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Kavaliersdelikt-Liebe ist universell

Kavaliersdelikt-Liebe ist universell

Titel: Kavaliersdelikt-Liebe ist universell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris P. Rolls
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völlig irre gewesen?
    Blödsinn. Der war absolut hetero und würde sich ganz bestimmt nie im Leben mit einem schwulen Jungen abgeben. Er sah in ihm das Mädchen, in welches er sich verguckt hatte, kam vermutlich mit seinem männlichen Ego nicht darüber hinweg, dass er sich getäuscht hatte.
    Punkt. Nicht mehr.
    Hendriks Augen brannten höllisch. Längst hatte er keine Tränen mehr. Er fühlte sich leer, ausgebrannt, wollte sich nur noch in seinem Bett verkriechen und niemanden mehr sehen müssen.
    Allerdings ... wie sollte er nachhause kommen? Seine Fahrkarte war in seiner Geldbörse.
    Rasch tastete er nach seinem Handy und seufzte erleichtert. Immerhin das hatte er in seiner Hosentasche. Hendrik zog es heraus und seine Finger verharrten über der Tastatur.
    Wenn er seine Eltern anrief, würden die selbstverständlich fragen, wo er seine Tasche gelassen hatte und natürlich darauf bestehen, sie sofort abzuholen.
    Er konnte da nicht noch einmal hin. Nicht, wenn Leandro da war. Er wollte ihm nie im Leben wieder begegnen. Nie wieder.
    Rieke? Die war bei ihrer Freundin und konnte ihm nicht helfen. Blieb also nur … Hannes. Der war auf jeden Fall zuhause. Der war immer da.
    Konnte er ihn fragen? Zumindest hatte Hannes sowohl einen Führerschein, als auch ein Auto. Und mied seit einem Jahr alle unnötigen Gespräche mit seinem als schwul geouteten Bruder.
    Egal, die Alternative war, über 20 Kilometer zu laufen oder schwarzfahren und das würden seine Nerven nie im Leben mitmachen.
    Seufzend wählte Hendrik die Nummer seines Bruders. Wenigstens konnte er sicher sein, dass dieser zu Hause war. Er saß immer vor seinem Computer.
    „Was ist?“, brummte dieser auch gleich darauf gereizt. Hendrik holte Luft, schluckte hart und bemühte sich um eine freundliche Stimme. Rasch erklärte er Hannes, dass er seine Tasche liegen gelassen hatte und sie nun eingeschlossen in der Schule liegen würde und er deswegen nicht mehr heimkam. Hannes würde sein Flunkern - anders als seine Eltern - nicht durchschauen.
    „Ruf doch Vater an“, schlug Hannes hörbar genervt an.
    „Mann, Hannes, du weißt doch, was der mir für eine Predigt halten wird“, versuchte Hendrik es. „Ich hole die Tasche Montag nach der Schule wieder ab, dann werden sie es gar nicht mitbekommen. Bitte … kannst du mich nicht ausnahmsweise abholen?“
    In seiner jetzigen Verfassung wäre Hendrik sogar vor ihm auf die Knie gefallen und hätte ihn angebettelt.
    Hannes schwieg, was nie ein gutes Zeichen war. Hendrik hingegen wurde zunehmend sauer.
    Verdammt, der musste doch nur seinen bequemen breiten Arsch mal hochbekommen und sich eine halbe Stunde von seinem Computer lösen. War das echt so schwer?
    „Ist es wegen ...“, Hannes schluckte hörbar. „Hast du Ärger mit dem … Typen von neulich?“
    Vor Überraschung wäre Hendrik beinahe das Handy aus der Hand gefallen. Hannes hatte ihn noch nie etwas wegen seiner Freunde gefragt. Er vermied das Thema „schwul“ wie der Teufel das Weihwasser.
    „Du hast doch diese Probleme wegen einem Typen gehabt?“, fragte Hannes mit belegter Stimme nach. „Wegen dem du so fertig warst.“
    Hendrik nickte stumm, die Kehle schnürte sich ihm zu.
    Na toll, wie sollte er seinem homophoben Bruder nur erklären, dass er sich in einen Hetero verknallt hatte? Andererseits: Warum sollte er deswegen lügen? Er war ja nicht derjenige, der mit seiner Sexualität Probleme hatte.
    „Ja, ist es“, erklärte Hendrik, rang nach weiteren Worten und entschied sich auch hier für die Wahrheit. Leiser fügte er hinzu: „Deshalb kann ich auch jetzt nicht zurück und meine Tasche holen. Ich will ihm nicht noch einmal begegnen.“
    „Hm, okay“, kam es erstaunlicherweise von Hannes. Das anschließende Schweigen zog sich grausam in die Länge und Hendriks Nerven flatterten. Er war schon fast soweit aufzulegen, als Hannes einen seufzenden Laut von sich gab: „Wo bist du denn?“
    Es brauchte einen Moment, bis Hendrik begriff, dass sein Bruder ihn tatsächlich nicht sitzenließ, sondern wahrhaftig Bereitschaft signalisierte, ihn abzuholen.
    Hendrik beschrieb ihm mit zunehmend klopfendem Herzen den Weg zur Schule und beendete das Gespräch: „Bis gleich.“ Hannes würde ihn wirklich abholen kommen.
    Himmel noch einmal, wie sollte er das je wieder gutmachen? Fortan würde ihn sein Bruder tatsächlich in der Hand haben. Egal. Hauptsache, er kam nachhause.
    Eine halbe Stunde später hielt Hannes mit seinem grünen Passat an dem Bushäuschen.

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