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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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Weltgeschichte zu reisen, ohne dass man dir deine Illusionen geraubt hat?«
    »Du wirst es nicht glauben, aber manche Überzeugungen stärken sich auf einer Weltreise, nicht alle werden atomisiert!«
    »Also, wenn es deine Überzeugung ist, dass sich Frauen davor scheuen, mit einem Mann gesehen zu werden, für den sie Geld bezahlt haben, dann wach aber auf, mit Verlaub. Weißt du, was das für die Ladys in dieser Stadt ist:
Charity
. Man hilft ja, wenn man den rausholt aus dem Schaufenster und seinem Elend. Und wie viel Spaß man nebenbei haben kann, wenn man was Gutes tut, das siehst du, wenn du den Ladys bei der Vorbereitung für ihre Events rund um die Wiesn zuschaust.« Michi sah auf sein Handy und murmelte: »Verflucht …«
    »Was is’«, fragte Christian.
    »Scheiße, scheiße, scheiße«, stöhnte Michi, packte Christian am Ärmel und zog ihn mit sich in Richtung Frauenkirche.
    »Was ist denn?!«, rief Christian.
    Michi, der vollkommen außer sich war, schrie zurück: »Ich hab Sandras Anruf verpasst, verstehst du?! Sie hat mir eine SMS geschickt. Wir sollen um 12 zuhause sein! Das war vor fünf Minuten!«
    »Dann kommen wir halt ein paar Minuten später!«
    Michi blieb stehen und brüllte Christian ins Gesicht: »Die macht mich fertig! Die sperrt mich in den Keller und verbrennt meine Drehbücher, die wird total durchdrehen!«
    »Ich nehm das auf mich, ok? Ich hab einen Freund getroffen und mich verplaudert!«
    »Ok, ok, aber besorg uns jetzt ein Taxi!«
    Christian sprintete los und auf der Residenzstraße gelang es ihm, einen Wagen anzuhalten. Michi schnaufte hinter ihm her, seine Brille fiel ihm von der Nase, und er ließ sie einfach auf der Straße liegen. Er wollte nur das Taxi erreichen und so schnell wie möglich nach Bogenhausen.

13
    A M A BEND DESSELBEN T AGES SASS C HRISTIAN am Badewannenrand in Corinnas Badezimmer. Sie trank ein Glas Rotwein, hatte die Augen geschlossen und entspannte sich zu den Klängen von Debussy.
    Christian fühlte sich nicht wohl dabei, wieder damit anzufangen, aber es war einfach zu grotesk. »Corinna, bitte! Sandra ist jetzt fortgegangen und kommt erst morgen wieder zurück – da kann ich den Michi doch wieder nach oben lassen.«
    Seit sie zurückgekommen waren und Sandra ihren Anfall gehabt hatte, befand sich Michi eingesperrt im Keller, in dem Raum, wo die Fahrräder und Ski standen, die sie nie verwendeten, weil sie sich ohnehin alles ausborgten oder gleich neu kauften, wenn sie es brauchten. Es gab dort nichts zu sitzen und nichts, um sich zuzudecken. Das Licht funktionierte nur, wann es wollte, und weil die Putzfrau diesen Raum nicht mochte, wimmelte es vor Ungeziefer. Christian hatte gesagt, dass es seine Schuld war, aber Sandra hatte ihn nicht mal angesehen.
    Corinnas Hand tauchte aus dem Badewasser hervor und suchte blind nach Christian am Wannenrand. Als sie seinen Arm erreicht hatte, sagte sie ohne die Augen zu öffnen: »Du kannst ihn besuchen, aber raus darf er nicht.«
    Christian lief die Treppen hinunter. In der Küche stellte er eine kalte Platte zusammen und schnappte sich eine Flasche Cola, im Wohnzimmer griff er nach ein paar Decken und einer kleinen Tischlampe. Er stieg die Kellertreppe hinunter und ging durch die Gänge des alten Hauses. Die Tür zum Skiraum war versperrt. Als er den Schlüssel im Schloss umdrehte und die Tür öffnete, blickte er in völlige Dunkelheit. Er rief Michis Namen.
    »Du bist’s!«, klang es froh aus dem Dunklen zurück. »Darfst mich etwa rauslassen?«
    Christian stellte das Tablett am Boden ab. »Nein, aber besuchen wollt’ ich dich.«
    Er öffnete die Tür, soweit es ging, damit etwas Licht in den Raum drang. Dann machte er sich auf die Suche nach einer Steckdose, die er schließlich hinter einem Schuhregal, bewacht von einem riesigen Weberknecht, fand. Als er die mitgebrachte Lampe einsteckte, materialisierte sich Michi wie ein Kobold aus dem Finstern. Er saß im Schneidersitz in der Mitte des Raums auf dem Boden und spielte mit den Schnallen eines Skischuhs. Seine Augen schützte er mit der Hand vor dem Licht. Als er die Wurstplatte sah, pfiff er. »Kellerraum mit Concierge-Service, exzellent!«
    »Und etwas zu trinken und ein paar Decken …«
    »Danke, mein Freund, es ist wirklich nicht sehr heimelig hier. Wusstest du, wie viele Zwangsarbeiter es in München während des Zweiten Weltkriegs gab? Es waren Zehntausende. An sie muss ich denken, wenn ich hier unten bin. Sie waren in Barackenlagern untergebracht,

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