Kautschuk
Mieter hat er noch nicht, denn die Wohnung ist teuer. Ich hab’ mir die Sache nun so gedacht: Zwei von Ihren Leuten, Herr Boffin, mieten die Zimmer und bringen in ihren Koffern solchen Lachgastank hinein. Eines Nachts, wenn Fortuyn ins Bett gegangen ist und sein Licht ausgemacht hat, leiten die ihm durch die Decke – sie müssen irgendwo ein Loch bohren – ‘ne ordentliche Ladung Lachgas ins Schlafzimmer. Und wenn er dann richtig beduselt ist, gehen die beiden nach oben – die olle Haushälterin schläft hintenraus, merkt nichts – knacken die Tür auf und nehmen mit, was haste, was kannste. Ein tüchtiger Autofahrer steht mit seinem Wagen irgendwo in der Nähe. Alles in das Auto rin! Los!«
Boffin kniff das linke Auge zu. Sein Gesicht verzog sich zu einer schiefen Grimasse. »Hm, hm«, kam es langsam durch die Nase. »Bißchen sehr anrüchig, Herr Meyer!«
»Na – nu schlägt’s dreizehn! Und ich glaubte, Sie würden vor Vergnügen an die Decke springen über mein Plänchen! Und da machen Sie ‘n Gesicht, als hätt’ ich Ihnen sonst was getan?«
Boffin drehte sich halb zu Bosfeld um und sah den von der Seite an.
Der hob abwehrend die Hände. »Nichts für mich, Herr Boffin! Gänzlich ausgeschlossen! In die Asche mögen andere ihre Finger stecken! Da macht man sich dreckig und – kann sich eklig verbrennen! Aber ich will Ihnen natürlich auf keinen Fall abraten. Das müssen Sie mit sich allein ausmachen, ob Sie das Plänchen des Herrn Meyer ausführen wollen oder nicht. Im übrigen: ich weiß von nichts – mein Name ist Hase! Empfehle mich den Herrschaften gehorsamst! Küss’ die Hand, Gnädigste! Auf Wiedersehn heut abend.«
Boffin sah unschlüssig von Meyer zu Juliette. Sie hatte ein Journal ergriffen und blätterte darin, als ginge sie das alles gar nichts an. Boffin trippelte unschlüssig hin und her. Die Collins! schoß es ihm plötzlich durch den Kopf. War ein raffiniert kluges Frauenzimmer; hatte ihm schon manchen guten Rat gegeben ... »‘n Augenblick, meine Herrschaften! Will nur mal schnell was nachsehn. Komme gleich wieder!«
Meyer kam sich, allein mit der eleganten Dame, wie auf den Pfropfen gesetzt vor. Er fühlte innerlich den Drang, ein Gespräch anzufangen, konnte aber beim besten Willen keinen Anknüpfungspunkt finden.
Boffin kam zurück und schlenkerte beruhigt die Kneiferschnur um die Finger. Die Collins hatte wieder mal guten Rat gegeben. »Also, Herr Meyer, Ihre Idee ist nicht schlecht. Hab’ mich so’n bißchen informiert. Die Sache mit dem Lachgas ist nicht so ungefährlich, wie Sie sich das denken. Ich muß mir die Geschichte erst mal reiflich überlegen. Wenn ich’s mache, schreib’ ich Ihnen: ›Die Sache wird gemacht.‹ Die vier Worte nur. Gehen Sie jetzt rüber zu Fräulein Collins und machen Sie Ihre Liquidation mit ihr ab!« —
»Denken Sie wirklich daran, die Sache zu machen?« fragte Juliette.
Boffin wand sich wie ein Schraubenzieher. Sein Gesicht schnitt eine Serie von Grimassen, um die ihn ein höchstbezahlter Clown beneidet hätte. »Verflixte Geschichte, das! Wenn ich denke, daß man die dicksten Rosinen ergattern könnte! Mit einem Schlag denen da drüben alles auf den Tisch legen, was sie brauchen –! Hab’ schnell mal ›Lachgas‹ nachgesehen. An sich ganz nett – aber wenn’s der Teufel will – und der Doktor schläft in seinem Bett in den Jüngsten Tag rein ... Na, ich glaube, Hopkins machte sonst was mit uns!«
»Die Sache eilt ja nicht. Fragen Sie doch mal drüben an!«
Boffin lachte mitleidig. »Sie naives Menschenkind! Den Brief müßten Sie lesen, den ich dann kriegte! Denen ist nichts unsympathischer als das Wörtchen ›Verantwortung‹. Die überlassen sie uns. Geht’s schief, müssen wir’s eben ausbaden. Ich muß die Geschichte erst noch ein paarmal beschlafen. Wird übrigens auch gar nicht einfach sein, die passenden Leute für das Unternehmen zu finden. Ich selbst muß natürlich, um nicht später reingezogen zu werden, im Hintergrund bleiben. Muß die ganze Sache einem anderen in die Hand geben ... Schwierigkeiten über Schwierigkeiten! Aber lassen wir das! Jetzt zu unserer Sache!« Er setzte sich neben Juliette. »Mein Plan war ein ganz anderer. Sollte ich dem Meyerschen Plänchen keinen Geschmack abgewinnen, dann führe ich meine Idee aus. Dazu brauch’ ich aber unbedingt auch Sie, liebe Juliette. Also, hören Sie mal zu!«
Schon bei seinen nächsten Worten verzog sich deren Gesicht. Je weiter er sprach, desto größer
Weitere Kostenlose Bücher