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Kauft Leute

Kauft Leute

Titel: Kauft Leute Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Korssdorff
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Besuch bot, für den man jeden Eintritt zu zahlen bereit war. Doch hier zahlte man keinen Eintritt. Und die Frauen tanzten nicht für Zuseher. Das war keine Show, bloß 150 Leute, die nebeneinander ein paar Augenblicke ganz für sich waren.
    Christian drehte eine Runde durch das Lokal. Es gab noch zwei weitere Dancefloors. Auf jenem, der auf den großen Raum folgte, spielten sie Disco und Achtzigerjahre, hin und wieder ein paar Schlager. Hier ging es nicht ums Tanzen, hier ging man auf Tuchfühlung. Christian hörte folgenden Dialog zwischen einem Jungen und einem Mädchen mit an:
    »Hi! Ich bin Tom!«
    »Silke!«
    »Ich hab dich schon mal hier gesehen, und seitdem träum ich von dir!«
    »Das ist süß!«
    »Du bist so toll, einfach nur zum Anstarren und klasse Finden!«
    »Danke, das ist voll lieb. Wem gehörst du?«
    »Einer Firma. Callcenter, bis ich umfalle und der nächste ranmuss. Du?«
    »So einem alten Typen. Im Sommer waren wir in seinem Wohnwagen unterwegs, da drin riecht alles nach ihm.«
    »Ich komm nur alle zwei Wochen raus.«
    »Ich hoffe, er macht’s nicht lang.«
    »Ich würd dich so gerne berühren.«
    »Ich hab mir jemanden wie dich hergewünscht. Du bist kein Owner, oder?«
    »Ich bin nur eine Stimme am Telefon.«
    »Ich will das nicht mehr austrinken.«
    »Komm.«
    Christian sah die zwei den Dancefloor verlassen. Als er später den dritten Floor besuchte, wo sie nur langsame Songs spielten und Kerzen brannten, entdeckte er sie in einem Sofa.
    Sie saß auf ihm und ritt ihn, und er wehrte Blicke von Neugierigen mit seiner Jacke ab, die er über ihren Rücken und ihr Hinterteil gespannt hielt. Sie sahen sich die ganze Zeit über in die Augen.
    Als Christian die Toilette aufsuchte, erkannte er schnell, dass
hier
für Romantik kein Platz war. Aus jeder der Kabinen drangen eindeutige Geräusche und ein Pärchen trieb es einfach in der Ecke neben dem Föhn. Als er sich die Hände wusch, fragte ihn ein Typ in einem Judas-Priest-T-Shirt, ob er ihm einen bestimmten Gefallen tun dürfe, was Christian allerdings ablehnte. Als ihn eine junge Afrikanerin vor der Toilette abpasste und ihm die Zunge in den Mund schob wie ein Bonbon aus Fleisch, lehnte er nicht mehr ab. Sie fielen in eine der Kabinen, aus der gerade ein Lesbenpaar herausgekommen war, und sie ließ sich von hinten nehmen, weil sie sich so an keine der ekligen Wände lehnen musste. Er kam in ihr, und als er anschließend sein Kondom überprüfte, konnte er kaum glauben, dass es nicht geplatzt war. Sofort, als er sich aus der Frau zurückgezogen hatte, verschwand sie aus der Toilette und ließ ihn allein zurück. Christian versperrte die Tür wieder, setzte sich auf die geschlossene Kloschüssel und verschnaufte. Als sich sein Herzschlag normalisiert hatte, las er einige der Sprüche, mit denen die Kabine zugeschmiert war.
    Wer treibt’s mit meinem Owner, ich brauch mal Pause! 01605 ……
    Eunuchen, vereinigt euch! Ihr habt nichts zu verlieren!
    Props sind wie Klopapier: Sie reiben sich an beschissenen Typen und sind hinterher die Angeschmierten
    Aufm Abort bist du frei, drum bring dir was zum Fickn nai
.
    Und an die Decke des Klos hatte jemand in großen Blockbuchstaben geschrieben:
Entsozialisierung. Entpersönlichung. Entsexualisierung. Entzivilisierung. Don’t let it happen!
    Als sich Christian später wieder an der Bar niederließ und zwei Drinks bestellte, bekam er Gesellschaft von einem Mann Mitte dreißig. Er berührte das Glas nicht, das Christian auf das Tablett gestellt hatte, sondern orderte selbst zwei Drinks. Einen davon stellte er neben Christians auf dem Tablett ab. Sekunden später waren beide Gläser wieder verschwunden.
    Der Mann trug einen sauber geschnittenen schwarzen Anzug und ein hellblaues Hemd mit einem makellosen Kragen. Alles an ihm sah gepflegt aus, seine Haut, seine Haare, seine Finger. Sogar seine Blicke waren maßvoll und dezent, wie sie sich durch den Raum bewegten. Weniger unauffällig waren jedoch die kleinen weißen Verbände, die der Mann hinter den Ohren trug. Christian war kein Experte, aber das sah nach einer kürzlich erfolgten plastischen Operation aus.
    Nachdem Christian seinen Drink zur Hälfte geleert hatte, drängte es ihn danach, sich mit jemandem zu unterhalten, also fragte er den Mann neben ihm, wer die Leute waren, die immer so schnell nach den Gläsern auf dem Tablett griffen und sofort wieder verschwanden.
    Der Mann sagte: »Es sind jene von den Props, die nichts besitzen. Kein Geld, kein

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