Kauft Leute
ist.«
»Das ist dann aber ein ungewöhnliches Glück, dass es dich auch hierherverschlagen hat.«
»Es hatte sich davor auch eine Weile nicht mehr bei mir blicken lassen.«
Michi und Christian schlenderten die Kaufinger Straße Richtung Stachus hinunter. Der Münchner hatte sich bei dem um einen Kopf größeren Wiener eingehängt, und Christian fand nicht mal was dabei. »Weißt du«, sagte Christian, »München kommt mir vor wie eine Mischung aus Boutiqueneröffnung, Sportwagen-Messe und Feuerwehrfest. Ein rosa Herren-Pulli und aufgerollte Jeans. Geldspange in der Tasche und Laub in den Stulpen.«
Michi sagte: »Und Wien ist eine junge Frau, die sich auf alt stylt, eine Jugendstilbrosche am Busen trägt und schwarze Stiefeletten vom Flohmarkt anzieht, die dich in ihre Wohnung einlädt, dir Schallplatten vorspielt und Gedichte vorliest, und dich in der Morgendämmerung aus der Wohnung wirft, und du taumelst über die Taborstraße bis zum Donaukanal und dann sitzt du am Wasser und teilst dir eine Flasche Wein mit einem Handwerker aus dem Waldviertel, der in einer Stunde wieder in einem Haus in Sievering sein muss, wo er das Parkett im Computerzimmer ausbessert.«
»Ah ja«, sagte Christian, »dann ist München eine Kleine, die man im Atomic Café kennengelernt hat, die dich von einem Lokal ins nächste schleppt, und du bist immer nur einen Fingerbreit davon entfernt, sie endlich zu küssen, bis um vier in der Früh ihr Freund dazukommt, der nichts dagegen hat, dass sie mit anderen Männer durch die Nacht zieht, und dann frühstückst du mit ihnen in ihrem winzigen bunten Häuschen im Olympiadorf, und er zeigt dir sein Fahrrad, auf das er so stolz ist, und ihr dreht beide ein paar Runden damit und dann geht ihr zurück ins Haus, und dort liegt das Mädchen völlig nackt auf dem Bett, und ihr Freund legt sich zu ihr und zieht sich aus und sie beginnen mit ihrem Spiel, während du zusiehst, und du setzt dich an den Tisch und trinkst deinen Kaffee, während sie auf ihm rumhüpft, und du zündest dir eine Zigarette an und denkst an einen Freund, mit dem du einmal einen Dreier hattest, und daran, dass er ein Jahr später gestorben ist, und du fühlst dich alt und einsam und irgendwann gehst du einfach und klaust dem Typen sein Fahrrad, aber bringst es ihm zwei Tage später in der Nacht wieder.«
Die beiden Männer blieben stehen und umarmten sich. Dann suchten und fanden sie einen Stand, wo Bier verkauft wurde, und wieder schien ihnen die Sonne ins Gesicht und sie liebten es.
Christian zeigte auf ein Paar, das an ihnen vorbeispazierte: »Und die zwei, was glaubst du? Gibt’s einen Trick, die
echten
von den
falschen
Paaren zu unterscheiden?«
Michi nickte: »Wenn sie ihn demütigt, ihm keine Freiheiten lässt und alles verbietet, was ihm Spaß macht, ihn vor allen Leuten runtermacht und ihre Einkäufe schleppen lässt – dann is es eine ganz normale Beziehung!«
»Logisch.«
»Andersherum«, fuhr Michi fort, »wenn sie über seine Witze lacht, freiwillig auf die Nachspeis verzichtet, auch zum Brunch einen Mini trägt und seine grauen Locken bewundert – dann hat er einfach seine Sekretärin geheiratet!«
»Aber«, machte Michi weiter, »wenn er vor anderen Männern ihr Hinterteil kritisiert, ihre Mutter beleidigt, mit ihrer besten Freundin flirtet und ihr verbietet, vor der Abfahrt noch aufs Klo zu gehen, und sie sich das alles gefallen lässt – dann ist es
auch
was Echtes, denn dabei macht nur eine mit, die den Kerl liebt.«
»Gut«, sagte Christian, »in all den Fällen haben wir’s also mit klassischscheußlichen Partnerschaften zu tun, aber woran erkenne ich den anderen Typus? Dass er sich sein Spätzchen im Markt geholt hat?«
»Ich sag dir, woran du es merkst: Er wird es dir sagen! Jeder Mann, der das Geld für so ein Spielzeug hat, hat sich seine Frauen früher auch schon gekauft. Auf andere Art eben, und an anderen Orten. Er sieht keine Qualität darin, dass Leute glauben, sie wäre
wirklich
seine Freundin. Genauso wenig wie er sagen würde:
Schaut’s amoi, dieser Porsche ist mir zugelaufen, und weil er mich so gern hat, bleibt er bei mir!
Er hat den Wagen gekauft, weil er ihn besitzen wollte und ihn sich leisten kann. Gleiches gilt für sein Haserl.«
Christian zweifelte daran, dass es wirklich so sein konnte. »Aber Frauen sind da doch anders!«
Michi tätschelte Christians Wange. »Du musst wirklich ein vorsichtiges Kerlchen sein. Wie hast du es sonst geschafft, so viele Jahre durch die
Weitere Kostenlose Bücher