Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
Vom Netzwerk:
von denen?«
    Caro kratzte etwas Lack von der Ecke des alten Balkontisches, an genau der Stelle, wo sie schon als Kind herumgepult hatte. »Ich bilde mir noch eine Meinung«, sagte sie. »Der erste Eindruck könnte täuschen.«
    »Mir kommt das eigentlich vernünftig vor«, sagte Caros Mutter, »viele Menschen sind einsam, und viele brauchen Unterstützung, es greift ineinander.«
    »Ja, ja, mag sein.«
    »So hat man jemanden«, sagte Caros Mutter.
    »Natürlich«, antwortete Caro, »aber du weißt, dass man niemanden halten kann, der gehen will, also ist es eigentlich doch nur eine provisorische Lösung. Du weißt, was ich meine, Reisende kann man nicht aufhalten. Auch wenn du sie bezahlst. Wer nicht bleiben will, der … muss gehen.«
    Caros Mutter ließ ihre Hände in den Schoß sinken und sah ihrer Tochter forschend ins Gesicht, aber diese kratzte am Tisch herum, und vermied den direkten Blickkontakt.
    »Was meinst du damit?«
    Caro sah endlich zu ihrer Mutter hoch: »Möchtest du dir dort einen Mann besorgen, oder was?«
    Caros Mutter nahm sich eine von Caros Zigaretten. »Du kommst so selten, aber es bleibt immer etwas zurück.«
    Es war der Nachmittag desselben Tages. Max saß nackt im Schneidersitz neben Caro in ihrem Bett und krümelte Dope in den Tabak des Joints, den er auf der Rückseite einer Frauenzeitschrift baute. Seine Haut war von einem Sommer am Feld gebräunt wie Caros. Er hatte sich eine Glatze geschoren und einen Kinnbart wachsen lassen. Als sie ihn so in ihre Wohnung gelassen hatte, ihn kaum wiedererkennend, hatte sie sich gefühlt wie eine alte Frau im Heim, die Besucher begrüßt und ihre Geschichten anhört, obwohl sie weiß, dass sie wegen einer anderen gekommen sind. Sie nahm, was sie bekam.
    Nach dem Sex hatte sie die Decke über ihren Körper gezogen. Jetzt lag sie kerzengerade auf dem Rücken wie die Assistentin eines Illusionisten und starrte ins Nichts. Wie wenig Sex doch bedeuten konnte … Er war wie eine kleine salzige Tüte Pommes, ein angeschlagener Musikantenknochen oder ein nasses Badetuch auf dem Bauch. Man spürte etwas, aber es hielt nicht lange an und rutschte durchs Bewusstsein, ohne eine Kopie in der Erinnerung zu erzeugen. Nun, zumindest Sex mit Max war so.
    »Warum hast du dann eigentlich unterschrieben?!«
    Caro murmelte: »Ich sag’s dir doch, ich hab nichts anderes gefunden!«
    Max unterbrach sein Handwerk. »Du hast doch jahrelange Erfahrung als Texterin. Wieso interessiert sich keine Agentur für dich?«
    Caro verharrte in ihrer postkoitalen Lähmung: »Ich weiß es nicht. Vielleicht weil man meinen Bewerbungsschreiben angemerkt hat, dass ich gar nicht mehr in der Werbung arbeiten möchte.«
    Max erhitzte das Stück Shit wieder mit dem Feuerzeug. »Und wie? Woran merkt man das?«
    Caros Stimme kam irgendwo aus dem Souterrain ihres Stimmapparates. »Ich habe Ansprüche gestellt.«
    Sie betrachtete aus den Augenwinkeln, ohne den Kopf zu ihm zu drehen, den wuzelnden Max, der selbstzufrieden auf ihrem Bett thronte. Sie dachte sich, eine Frau ist wie eine Aktie – manchmal bekommt man sie fast geschenkt, und keinen interessiert dann, als welch hoher Wert sie einmal gehandelt wurde.
    Max fragte nach langer Pause: »Aha, was für Ansprüche?«
    Caro brummte: »Nur Halbzeit, keine Kunden im Lebensmittelbereich, keine Konzerne, solche Dinge … Ich glaube nicht, dass ich psychisch in der Lage dazu wäre,
Activia
-Gewinnspiele zu texten.«
    Max grunzte und schüttelte den Kopf über die Dummheit der Welt.
    Die Jalousien in Caros Wohnung waren halb aufgefächert und Sonne und Schatten teilten sich den Raum fair in schmale Streifen auf. Die Bewegungen der Straße pressten kühle Septemberluft durch das offene Küchenfenster. Die Dinge in ihrem Schlafzimmer schienen zu schlafen, alles befand sich unter einer flaumigen Staubdecke im Dornröschenschlaf.
    »Aber einen Werbetext für einen Haus-und-Hof-Knecht, den willst du schreiben …« Max sah sie herausfordernd an, während er die Papers mit der Zungenspitze befeuchtete.
    Caro brachte es immer noch nicht fertig, sich aufzusetzen. »Von innen heraus was verändern, blabla, mein Talent einsetzen für Leute in einer schwierigen Situation, blablabla, einwirken statt ausblenden, alles klar?«
    Max nickte: »Wow, go for it.«
    Caro spürte das große Verlangen, Max aus der Wohnung zu werfen, den Ofen jedoch müsste er dalassen. Dennoch: Max’ Frage, warum sie den Vertrag unterschrieben hatte, war unbeantwortet geblieben. Es

Weitere Kostenlose Bücher