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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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Augenblick der Demaskierung noch immer haßte, lag eine gewisse Befriedigung in der atemlosen Stille, mit der mein Gesang und meine Darbietung als Gaukler aufgenommen wurden.
Macht!
Nachdem ich einmal angefangen hatte, nach Macht zu streben, kam sie auf viele seltsame und unerwartete Arten auf mich zu. Meine Unterweisung im Zelt der alten Hexe hatte in mir Interesse an den Kräutern geweckt, die sie auf allen Sommerjahrmärkten verkaufte. Sie besaß Heilmittel für jede nur denkbare menschliche Störung; und da alles, was den Menschen Leid verursacht, für mich eine verzehrende Faszination besaß, begann ich, ihre Fertigkeiten mit heimlichem Eifer zu studieren. Sie war selbst häßlich genug, um sich von meiner Anwesenheit nicht weiter stören zu lassen, und ich glaube, meine Fragen schmeichelten ihr. Doch als ich anfing, eigene Heiltränke zusammenzubrauen, wurde sie wütend und drohte, mich zu verfluchen. Damit wäre meine Lehrzeit beinahe vorzeitig beendet gewesen, aber noch in der gleichen Nacht erkrankte die Alte an einem Fieber, das keinem ihrer bewährten Rezepte weichen wollte. Im Lager verbreitete sich das Gerücht, sie habe die Cholera, und man beschloß, unverzüglich weiterzuziehen – ohne die Kranke.
Aber ihr könnt sie doch nicht ihrem Schicksal überlassen«, protestierte ich.
Javert sah überrascht von dem Stock auf, an dem er geduldig schnitzte.
»Gegen ein tödliches Fieber kann man nichts machen«, sagte er friedfertig zu mir. »Es ist nur vernünftig, sich fernzuhalten.«
Eine seltsame Wut ergriff mich, eine Wut, die nicht das geringste mit Mitleid zu tun hatte, aber sehr viel mit tödlicher Ohnmacht und Selbstgefälligkeit. Es gab keine bessere Methode, einen Dämon in meinem Hirn zu wecken, als mir zu sagen, etwas sei unmöglich.
Das Unmögliche war ein Begriff, den ich nicht anerkannte.
Ruhig stand ich auf, ohne ein Wort von meiner Absicht verlauten zu lassen, und ging zum Zelt der alten Frau.
Als ich sie ansah, erkannte ich, daß sie in schlimmer Verfassung war, und ich empfand dieselbe Enttäuschung wie einst, als ich die Uhren meiner Mutter auseinandergenommen hatte – unglaubliche Gereiztheit angesichts meiner eigenen Unzulänglichkeit und mangelnden Kompetenz.
Nun ja, ich hatte sehr früh gelernt, den Mechanismus einer Uhr zu meistern. Und ich würde mich auch diesmal nicht besiegen lassen – jedenfalls nicht von irgendeiner elenden Pestilenz.
Während die alte Frau stöhnend auf ihrem Strohsack lag und meine Anwesenheit überhaupt nicht wahrnahm, holte ich ihre verbeulten Kupfertöpfe heraus und begann, einen selbst erfundenen Sud zuzubereiten.
Meine Lehrmeisterin überlebte.
    Die Infektion verbreitete sich jedoch im ganzen Lager und befiel fast die Hälfte der robusten Zigeunerkinder, die in ihrem Leben so gut wie keinen Tag krank gewesen waren. Diejenigen, die mit den traditionellen Mitteln behandelt wurden, starben; die drei, die meinen Aufguß erhielten, kamen durch.
    Vielleicht Anfängerglück, aber aus solchen seltsamen und zur rechten Zeit eintreffenden Zufällen werden Legenden geboren. Nach diesem Vorfall begann die Sippe mich mit wachsendem Respekt zu behandeln. Man sah in meinen geheimnisvollen Fähigkeiten den Beweis dafür, daß ich im Besitz von magischen Kräften war. Am Lagerfeuer erzählte man sich, ich sei der Gelehrte aus der alten Zigeunerlegende, der Zehnte Graduierte der Schule der Hexerei, der gefangengehalten worden sei, um dem Teufel als Lehrling zu dienen. Es hieß, ich kenne alle Geheimnisse der Natur und Zauberei, ritte nachts hoch in den Bergen von Transsylvanien auf einem Drachen und schliefe in dem Kessel, in dem der Donner gebraut werde.
    Die Veränderung meiner Stellung war bemerkenswert. Die Kinder warfen nicht mehr mit Steinen nach mir, riefen nicht mehr Spottnamen, wenn ich erschien. Ging ich tagsüber an ihren Zelten vorbei, so liefen sie vor mir davon, als sei ich der Teufel in Person, und riefen nach ihren Müttern, die meinen Namen jetzt als letzte Drohung verwendeten, um Gehorsam zu erzwingen.
    » Artig sein? Sonst holt Erik dich in sein. Zelt, und dann sieht man dich nie wieder.«
Jungen in meinem Alter, die mir in den ersten Monaten bei der Sippe das Leben zur Hölle gemacht hatten, ließen mich jetzt in Ruhe, da sie schreckliche Rache fürchteten, wenn sie mich erzürnten. Und weil es angenehm war, von ihren Quälereien befreit zu sein, tat ich alles in meiner Macht Stehende, um meinen furchterregenden Ruf zu steigern.
Macht!
Schnell fand

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