Kauft Leute
doch noch mit ihrem Job arrangieren können?
Danesita warf seine Hand theatralisch nach vorne, bis sein Arm sich spannte, dann holte er sie wieder ein und ließ sie – auf seine eigene Erscheinung zeigend – an sich heruntergleiten: »Sie haben auch
mich
schon ein Stück verändert!«
Caro fühlte sich verpflichtet zu erwidern, er habe abgenommen.
»Ja, und der Anzug ist neu!«
Caro musterte ihn mit schweren Augen. »Aber ich hatte Ihnen doch geraten, nichts an Ihrem Äußeren zu verändern.«
Danesita antwortete seelenruhig: »Deswegen habe ich auch über eine Stunde mit mir gerungen, bevor ich Sie einstellen ließ. Das war wirklich kein guter Rat.« Er schenkte Caro ein Lächeln, aber sie erwiderte es nicht.
»Menschen zu täuschen ist keine Lösung. Wenn ein Produkt seine Macken hat, ist die Verpackung nicht der Ort, wo man noch etwas nachbessern kann.«
Danesita erwiderte erregt: »Aber die Verpackung
ist
das Produkt. Der Kauf und alles, was wir damit an Gefühlen verbinden, ist doch bereits vorbei, wenn wir das Geschäft verlassen. Wir kaufen Vorstellungen, nicht Dinge. Es geht um die Vorfreude, das Begehren, die Idee eines besseren Lebens, das uns erwarten könnte. Welches Produkt ist imstande, all das einzulösen …? Die Verpackung ist es, die wir wollen, und sie könnte genauso gut leer sein, wenn wir sie kaufen.«
Caro hatte keine Ahnung, worauf Danesita hinauswollte, und ihr Blick verriet das wohl.
Danesita, der sich leidenschaftlich nach vorne gebeugt hatte, richtete sich im Sitzen wieder auf und setzte ruhig fort. »Aber diese Gedanken sollten uns nicht weiter beschäftigen, denn hier …« – Danesita wies auf die Gebäude hinter ihnen – »… sind wir im Vermittlungs-, nicht im Verkaufsgeschäft. Was auch immer gewisse Leute sagen werden.« Quintus Danesita stand auf, und ohne ein weiteres Wort an Caro zu richten, bestieg er die nächstgelegene Rolltreppe und wurde langsam in seine eigene Schöpfung hineingezogen.
Der Gedanke, der in Caro weiterwirkte, war, sie könne etwas hier verändern. Sie müsse nicht alles so annehmen, wie sie es vorfand. Dies war das Wirkungsvollste, das man ihr sagen konnte, denn es ließ sie plötzlich Anteil nehmen. Als sie einige Minuten nach Danesita wieder die Rolltreppe nach oben nahm und HAUS 2 ansteuerte, betrachtete sie alles mit anderen Augen. Wenn ihre schlichten Beobachtungen Danesita dazu gebracht hatten, seine eigene Erscheinung zu überdenken, wäre es ihr vielleicht auch möglich, das System, das er erfunden oder mitentwickelt hatte, zu hinterfragen und zum Besseren hin zu verändern.
HAUS 2 war vollkommen anders konzipiert als jenes der Arbeiter, das sie sich zuerst angesehen hatte. Der Wettbewerb, der im ersten Haus im Vordergrund stand, fehlte hier wohltuenderweise. Während der erste Bereich unter dem Motto »Work« gestanden hatte, betrat Caro mit HAUS 2 den Bereich »Home«. Ihr erster Gedanke war: Puppenhaus! Anstatt eines kühlen Verkaufsraums mit vielen identischen, kahlen Kabinen, in denen die Männer nur durch ihre Körperlichkeit Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnten, befand sich Caro nun in einem wundervoll dekorierten Traumhaus, wobei es aber mehr als nur
ein
Traum war, der sich hier manifestierte.
Die Räume dieses Hauses waren ebenfalls durch Scheiben von den Gehwegen der Besucher getrennt, man fühlte sich vom Leben in diesen Zimmern jedoch nicht ausgeschlossen. Es war vielmehr, als sah man in ein Märchenbuch, dessen Bilder so real waren, dass man sich die Augen reiben wollte. Der erste Raum, vor dem Caro stehen blieb, war die Küche eines Landhauses, im Stil eines englischen Cottages. Aus dem Fenster an der Rückseite des Raums sah man in einen Rosengarten, an den sich ein Wäldchen anschloss. Zwei Spatzen saßen am Fenstersims und tauchten ihre Schnäbel in ein Häufchen Körner. Einem Holztisch in der Mitte des Raums sah man die Lebensspuren von Generationen an. Auch die Küchengeräte, Herd, Löffel und Töpfe, die an der Wand hingen, schienen so echt, dass man Aufläufe, Kuchen, Tee und Strudel riechen konnte, wenn man empfänglich für diese Art Lebenswelt war. Zwei Frauen befanden sich in der Küche, und im Gegensatz zu den Männern in den Kabinen von HAUS 1 hoben sie nicht ein einziges Mal den Blick zu den Zusehern draußen am Korridor. Caro vermutete bald, dass die Menschen sie durch die Scheibe gar nicht sehen konnten. Eine der Frauen war Köchin und augenblicklich damit beschäftigt, Karotten zu schneiden. Sie
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