auch diejenigen, die sich schon bester Gesundheit zu erfreuen glauben, werden, wenn sie ihren Geschmackssinn richtig bedienen, neue Freuden im Leben finden, die sie früher nicht für möglich gehalten haben.«
»Essen ist Jagd nach Geschmackserlebnissen« , sagt Udo Pollmer. Wenn wir richtig kauen und ausschmecken, wird unser Geschmackserlebnis ein immer größeres Verlangen entwickeln nach dem reinen Lebensmittel. Unser Appetit verlangt dann ganz von selbst nach der Nahrung, die unser Körper benötigt. Meistens sind es ganz einfache Speisen.
Doch leider gibt es viele Negativbeispiele, wie verdorben unser Geschmacksinn mittlerweile ist, wie unser Geschmack pervertiert, wenn wir den Maßstab für guten Geschmack verloren bzw. nie erfahren haben. Udo Pollmer liefert ein besonders drastisches:
»Auch in unserem Lande können ähnliche Fehlanpassungen beobachtetwerden, beispielsweise bei der H-Milch. Nicht wenige Mitmenschen, vor allem Kinder, lehnen inzwischen frische, unbehandelte Milch mit dem Hinweis auf ihren ›seltsamen‹ Geschmack ab. Damit sind sie aber einer wichtigen Entscheidungshilfe zur Beurteilung eines Grundnahrungsmittel verlustig gegangen (…) Das entscheidende Problem moderner Säuglingskost liegt in ihrer geschmacksnivellierenden Wirkung. Früher bereiteten die Mütter den Brei jedesmal selbst zu (…) Heute greift man lieber zum pulverisierten Milchbrei und standartisierten Karottengläschen. Die computergesteuerten kontuinierlichen Fertigungstraßen sorgen dafür, daß jede Packung genauso schmeckt wie die andere. ›Garantiert gleichbleibende Qualität‹, heißt das in der Sprache der Werbung. Sie produzieren damit gewissermaßen den ›Konsumenten der Zukunft‹, der nur noch bereit ist, die geschmacksgenormten Fertiggerichte der Nahrungsmittelindustrie zu vertilgen. Bereits die Mütter der Säuglinge kennen die Folgen dieser frühzeitigen Anpassung: Versuchen sie lediglich, die Marke zu wechseln, so müssen sie das Protestgeschrei ihres Sprößlings in Kauf nehmen, der sich möglicherweise weigert, auch nur geringfügige Geschmacksabweichungen zu akzeptieren. Dieser Effekt ist aus der Tierernährung als sogenannte Futterprägung mittels Aromastoffen gut bekannt. Die Hersteller von Kälber-, Hunde- und Forellenfutter wissen daraus sehr wohl ihren wirtschaftlichen Nutzen zu ziehen. Der Nahrungsmittelindustrie kann das kaum verborgen geblieben sein.«
Udo Pollmer bezeichnet die mafiose Methodik der Industrie als »Nivellierung des guten Geschmacks«. Das bringt für mich das Problem exakt auf den Punkt.
All die bitterbösen Kommandos an unseren guten Geschmack verursachen Geschmacksabhängigkeit, Geschmacksversklavung! Doch diese ganze Verschaukelung kann beim Konsumenten nur fruchten, weil er seinen Bissen nicht ausschmeckt, weil er die Mundverdauung nicht kennt, er hat nicht mal die mechanische Aufschließung (= das Kauen) richtig drauf, erst recht also nicht die so wichtige zweite Stufe: die chemische Aufschließung des Bissens, das völlig unbekannte Ausschmecken. Wer nur einmal den Bissen zu Ende kaut und ausschmeckt, weiß, daß Wohlgeschmack nur übers intensive, dynamische Kauen des einfachen, unverbildeten Lebensmittel entstehen kann. Kein Food-Design, kein Werbespot, keine noch so kriminelle Praktik hat dann noch eine Chance, die Rückkoppelungsmechanismen unseres Körpers zu linken.
Noch mal Udo Pollmer: »Der Erwachsene kompensiert Geschmacksarmut, diesen Verlust sinnlicher Empfindungen, durch den Konsum ›intensiver‹ schmeckender Erzeugnisse, deutlich ablesbar am Trend zu immersalzigeren, süßeren oder bitteren Speisen oder am Verzehr exotischer Früchte und ihrer Aromen, nachdem die einheimischen jeglichen Reiz verloren haben.«
Diese Sucht nach Verstärkern (Reizsucht) wird durch neuen Essensfrust immer größer. Es verhält sich ähnlich wie beim Heroinsüchtigen, der mit jedem Mal eine stärkere Dosis braucht. Unser manipulierter, denaturierter Geschmacksinn ist schuld daran, daß wir krank, dick und freß- oder magersüchtig sind.
Wer Werbespots verfolgt, wird feststellen, daß uns bei jedem Spot für Ernährung ein neuer Geschmack vorgegaukelt wird. Dieses Wort kommt in der Werbung unentwegt vor. Kein anderes Wort wird wohl so sehr
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