Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kay Susan

Titel: Kay Susan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Das Phantom
Vom Netzwerk:
brauchen.«
Schweigend wandte er sich ab, nahm seine Werkzeuge auf und wandte sich dem großen Travertinblock zu.
Ein paar Wochen lang trippelte Luciana begeistert mit einer kleinen Gießkanne in der Hand durch den gepflasterten Dachgarten; doch dann, nachdem sie wie erwartet das Interesse an ihrem Vorwand verloren hatte, begann sie, sich neben Erik zu setzen, wenn er arbeitete, und gelegentlich spitze Kommentare zu seinen Fortschritten abzugeben.
»Sie sind sehr langsam, finde ich«, sagte sie eines Abends. »Ich dachte, Sie wären mit dieser Kleinigkeit inzwischen fertig.«
»Luciana!« sagte ich scharf, blickte von meiner Bibel auf und warf ihr einen ärgerlichen, warnenden Blick zu. »Geh und kümmere dich um deine Blumen.«
Mit einer ungeduldigen Kopfbewegung stand sie auf und ging, um ihre kleine Messingkanne zu holen.
»Was ist nur mit diesen dummen Pflanzen los?« sagte sie, nachdem sie die Tröge einen Augenblick lang unwillig betrachtet hatte. »Warum werden alle Blätter gelb und fallen ab?«
Ich seufzte und schwieg, doch als ich zu meinem Buch zurückkehrte, war ich überrascht, Erik den Meißel hinlegen und hinübergehen zu sehen, um mit Bedauern die welkenden Blüten zu berühren. Es war das erste Mal, daß ich ihn aus freiem Willen in ihre Nähe treten sah.
»Sie sterben, weil sie sich vernachlässigt fühlen«, sagte er kurz zu ihr. »Sehen Sie das nicht?«
»Sie sind nicht vernachlässigt«, rief sie heftig. »Ich gieße sie jeden Tag. Jeden Tag, ohne Ausnahme!«
»Sie haben Sie mindestens seit einer Woche nicht mehr gegossen«, widersprach er. »Schauen Sie sich die Erde an, sie ist steinhart!«
»Ach, Sie!« Ohne Vorwarnung warf Luciana die kleine Messingkanne nach ihm. »Sie halten sich für so klug, nicht wahr? Das allwissende Orakel! Wie können Sie es wagen, mir zu sagen, ich sei sogar zu dumm, um Blumen zu ziehen! Wie können Sie es wagen!«
Sie brach in Tränen aus, rannte nach unten, und plötzlich war es still auf der Dachterrasse. Erik bückte sich, um die Kanne aufzuheben, und stellte sie auf den Rand der Balustrade, als ich näher kam.
»Diese Brüstung ist überaus brüchig«, sagte er verlegen. »Die Steine sollten wirklich erneuert werden, Signor.«
Ich stimmte ihm zu und gestattete ihm so, einem Thema auszuweichen, über das er offensichtlich nicht sprechen wollte.
»Das kannst du im Herbst in Angriff nehmen, wenn wir nicht so viel zu tun haben«, sagte ich ruhig. »Im September werde ich im Steinbruch die Steine für dich bestellen. Aber du solltest zuerst diese Bank beenden. Sie gefällt mir. Und laß dich nicht zur Eile antreiben, Junge. Selbst die schwierigsten Kunden müssen Geduld lernen.«
»Ja, Signor.« Er wandte den Blick ab und schaute über die Altstadt, wo in der Dämmerung das Licht Tausender Öllampen aufzuflackern begann.
Ich ließ ihn allein und ging zum Rand der Treppe. Als ich mich umdrehte, sah ich, daß er die Messingkanne aus dem Wasserfaß gefüllt hatte und zwischen den Blumentrögen auf und ab ging.
    Sehr spät an diesem Abend, als der Klang des alten Spinetts mich aus meinem Zimmer lockte, fand ich Luciana mit an das Kinn gezogenen Knien auf der steinernen Treppe sitzend. Sie war barfuß und fröstelte in ihrem Nachthemd, aber sie lauschte so hingegeben, daß sie mich erst bemerkte, als ich ihr eine Hand auf die Schulter legte und sie schuldbewußt zusammenzuckte.
    »Hallo, Papa«, sagte sie in traurigem Ton. »Bist du auch gekommen, um zuzuhören?«
»Du solltest nicht so in der Kälte sitzen«, sagte ich zu ihr. »Du solltest schlafengehen.«
»Er spielt so schön.« Sie seufzte sehnsüchtig. »Noch nie habe ich jemanden so spielen hören. Manchmal sitze ich stundenlang hier und höre zu. Ach, Papa, ich wünschte, ich hätte mir mit dem Lernen mehr Mühe gegeben. Er gibt mir das Gefühl, so klein und unwissend zu sein.«
Ich schwieg, setzte mich neben sie und spürte, wie die Kälte der Steine langsam in meine alten Gelenke kroch.
»Luciana . . . «, sagte ich endlich. »Morgen früh werde ich der Mutter Oberin schreiben und ihr sagen, daß du im August wieder zur Klosterschule zurückkehrst.«
Sie wandte sich um und vergrub ihren dunklen Kopf an meiner Schulter.
»Bitte, Papa, schick mich nicht wieder dorthin. Ich bin schon alt genug, um dir den Haushalt zu führen.«
»Mein liebes kleines Mädchen, du hast keine Ahnung, wie man einen Haushalt führt.«
»Ich könnte es lernen!« beharrte sie fieberhaft. »Ich will es wirklich lernen, Papa. Bitte,

Weitere Kostenlose Bücher