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Kauffahrers Glück

Kauffahrers Glück

Titel: Kauffahrers Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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zeigte sie mit ihrem Gesichtsausdruck, und er begriff. Sie konnte aus seinen Augen so leicht lesen wie von einem Bildschirm.
    Die Nummer Zwei, war ihre Einschätzung von ihm. Und sie erwischte sich dabei, wie sie mit einem Stich der Kälte dachte, dass es eben so war. Es gab einen Mann, der dieses Schiff besaß, und er hatte eine Arbeitsgruppe von Reillys, die wechselseitig ihre Signale verstanden und die nicht nötig hatten, zu erklären, wie es funktionierte, die einander in vertrauter Perspektive erblickten und wussten, was sie jeweils füreinander darstellten und wo die Grenzen gezogen waren. Ihre Nummer Zwei; so ergab es sich durch den Altersunterschied von zwei Tagen, von zwei Tagen zwischen ihr und Curran, zwischen ihr und einem Mann, der zumindest nach seiner eigenen Einschätzung genauso gut wie sie gewesen wäre. Der ihnen nicht zu dem hätte verhelfen können, was sie erreicht hatte...
    ... nicht auf dieselbe Weise, konnte sie ihn in ihrer Vorstellung mit derbem Sarkasmus sagen hören.
    Aber Curran sah niemals einen anderen Weg als den schnurgeraden. Hätte niemals sie alle aus ihrer Trägheit reißen können. Hätte nie ein anderes Risiko eingegangen als das, mit dem er geboren wurde; totale Sturheit, das war Curran. Und darin lag sein Fehler.
    Möglicherweise wusste er es selbst. Aber darum war er auch loyal; dieselbe Unfähigkeit, abzuweichen. Deirdre zeigte eine andere Art von Loyalität, die aus einem tiefsitzenden Missfallen daran bestand, die Entscheidungen zu treffen, zu denen eine Nummer Eins genötigt war; oder die von Neill, ein zungenträges Schweigen - Neills Verstand bewegte sich in größerer Breite als bei manch anderen, und so brauchte er länger, um seine Vorstellungen klar auszuarbeiten - ein guter Brückenoffizier war er, aber nichts Höheres. Allison kannte die anderen. Wusste, worin sie gut waren und worin die Stärke ihres Zusammenwirkens bestand, die größer war als bei den Einzelnen. Sie hatte von ihrer Position aus den Überblick, und die Reflexe der anderen pflanzten sich untereinander und zu ihr hin in einer so glatten Folge fort, dass niemand sich noch groß Gedanken darüber machte.
    Sie war die Nummer Eins für alle. Für Curran musste sie es auch sein. Um zu rechtfertigen, dass er Befehle entgegennahm und nicht selbst erteilte, musste sie es sein. Und die anderen - alles würde auseinanderfallen ohne das fortwährende Geben und Nehmen zwischen Eins und Zwei, ihr und Curran. Curran war eifersüchtig auf Stevens, erkannte sie auf einen Schlag, war eifersüchtig in einer Art und Weise, die nichts mit Sex zu tun hatte; wohl mit Paarbildung, ja, mit einer Funktion wie der zwischen linker und rechter Hand. Dass sie eine andere Art von Verbindung einging, einen anderen Mann auf eine andere Weise an sich band, in die ein Beinahe-Bruder nicht eindringen konnte, in der er keinen Platz hatte...
    Was war Curran dann? fragte sie sich - zu stolz, um sich in einer Partnerschaft wie der zwischen Neill und Deirdre einzurichten, aus der mit Allison ausgestoßen zugunsten eines Fremden, den sie in einem Schlafheim kennen gelernt hatte. Er musste ihre Meinung weiterhin respektieren: das war ein Teil seiner Gedankengänge, aber es verließ ihn jetzt einfach, ließ ihn einfach im Stich.
    Sie warf ihrem Vetter noch einen Blick von der Seite her zu, setzte sich bequemer im Sessel zurück und verschränkte die Arme. »Ich werde mir etwas ausdenken«, sagte sie.
    »Willst du etwas essen?« fragte er sie einen Moment später. Sie sah nach, wie viel Zeit verstrichen war. 1101. Sie nickte, stand auf und marschierte Richtung Kombüse davon.
    Ein kaltes Sandwich und ein kaltes Getränk aus der Speisekammer - es war Zeit zum Essen, zumindest nach ihrer eigenen Rechnung an Bord, begonnen mit dem Zeitpunkt ihrer Ankunft am Nullpunkt. Es war nicht nötig, ermüdeten Körpern einen Realzeit-Plan aufzuzwingen, nicht nötig, überhaupt mit der Realzeit zu rechnen außer bei Funkverbindungen, und die hatten sie jetzt nicht mehr. Sie waren während des Durchfluges auf sich allein gestellt, von allen anderen Zeitmaßstäben abgeschnitten. Und beim Fehlen jeglicher Bewegung und menschlicher Geräusche - herrschte ein Schweigen, das sie veranlasste, ihr Sandwich zu verzehren, während sie im kleinen Raum der Kombüse umherging - sie auch dazu brachte, die leeren weißen Plastiktische und Bänke der Messe zu betrachten und sich auszurechnen, wie viele Leute dort hätten sitzen können...
    Dreißig. Etwa dreißig.

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