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Kautschuk

Kautschuk

Titel: Kautschuk Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Dominik
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Vogel geziert! Alte Gläubiger meines Kompagnons hatten diesen pikanten Schmuck anbringen lassen. Da kam ein Brief aus Paris von einer Dame – Diskretion Ehrensache! –, die sich meiner liebevoll zu erinnern geruhte. Kurz entschlossen setzte ich mich in den letzten unverzierten Wagen und fuhr hierher.«
    »Aber, Waldemar! Eine Eisenbahnfahrt wäre doch bedeutend einfacher und billiger gewesen!«
    »Tja«, meinte Waldemar mit süßsaurem Lächeln, »ich bin in Berlin mit Leuten bekannt geworden, die das bewußte kleine Pülverchen« – erfuhr mit dem Daumen zur Nase – »sehr schätzen. Zufällig wußte ich eine Adresse in Paris, wo es leicht zu haben ist. Da dacht’ ich: vabanque!«
    »Hm – wenn ich recht verstehe, wollen Sie den letzten Ihrer Mohikaner mit Koks befrachten und irgendwo über die grüne Grenze gehn?«
    »Ich bewundere immer wieder Ihren vorzüglichen Scharfsinn, Juliette. Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen.« »Koks ist teuer ...«
    »Nun, ich hoffe doch, daß mir die Auslagen dieser Reise und meine sonstigen Bemühungen hier honoriert werden.«
    Wie werde ich ihn nur los? grübelte Juliette mit leichtem Naserümpfen. An einer Straßenecke sagte sie mit guter Schauspielerkunst: »Verzeihung, Waldemar, da geht ein bekannter Herr! Pardon, wenn ich etwas zurückbleibe!« Und während sich ihr Begleiter neugierig nach der angedeuteten Richtung umsah, verschwand Juliette in einer Ladentür – und ward nicht mehr gesehen, wie Waldemar eine Zeitlang später betrübt feststellte.

Wittebold saß spät abends in seinem Zimmer, vor sich einen Briefbogen. Nach längerer Überlegung begann er zu schreiben:
    »An die MEA-Werke, zu Händen des Herrn Generaldirektors Kampendonk. Der Monteur Bernhard aus dem Installationsbüro ist ein englischer Spion. Für welche Gesellschaft er arbeitet, ließ sich noch nicht ermitteln. Diese Anzeige erfolgt, bevor seine letzten Karten aufgedeckt werden konnten, um einen schweren Schaden für das Werk zu verhüten.
    Es besteht folgender Plan: Bei der morgen stattfindenden Erneuerung des Katalysators in Tank B der Abteilung Gx wird der Arbeiter Waschke eine kleine Menge für sich zurückbehalten. Diese wird er entweder dem Monteur Bernhard direkt oder dem Werkmeister Lehmann von Ap, eventuell auch dem Arbeiter Schmidt von M 2, zustecken. – Es besteht zugleich ein dringender Verdacht, daß es Bernhard und einem seiner Komplicen durch Lehmanns Vermittlung gelungen ist, von dem Inhalt der Betriebsvorschrift Ap 602 Kenntnis zu nehmen.
    Zum Schluß wird an die Werkleitung die Bitte gerichtet, nach dem Schreiber dieser Mitteilung keine Nachforschungen anzustellen. Es wäre für beide Teile unzweckmäßig.« —
    Wieder die Szene in Kampendonks Büro. Die Sekretärin kam hereingestürzt. »Herr Generaldirektor – ein neuer Brief mit dem geheimnisvollen Eichenblatt! Ich habe Herrn Doktor Wolff schon benachrichtig. Darf ich ihn hereinbringen?«
    Kampendonk war aufgesprungen. Seine sonstige Ruhe hatte ihn verlassen. »Ist denn bei uns der Teufel los?« schrie er wütend. »Lassen Sie Doktor Wolff eintreten! Her mit dem Brief!«
    Als er zu Ende gelesen, reichte er Wolff das Schreiben und trat dann, mit allen Anzeichen stärksten Ärgers, zum Fenster. Wolff griff nach dem Telefon, erkundigte sich beim Leiter der Gx-Abteilung, Dr. Leutwein, wann der Katalysator gewechselt würde. »In zwei Stunden? Gut! Dann kommen Sie, bitte, sofort hierher ins Büro des Herrn Generaldirektors Kampendonk!«
    Der hatte vom Fenster aus das Gespräch mitangehört, drehte sich jetzt um und nickte Wolff beifällig zu. »Zwei Stunden ... Da läßt sich allerlei vorbereiten.« Er wandte sich an seine Sekretärin und sprach mit ihr ein paar Worte. Dann wieder zu Dr. Wolff: »Ich muß jetzt unbedingt zu einer Konferenz ins Werk. Sie kann vielleicht zwei Stunden dauern. Sollten Sie mich in der Zwischenzeit brauchen, rufen Sie mich dort an!«
    Während der Konferenz bemerkten die anderen Teilnehmer an Kampendonk eine ungewohnte Nervosität. Und es standen doch nur verhältnismäßig harmlose Dinge zur Verhandlung. Gegen Ende der Besprechung merkte man ihm sogar an, daß er mit unverhohlener Hast zum Schlüsse drängte.
    In sein Zimmer zurückgekehrt, schritt er, immer wieder nach der Uhr sehend, rastlos auf und ab. Kleine Veruntreuungen und geringfügige Diebstähle kamen ja manchmal vor. Aber dies waren Sachen von allergrößter Wichtigkeit; ein Bekanntwerden bei der Konkurrenz konnte unabsehbare

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