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Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
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Licht!
    Es war nach Mitternacht, als wir nach Rom zurückkehrten, doch die Straßen waren noch voller Nachtschwärmer. Musik tönte aus den Tavernen und Cafés, und rund um die Obelisken und Brunnen auf den vielen Plätzen verweilten Gruppen von Gesinnungsgenossen, um mit lärmendem Überschwang vom Jungen Italien zu reden.
    Ich spürte, wie der Knabe sich angesichts der Menschenmenge anspannte, sah, wie seine Hand automatisch zu dem Messer in seinem Gürtel glitt, und zog ihn hastig in ruhigere Nebenstraßen, bis wir mein Haus erreichten.
    »Was ist das für ein Haus?« fragte er vorsichtig, als ich ihm bedeutete, er solle absteigen und mir in den kleinen Hof folgen.
»Hier wohne ich«, sagte ich ruhig.
Er trat einen Schritt von mir zurück.
»Warum haben Sie mich hergebracht?« flüsterte er.
Der Schrecken in seiner Stimme, die plötzliche Angst, die in seinen Augen aufflackerte, verrieten mir alles. Dieser Junge war in schlimmster Form von einem Mann mißbraucht worden, und ich spürte, wie großer Zorn gegen diesen Folterer in mir aufwallte.
»Ich habe dich hergebracht, damit du in Sicherheit bist«, sagte ich. »Du brauchst dafür in keiner Weise zu bezahlen.«
»Sie wollten mich hier schlafen lassen?« sagte er zweifelnd. »Unter Ihrem Dach – einen Dieb und . . . «
Er hielt abrupt inne, verschluckte das Wort, das ich zu hören fürchtete, ehe es laut wurde; schweigend versorgten wir die Pferde, bevor ich die Tür öffnete und den Zögernden über die Schwelle winkte.
Er trat langsam ein, mit einem nervösen Widerstreben. Es erinnerte mich an ein hungriges Tier, das sich entgegen der Warnung seines Instinkts aus der Wildnis in eine menschliche Behausung wagt. Als ich durch den großen Wohnraum mit den steinernen Wänden ging und die Öllampen entzündete, stand er mit eng an die Brust gedrückten Armen da und sah sich mit einer Verwirrung und argwöhnischem Unglauben um, die mir ans Herz griffen. Mit einem Anflug von Verzweiflung erkannte ich, wie schwer die vor mir liegende Aufgabe war, wenn ich mich entschloß, auf die Ruinen seiner zerstörten Seele zu bauen.
Ich ließ ihn einen Augenblick allein, um in den Keller zu gehen und einen Krug Wein zu holen. Als ich zurückkam, stand er vor dem alten Spinett und ließ seine Finger mit sehnsüchtigen Bewegungen stumm über die staubigen Tasten gleiten.
»Wer spielt darauf?« fragte er plötzlich.
»Im Augenblick niemand«, antwortete ich mit einem Seufzer. »Es ist seit vielen Jahren in der Familie, aber keines meiner Kinder war musikalisch. Ich habe schon daran gedacht, es wegzugeben; es braucht eine Menge Platz und sammelt nur Staub an.«
Wieder berührte er bedauernd das Holz.
»Wie können Sie daran auch nur denken?« sagte er unglücklich. »Ein so schönes Instrument. Ich wünschte . . . «
»Ja?«
Er schwieg.
»Kannst du spielen?« beharrte ich.
Er nickte, noch immer auf die Tasten starrend.
»Man könnte es stimmen lassen«, sagte ich ruhig, »wenn du willst.«
Erstaunt blickte er zu mir auf. »Wollen Sie damit sagen, daß ich hierbleiben kann? Warum?«
Ich zuckte leicht die Achseln.
»Vielleicht brauche ich einen Lehrling«, sagte ich.
Schweigen. Ich sah, wie er sich abwandte und einen Augenblick lang mit beiden Händen seine Maske bedeckte.
»Ich habe Sie belogen, als ich sagte, daß ich nicht in einer Lehre bin«, sagte er leise. »Ich habe bereits einem anderen Meister meinen Eid geleistet.«
Ich brauchte nicht zu fragen, wer dieser Meister sei.
Ich ging zum leeren Kamin und setzte mich davor, um in Ruhe meine Pfeife zu stopfen.
»Meinst du nicht, daß du vielleicht noch ein bißchen zu jung bist, um deiner Berufung im Leben schon so sicher zu sein?« sagte ich nach einer Weile, ohne ihn dabei anzusehen.
Wieder gab er keine Antwort, und ich legte die Pfeife auf die Fliesen, ohne sie anzuzünden.
»Lehrverträge können während einer Lehrzeit jederzeit gelöst werden, Erik, ganz gleich, wie finster das Gewerbe ist. Selbst der strengste Meister kann dich nicht gegen deinen Willen in einem Handwerk festhalten.«
Er schwieg noch immer und starrte auf das alte Spinett. An der Anspannung seiner Schultern erkannte ich, welch wilder Kampf in seinem Inneren tobte. Ich sah, wie sehr es ihm widerstrebte, den einzigen anderen Meister aufzugeben, der ihn bislang am Leben erhalten hatte. Der Teufel ist fähig, einen Lehrling zu Loyalität und Respekt zu zwingen; sein Charisma kann überwältigend sein. Vielleicht verschwendete ich schließlich doch meinen Atem .

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